Handwerk Archiv
Foto: handwerk.com

Massenabmahnung

Abmahnwelle aus Oldenburg

Ein Verein namens "Ehrlich währt am längsten" mahnt zurzeit massenweise Betriebe ab, die Ebay als Vertriebskanal nutzen. Experten raten: Nichts zahlen oder unterschreiben.

Von Manfred Fischer

Sie residieren in der Schweiz und operieren von ihrer Zweigstelle in Oldenburg aus. Zweimal, kurz nacheinander haben sich die Abmahner hier ans Werk gemacht. "Die erste Serie von Abmahnungen haben sie am 19. Oktober verschickt, die zweite am 25. Oktober", berichtet Bernd Seifert. Der Rechtsreferent der Industrie- und Handelskammer in Oldenburg schätzt, dass bundesweit 2000 bis 3000 gewerbliche Ebay-Händler betroffen sind, darunter auch Handwerker. Ihnen allen wird vorgeworfen, gegen das Wettbewerbsrecht zu verstoßen. Angeblich sind auf ihren Internetseiten die Widerrufserklärung oder die Angaben zu den Geschäftsbedingungen nicht korrekt.

Die Forderung der Abmahner: 146,16 Euro plus eine strafbewährte Unterlassungserklärung. Und beides wollen sie schnell, Stichtage sind der 31. Oktober und 7. November.

Was tun? "Erst mal gar nichts weder zahlen noch unterschreiben", sagt Seifert. Er rät auch davon ab, selber die Abmahnung beim Verein anzufechten. Das lohnt sich nicht, wer den Vorwurf zurückweist, bekommt nur eine Standardantwort. Und der Jurist betont: "Was da läuft, ist möglicherweise Betrug, die Staatsanwaltschaft ermittelt schon."

Für Gegendruck sorgt bereits auch der Münchner Rechtsanwalt Max-Lion Keller. Während die Abmahner auf ihrer Homepage behaupten, ihre Tätigkeit sei nicht auf "Gewinnerzielung" ausgerichtet, sondern trage zu einem "fairen wirtschaftlichen Wettbewerb" bei, kommt Keller zu einem anderen Schluss. Der Verein ist nur gegründet worden, um "aus reinem Gebühreninteresse gegen mögliche Wettbewerbsverstöße vorzugehen", leitet er aus den ihm vorliegenden Informationen ab.

Keller, bei dem sich "mehr als 300 Betroffene" gemeldet haben, bezweifelt auch, dass der Verein überhaupt abmahnen darf. Er hat "Ehrlich währt am längsten" aufgefordert, die Abmahnungen für "gegenstandslos" zu erklären und überwiesenes Geld zurückzuzahlen. Reaktion? "Die halten sich weiter für abmahnberechtigt." Was jetzt? "Jetzt werden für einen unserer Mandanten einen Musterprozess führen", sagt Keller. Die Chancen, dass die Richter den Abmahnern das Handwerk legen, stünden "sehr gut".

Möglicherweise machen die selbst ernannten Wettbewerbshüter doch noch einen Rückzieher. Denn: "Wenn sie nur in einem einzigen Fall vor Gericht verlieren, wird es für sie sehr teuer", betont IHK-Jurist Seifert.

Doch bis zu einem Gerichtstermin könnten noch Wochen vergehen. Der Internetexperte Axel Gronen befürchtet, "dass der Abmahnverein diese Zeit nutzt, um weitere Betriebe unter Druck zu setzen". Unter der Adresse www.wortfilter.de hat Gronen die Abmahnwelle von Anfang an dokumentiert. Dabei hat er auch eine Reihe pikanter Details über "Ehrlich währt am längsten" herausgefunden.

Damit der Umfang der Abmahnwelle ermittelt werden kann, appelliert Gronen an Betroffene, die Abmahnung an die Kammer im Bezirk oder an ihn zu faxen.

Links:

www.verein-ehrlich-waehrt-am-laengsten.de

www.wortfilter.de

Abmahnungserwiderung von Max-Lion Keller

www.heise.de

Das könnte Ihnen auch gefallen: