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Ein Mann im Anzug dreht den Geldhahn zu.

Inhaltsverzeichnis

Strategie

Betriebsaufgabe: So holen Sie finanziell das Beste raus

Bei einer Betriebsschließung können auf Unternehmer so einige Kosten zukommen. Diese 10 Fragen sollten Sie sich stellen, damit die nicht aus dem Ruder laufen.

Auf einen Blick:

  • Kein Nachfolger in Sicht? Da bleibt irgendwann nur noch die Schließung des eigenen Betriebs.
  • Das Problem daran: In so einem Fall winkt Unternehmern kein Kaufpreis. Stattdessen können auf Betriebsinhaber diverse Kosten durch laufende Verträge zukommen – zum Beispiel, weil sie Mitarbeiter beschäftigen oder Gewerberäume gemietet haben.
  • Annika Hörnschemeyer ist Nachfolgemoderatorin bei der Handwerkskammer Osnabrück. Sie verrät, worauf Unternehmer achten sollten, damit die Kosten bei einer Betriebsschließung nicht aus dem Ruder laufen.

Nicht jeder Unternehmer kann oder will seinen Betrieb in die nächste Generation führen. Manchmal kann eine Betriebsschließung die beste Entscheidung sein. Doch dabei ist Einiges zu beachten, weiß Annika Hörnschemeyer. Sie ist Nachfolgemoderatorin der Handwerkskammern für Ostfriesland, Oldenburg und Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim. Laut Hörnschemeyer sollte die Betriebsschließung nicht spontan und unkontrolliert vollzogen werden, da das erhebliche Folgen haben könnte. Die Nachfolgemoderatorin verrät, wie Betriebsinhaber die Abwicklung ihres Unternehmens angehen und womit sie sich unbedingt beschäftigen sollten.

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#1: Wie viel Zeit ist für die Planung nötig?

Die Entscheidung, den eigenen Betrieb zu schließen, ist für Unternehmer eine hoch emotionale Angelegenheit. Klar, dass das nicht immer einfach ist. Dennoch sollte man diese Entscheidung nach Einschätzung von Annika Hörnschemeyer aber nicht unnötig auf die lange Bank schieben. Ihr Tipp: „Unternehmer sollten frühzeitig mit der Planung beginnen.“

Doch wie viel Zeit ist nötig, um den eigenen Betrieb zu schließen und alles abzuwickeln? „Eine pauschale Aussage ist schwierig“, meint Hörnschemeyer. Denn wie viel Zeit benötigt werde, hänge von vielen Faktoren ab – etwa von den Kündigungsfristen der Mitarbeiter und Vertragslaufzeiten. „Für die Betriebsschließung sollten Sie sich mindestens ein Jahr Zeit nehmen“, rät die Nachfolgemoderatorin.

#2: Wer sollte sich mit dem Thema Betriebsschließung beschäftigen?

Mit dem Thema Betriebsschließung sollten sich laut Annika Hörnschemeyer nicht nur Unternehmer beschäftigen, die ihren Betrieb dichtmachen wollen. „Auch Inhaber, die einen Nachfolger suchen, sollten sich damit auseinandersetzen.“ Zum Beispiel könne es vorkommen, dass Betriebsinhaber trotz ihrer Bemühungen keinen geeigneten Kandidaten finden. Dann könne eine gut geplante Betriebsschließung eine Alternative sein.

Der wesentliche Unterschied: Bei einer Betriebsschließung erhalten Unternehmer keinen Kaufpreis – dafür können aber so einige Kosten anfallen. „Wer sich also schon mal mit dem Thema Schließung befasst hat, erlebt dann nicht so schnell böse Überraschungen finanzieller Art.“

#3: Mit der Planung anfangen, aber wie?

Die Würfel sind gefallen: Sie haben sich dafür entschieden, ihren Betrieb dichtzumachen. Doch was heißt das eigentlich konkret? Nachfolgemoderatorin Annika Hörnschemeyer empfiehlt Unternehmern, sich zunächst zu überlegen, wie das Ende aussehen soll. „Es kann zum Beispiel konsequent auf einen bestimmten Zeitpunkt abgestellt sein oder schrittweise“, so die Nachfolgemoderatorin.

Haben Sie das für sich entschieden, brauchen Sie einen Zeitplan, der dazu passt und der vor allem auch alle finanziellen Folgen der Betriebsschließung berücksichtigt. Damit das gelingt, rät Hörnschemeyer: „Verschaffen Sie sich einen Überblick über alle Verträge.“ Das können zum Beispiel Pacht-, Darlehns- oder Leasingverträge sein, aber auch Versicherungspolicen, Verträge mit Mitarbeitern oder Lizenzen. Der Nachfolgemoderatorin zufolge sollten Sie bei den Verträgen jeweils drei Fragen klären:

  1. Wie lange läuft der Vertrag?
  2. Gibt es Sonderkündigungsfristen?
  3. Wird dieser Vertrag noch nach der Schließung des Betriebs benötigt?

Außerdem rät Hörnschemeyer Unternehmern, sich konkrete Gedanken darüber zu machen, was nach der Betriebsschließung kommt – also wie sie zum Beispiel ihren künftigen Lebensunterhalt bestreiten.

#4: Was ist mit den Mitarbeitern?

Sie arbeiten nicht als Solo-Selbstständiger, sondern haben ein Team, mit dem Sie seit Jahren zusammenarbeiten? Dann müssen Sie bei einer Betriebsschließung auch an Ihre Mitarbeiter denken, denn die haben Rechte. Laut HWK-Mitarbeiterin Hörnschemeyer sollten sich Unternehmer vor allem mit folgenden Fragen auseinandersetzen:

  • Wie sehen die Kündigungsfristen aus?
  • Gibt es Mitarbeiter mit besonderem Kündigungsschutz? Zum Beispiel Mitarbeiter mit einer Behinderung, im Mutterschutz oder in Elternzeit?
  • Haben Sie gegenüber Azubis noch eine Ausbildungsverpflichtung?
  • Welche Urlaubsansprüche haben Ihre Mitarbeiter?
  • Zahlen Sie geldwerte Leistungen freiwillig oder tariflich?
  • Welche Vergütungsansprüche haben Mitarbeiter, wenn Sie die Kündigungsfristen nicht einhalten?

Diese Fragen helfen Ihnen dabei, einen ersten Überblick zu bekommen, wann Sie Ihren Mitarbeitern kündigen müssen und was bei einer Kündigung gegebenenfalls finanziell auf Sie zukommt. „Wenn Sie sich unsicher sind, dann holen Sie sich unbedingt Rat bei Ihrer Innung oder in der Rechtsabteilung Ihrer Handwerkskammer“, sagt die Nachfolgemoderatorin.

Noch größere Vorsicht ist laut Hörnschemeyer geboten, wenn Sie Ihren Betrieb nur teilweise dichtmachen: „In solchen Fällen sollten Sie sich in jedem Fall arbeitsrechtlich beraten lassen.“

#5: Welche Verbindlichkeiten bestehen?

Im Laufe der Jahre wird in Handwerksbetrieben so manches fremdfinanziert. Und so kommt es auch mal vor, dass Verträge noch laufen, wenn Unternehmer die Schließung des Betriebs anpeilen. Das ist auch bei Ihnen der Fall? Dann sollten Sie sich nach Einschätzung von Annika Hörnschemeyer mit folgenden Fragen beschäftigen:

  • Wer sind Ihre Kreditgeber?
  • Wie lange sind die Laufzeiten der einzelnen Verträge?
  • Welche Vermögenspositionen sind da, um die Verbindlichkeiten zu bedienen?
  • Welche Tilgungsvereinbarungen haben Sie?
  • Welche Sicherheiten haben Sie hinterlegt?

