Auf einen Blick:
- Das Einkommen von Selbstständigen schwankt. Die Krankenversicherungsbeiträge von gesetzlich versicherten Selbstständigen werden deshalb erst vorläufig festgesetzt und später dann endgültig, wenn das tatsächliche Einkommen bekannt ist.
- Drei Selbstständige haben gegen ihre Krankenkassen geklagt. Der Grund: Wegen gestiegener Einkünfte und gestiegener Krankenkassenbeiträge wollten sie auch eine Erhöhung ihres Krankengeldes erreichen.
- Das Sozialgericht Frankfurt hat nur in einem Fall zugunsten der Selbstständigen entschieden. Die Richter stellten klar, in welchem Ausnahmefall eine nachträgliche Korrektur beim Krankengeld möglich ist.
Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse haben bei längerer Krankheit Anspruch auf Krankentagegeld. Das gilt auch für freiwillig gesetzlich versicherte Selbstständige, sofern sie eine Krankenversicherung mit Anspruch auf Krankengeld abgeschlossen haben.
Wie hoch das Krankengeld ausfällt, richtet sich in der Regel nach dem Einkommen, dass die Selbstständigen vor der Arbeitsunfähigkeit erzielt haben – allerdings schwanken deren Einnahmen. Doch kann die Krankgeldhöhe deshalb nachträglich korrigiert werden? Diese Frage musste das Sozialgericht Frankfurt am Main im Fall von drei Selbstständigen beantworten, die ihre Krankenkassen verklagt hatten.
Krankengeld: Warum die Krankenkassen die Korrektur verweigerten
Die drei Krankenkassen hatten für die Selbstständigen jeweils das Krankengeld berechnet. Dabei waren sie laut Sozialgericht wie folgt vorgegangen:
- Fall 1: Grundlage für die Berechnung waren die zwei Jahre alten Einkommenssteuerbescheide. Nach Bewilligung des Krankengeldes reichte die Selbstständige allerdings noch zwei Einkommenssteuerbescheide bei der Krankenkasse ein. Sie wiesen deutlich höhere Einkünfte aus. (Az. S 14 KR 160/21)
- Fall 2: Hier lagen der Krankenkasse zwar schon aktuelle Einkommenssteuerbescheide vor. Trotzdem berechnete sie das Krankengeld auf Grundlage der alten Steuerbescheide. (Az. S 34 KR 1684/22)
- Fall 3: Die Krankenkasse legte bei der Krankengeldberechnung die niedrigen Einkommensangaben zugrunde, die die Versicherte beim Start in die Selbstständigkeit eingereicht hatte. Aufgrund dieser Angaben hatte die Versicherung bereits ein halbes Jahr zuvor entschieden, dass die Versicherte nur den Mindestbeitrag zahlen muss. (Az. S 34 KR 727/21)
In allen drei Fällen hätten die Krankenkassen zwar die Beiträge korrigiert. Doch wie das Sozialgericht weiter mitteilt, hätten die Kassen die Zahlung eines höheren Krankengeldes abgelehnt. Begründung: Die gesetzliche Regelung zur Berechnung des Krankengeldes sehe keine nachträgliche Korrektur der Krankengeldhöhe vor. Grundlage der Krankengeldberechnung seien daher die Einkommensangaben, die die Versicherten zur Beitragsfestsetzung getätigt hätten.
Die Selbstständigen akzeptierten diese Begründung nicht und klagten gegen ihre Krankenkassen. Sie hätten nachträglich höhere Beiträge gezahlt, daher müssten sie nun auch höhere Leistungen erhalten.
Drei Fälle, zwei verschiedene Entscheidungen
Bei der Prüfung der drei Fälle kam das Sozialgericht zu unterschiedlichen Ergebnissen: In zwei Fällen entschieden die Richter zugunsten der Krankenkassen, in einem Fall konnte sich die Selbstständige durchsetzen.
Fall 1: Kein höheres Krankengeld
Das Gericht stellte in Fall 1 klar, dass das Arbeitseinkommen aus dem letzten, zwei Jahre alten Einkommensteuerbescheid sowohl zur Beitragsfestsetzung als auch zur Krankengeldberechnung heranzuziehen sei.
Zur Begründung verwies das Gericht auf die seit 2018 geltende Rechtslage: Für die Beitragseinstufung bei Selbständigen sei gesetzlich seither eine vorläufige und eine endgültige Festsetzung vorgesehen. Das Krankengeld hingegen werde weiterhin nur endgültig festgesetzt. Grund dafür sei, dass „es zeitnah und verwaltungspraktikabel den Entgeltverlust durch Arbeitsunfähigkeit ausgleichen soll“.
Laut Sozialgericht kann sich das Krankengeld im Ausnahmefall aber erhöhen. Möglich sei das, wenn es „konkrete Anhaltspunkte“ gebe, „dass der ermittelte Betrag erkennbar nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Versicherten entspreche“. Eine solche Ausnahme komme vor allem in Betracht, wenn ein fiktives Mindesteinkommen die Grundlage der Beitragsbemessung bilde. Werde ein Mindestbeitrag festgesetzt und bestünde eine auffällige Abweichung zum tatsächlichen Einkommen, müsse das vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erzielte Arbeitseinkommen laut Gericht konkret ermittelt werden. Schließlich gebe es kein fiktives Mindestkrankengeld.
Fall 3: Ebenfalls ein Sieg für die Krankenkasse
Diese Auslegung bestätigte das Sozialgericht in Fall 3: Die Klage der Selbstständigen blieb hier ebenfalls erfolglos. Schließlich hätten zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Krankengeldantrag Belege – und damit Anhaltspunkte – für ein tatsächlich höheres Einkommen gefehlt.
Fall 2: Selbstständige vor Gericht erfolgreich
Das Urteil in Fall 2 hingegen fiel zugunsten der Selbständigen aus. Laut Sozialgericht hätten der Krankenkasse schon vor der Entscheidung über das Krankengeld aktuellere Einkommenssteuerbescheide vorgelegen, dDadurch habe die Selbstständige höhere Einkünfte nachgewiesen. Das hätte die Krankenkasse berücksichtigen müssen.
(Bescheid vom 3. Juli 2023, Az.: S 14 KR 160/21; Urteil vom 21. Juli 2023, Az: S 34 KR 1684/22 sowie Az.: S 34 KR 727/21).
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