- Wer keinen fälligen Vergütungsanspruch hat, darf die Leistungen nicht verweigern. Stellen Handwerker die Leistung dennoch ein, können Kunden den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen und Handwerker sind schadensersatzpflichtig.
- Das kann zum Beispiel relevant sein, wenn Kunden eine Abschlagsrechnung wegen Baumängeln nicht zahlen. Zur Leistung sind Handwerker verpflichtet, wenn tatsächlich ein Mangel vorliegt.
- Die Arbeiten dürfen sie auch nicht einstellen, wenn der Kunde das Nachtragsangebot zwar grundsätzlich akzeptiert, aber mit der geforderten der Nachtragsvergütung nicht einverstanden ist.
- Rechtlich kniffelig wird es, wenn die Kunden das Nachtragsangebot überhaupt nicht akzeptieren. In solchen Fällen können Handwerker zur Leistung verpflichtet ein.
Streit um Geld ist ein Klassiker auf dem Bau, den wohl jeder Handwerker schon erlebt hat: Mal begleichen die Kunden die Rechnung nicht, mal akzeptieren sie den Nachtrag nicht. In einer solchen Situation ist der erste Impuls von Handwerkern oft, die Arbeiten auf der Baustelle komplett einzustellen. Doch dabei ist höchste Vorsicht geboten. „Die Leistungsverweigerung ist nur in absoluten Ausnahmefällen möglich“, warnt Florian Herbst, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Hamburg. Wer die Leistung ohne triftigen Grund verweigere, geht dem Juristen zufolge erhebliche finanzielle Risiken ein. Hier sind 3 typische Beispiele aus der Praxis.
Beispiel 1: Handwerker haben keinen fälligen Vergütungsanspruch
Bei inem größeren Bauprojekt begleicht ein Kunde die Abschlagsrechnung nicht. Die weiteren Leistungen können Handwerker laut Herbst nur dann verweigern, wenn sie einen fälligen Vergütungsanspruch haben. „Auch wenn das einfach klingt, steckt hier der Teufel im Detail“, sagt der Jurist.
Seiner Erfahrung nach begründen Kunden die Zahlungsverweigerung häufig mit Baumängeln. Handwerker hingegen schätzen die Sache meist anders ein und ein Streit um Baumängel beginnt. Dem Juristen zufolge kann die Leistungsverweigerung in einer solchen Situation zwar ein gutes Druckmittel sein, um den Bauherren zum Einlenken zu bewegen. Allerdings rät er Handwerkern davon nur Gebrauch zu machen, wenn sie sich 100-prozentig sicher sind, dass sie im Recht sind.
Denn liegen tatsächlich Baumängel vor, hätten Kunden das Recht, die Mängelbeseitigungskosten in doppelter Höhe einzubehalten. Stellen Handwerker die Arbeiten auf der Baustelle dann ein, verhalten sie sich laut Herbst vertragswidrig. „Kunden können den Vertrag dann aus wichtigen Grund kündigen und Handwerker machen sich schadensersatzpflichtig“, erläutert Herbst. Dem Juristen zufolge bedeutet das:
- Die Kunden dürfen einen anderen Betrieb mit den ausstehenden Leistungen beauftragen und der Handwerker muss für die Mehrkosten aufkommen.
- Zudem muss der Handwerker für alle Schäden zahlen, die dem Kunden durch die längere Bauzeit entstehen. Das können beispielsweise die Kosten für eine Mietwohnung sein, weil das Eigenheim noch nicht fertig ist.
[Tipp: Sie wollen beim Thema Baurecht nichts verpassen? Nutzen Sie den kostenlosen Newsletter von handwerk.com. Jetzt hier anmelden!]
Beispiel 2: Kunden akzeptieren Nachtrag nur „dem Grunde nach“
Wenn Handwerker auf der Baustelle Leistungen erbringen sollen, die der Vertrag nicht vorsieht, verhandeln sie mit den Kunden über einen Nachtrag. Oft kommt es dabei zum Streit über die zusätzliche Vergütung und das kann den Baufortschritt erheblich behindern. In dieser Situation greifen Bauherren laut Herbst oft zu einem Trick: Sie akzeptieren den Nachtrag zwar „dem Grunde nach“, aber nicht „der Höhe nach“. Das bedeutet: Sie sind mit der zusätzlichen Leistung einverstanden aber nicht mit der geforderten Vergütung.
Dem Baurechtler zufolge steht Handwerkern in dieser Situation kein Leistungsverweigerungsrecht zu. „Betriebe sind dann zur Leistung verpflichtet“, betont Herbst. Kommen sie ihren Verpflichtungen auf der Baustelle nicht nach, könnten Bauherren den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen. Handwerker seien dann genauso schadensersatzpflichtig wie in Beispiel 1.
Zu Gute kommt ihnen in dieser Situation allerdings das neue Bauvertragsrecht, so Herbst. Denn seit 2018 regelt der § 650c BGB die Höhe der Vergütung, wenn die Vertragsparteien selbst keine Einigung über die Nachtragsvergütung erzielen können. So dürfen Handwerker dem Kunden bei der nächsten Abschlagsrechnung 80 Prozent der streitigen Nachtragsforderung ansetzen, die sie in ihrem Nachtragsangebot genannt haben. „Hierdurch soll die Liquidität des Handwerkers gesichert werden“, sagt der Jurist.
Beispiel 3: Überhaupt keine Einigung beim Nachtrag
Manchmal akzeptieren Kunden das Nachtragsangebot weder dem Grunde noch der Höhe nach. Ob Handwerker in dieser Situation die Arbeiten einstellen dürfen, hängt laut Rechtsanwalt Herbst vom Einzelfall ab. Entscheidend sei, ob es wirklich eine Mehrleistung ist, die der Kunde haben will, und der Handwerker hierfür eine zusätzliche Vergütung verlangen kann. „Diese Frage lässt sich nicht allein juristisch beantworten“, betont der Baurechtler. Es komme in den meisten Fällen auch auf technische Aspekte an.
„Ob Handwerker die Leistung einstellen können, sollten sie deshalb unbedingt zusammen mit einem Rechtsanwalt klären“, sagt Herbst. Nicht möglich sei die Leistungsverweigerung, wenn die vom Kunden geforderten Arbeiten keine Mehrleistung sind. Wer erforderliche Leistungen trotzdem verweigere, riskiere die Kündigung aus wichtigem Grund. „Auch in diesem Fall können Kunden Schadensersatz verlangen und das wird in der Regel nicht billig für Handwerker“, sagt Herbst.
Tipp: Sie wollen keine wichtigen Infos zum Thema Baurecht verpassen? Dann abonnieren Sie hier den handwerk.com-Newsletter. Jetzt hier anmelden!
Auch interessant: