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Gewagtes Stellenangebot

1.000 Euro für den Wechsel!

Ein Dachdecker sucht ein Mittel gegen den Fachkräftemangel – und wirbt ganz bewusst Personal von der Konkurrenz an. Sein Kniff mit der Wechselprämie stößt nicht nur auf Gegenliebe.

Strategien gegen den Fachkräftemangel
Fachkräfte Angeln Ködern 02

In Sachen Kundenpräsenz und Sichtbarkeit ist die Hannoversche Zimmerei GmbH amp; Dachdeckerei vorbildlich aufgestellt: ein einprägsames Logo, eine moderne Homepage, ein gepflegter Facebook-Auftritt. Das generiert Aufträge. So viele, dass das Unternehmen kaum noch weiß, wie es die Anfragen alle bearbeiten soll.

„Die Auftragsbücher sind voll, aber das Personal fehlt“, klagt Geschäftsführer Matthias Freise. 40 Angestellte hat das Unternehmen, 15 davon sind Dachdecker – und an denen mangelt es dem Betrieb. Fünf weitere könnte er gebrauchen.

In der Not hat sich der Innungsbetrieb zu einem Stellenangebot entschlossen, das ihm nun viel Aufmerksamkeit einbringt. Eine Anzeige in der Bild-Zeitung soll Dachdeckergesellen anwerben. Darin verspricht der Betrieb: eine Arbeit in einem zünftigen Team, tarifliche Entlohnung, bei entsprechender Qualifikation auch mehr – sowie „1000 € Wechselprämie und das SOFORT!!!“.

Dass so eine Stellenanzeige unter den Mitbewerbern nicht auf ungeteilte Gegenliebe stößt, ist Matthias Freise bewusst. „Wir haben wohl für Gesprächsstoff gesorgt“, sagt der Dachdecker und Zimmerermeister. Einige Chefs – hörte er von Dritten – seien ziemlich erbost.

Freise gibt zu bedenken: „Was wir hier machen, ist kein aggressives Abwerben. Wegen 1000 Euro verlässt kein Mitarbeiter seine Firma, wenn er da glücklich ist.“

Seite 2: Finanzspritze soll Mut machen – so erklärt der Dachdecker seine Idee.

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Geldprämie als Mutmacher

Stattdessen soll sein Angebot den Gesellen einen Anreiz schaffen, die ohnehin auf der Suche nach einem neuen Betrieb sind. Die Prämie soll ihnen die Angst vor möglichen Ärgereien mit ihrem aktuellen Arbeitgeber nehmen. „Manche Firmen halten ihre Angestellten an der kurzen Leine“, sagt Freise. „Die Gesellen müssen fürchten, ihren letzten Lohn nicht zu bekommen, wenn sie den Arbeitgeber wechseln.“

Die 1000-€-Wechselprämie reduziere nur die finanzielle Not des Gesellen, sollte sich der alte Arbeitgeber tatsächlich weigern, den letzten Lohn zu zahlen. So will Freise den Gesellen Mut machen, sich um einen Wechsel zu bemühen.

Funktioniert es? „Eine Handvoll Bewerbungen haben wir schon reinbekommen“, sagt Freise. Keine schlechte Resonanz für eine einmalige Anzeige in der Bild-Zeitung. Zumal die anderen Bemühungen bislang nicht fruchteten. Im Jahr zuvor habe er dort eine ähnliche Anzeige geschaltet – ohne Wechselprämie. „Da kam keine Rückmeldung“, erklärt der Geschäftsführer. Auch bei der Arbeitsagentur ist der Betrieb mit Stellenangeboten gelistet – ohne Erfolg.

Besser läuft es mit den Auszubildenden. „Wir haben immer fünf bis sechs Leute in der Ausbildung und übernehmen die dann auch.“ Trotzdem reiche das nicht aus, um allen Aufträgen auf Dauer gerecht zu werden.

(deg)

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