Vorschnell die Verbindlichkeiten zu tilgen, macht nicht immer Sinn: „Eventuell entstehen zusätzliche Kosten, wenn Darlehen vorzeitig bedient werden“, sagt die Nachfolgemoderatorin. Um das zu vermeiden, könne es sich lohnen, das Gespräch mit der Bank oder den Kreditgebern zu suchen und für die Betriebsschließung etwas auszuhandeln.

#6: Was ist steuerlich zu beachten?

„Es gibt keine allgemeingültige Aussage, was Unternehmer bei einer Betriebsschließung aus steuerlicher Sicht beachten müssen“, sagt Annika Hörnschemeyer. Das sei immer eine sehr individuelle Angelegenheit – was etwa die Umsatzsteuer und die Einkommenssteuer betrifft oder auch den richtigen Zeitpunkt.

Beispiel: „In der Regel ist der Jahreswechsel ein guter Zeitpunkt für eine Betriebsschließung“, sagt die Nachfolgemoderatorin. Doch das müsse nicht in jedem Fall so sein. Ihr Tipp: „Beraten Sie mit Ihrem Steuerberater im Vorfeld, was für Ihren Betrieb am besten ist.“

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#7: Was ist mit Gewährleistungsrechten?

Gerade in den Bau- und Ausbaugewerken haben Kunden lange Gewährleistungsrechte gegenüber Handwerksbetrieben. „Das muss bei einer Betriebsschließung miteinkalkuliert werden“, sagt Annika Hörnschemeyer. „Schließlich enden die Gewährleistungsrechte der Kunden je nach Rechtsform nicht mit der Betriebsschließung.“ Sie empfiehlt Unternehmern deshalb, die möglichen finanziellen Folgen zu bedenken und gegebenenfalls Geld zurückzulegen.

#8: Gibt es Altlasten, die noch behoben werden müssen?

Kommen auf dem Betriebsgelände umweltgefährdende Stoffe zum Einsatz, kann es sein, dass sich im Laufe der Jahre Altlasten angesammelt haben. Darunter können zum Beispiel Schmierstoffe oder Reinigungsöle fallen, meint HWK-Mitarbeiterin Annika Hörnschemeyer. Altlasten seien deshalb etwa für Kfz-Betriebe ein Thema, aber auch für Maler und Lackierer oder Maschinenbauer.

Betrieben, die mit umweltgefährdenden Stoffen arbeiten, rät die Nachfolgemoderatorin: „Klären Sie, ob Ihnen dadurch bei einer Betriebsschließung noch finanzielle Folgen entstehen.“ Über Entsorgungsmöglichkeiten könnten sich Unternehmer bei ihrer Gemeinde informieren.

#9: Was ist bei Fördermitteln zu beachten?

Ob Öffentliche Darlehen oder Zuschüsse für Diesel-Nachrüstung, Digitalisierung, Weiterbildung oder Unternehmensgründung – Betriebe können so manche Förderung beantragen. Meist ist der Erhalt solcher Mittel an bestimmte Regeln oder Bindungsfristen geknüpft. „Da muss man aufpassen“, warnt Hörnschemeyer. Ihr Tipp: „Unternehmer sollten sich bei den Zuwendungsgebern informieren, was bei einer Schließung zu beachten ist.“ Denn aus Erfahrung weiß die Nachfolgemoderatorin, dass Fördermittel in solchen Fällen oft ganz oder zumindest teilweise zurückgezahlt werden müssen.

#10: Wer kann weiterhelfen?

Ob Arbeitsrecht, Steuern, Gewährleistungsrechte oder Fördermittel – bei einer Betriebsschließung müssen Unternehmer an viele Aspekte denken. Da kann schnell mal etwas in Vergessenheit geraten. Damit Ihnen nichts Wichtiges durchrutscht, hat Nachfolgemoderatorin Hörnschemeyer einen Tipp: „Holen Sie sich Unterstützung bei Ihrer Handwerkskammer.“ Bei den meisten Kammern gebe es zum Beispiel Checklisten, die dabei helfen, alle wichtigen Aspekte und auch Meldefristen im Blick zu behalten.

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