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Wieviel Handwerkerpotenzial steckt im 3D-Druck?

3D-Druck konkret: Im Handwerk wird er schon angewendet. Doch wie funktioniert die Technologie überhaupt und wo steckt noch Entwicklungspotenzial? Wir haben einen Experten gefragt. Hier sind die Antworten.

Auf einen Blick:

  • Für den 3D-Druck braucht man außer einem speziellen Drucker vor allem eine druckfähige Datei – zum Beispiel im stl-Format.
  • Es lassen sich nahezu alle Materialien drucken.
  • Im Handwerk gibt es viele Anwendungsmöglichkeiten für 3D. Sie reichen vom Aufmaß mit einem Scanner über die Herstellung von dringend benötigten Ersatzteilen bis hin zu Verzierungen für Gartentore.
  • Die Anschaffung von 3D-Druckern ist teuer. Doch auch wenn sich deren Anschaffung für Betriebe nicht rentiert, müssen sie nicht auf diese Technologie verzichten.

Stefan Nitz ist Experte für 3D-Druck. 2012 hat er das Thema für sich entdeckt. Seither hat es ihn nicht mehr losgelassen. Seit 2014 betreibt Nitz das 3D-Studio Makerlounge in Goslar.

Dort hat er schon Handwerker in 3D gedruckt. Aber nicht nur das: Nitz wendet die Technologie auf verschiedenste Weisen an. Wir haben den Experten deshalb gefragt, wie 3D-Druck funktioniert, welche Anwendungsmöglichkeiten er im Handwerk sieht und ob jeder Betrieb bald in einen 3D-Drucker investieren sollte.

Das braucht man für den 3D-Druck

Herr Nitz, was benötigt man, um in 3D drucken zu können?

Nitz: Für den 3D-Druck braucht man einen Rechner, einen entsprechenden Drucker mit der passenden Software und eine Datei. Letztere muss allerdings ein besonderes Format haben, zum Beispiel stl. Das ist im 3D-Druck am gängigsten.

Kann jeder, der einen normalen Drucker bedienen kann, auch mit einem 3D-Drucker umgehen?

Nitz: Früher musste man etwas rumbasteln, bevor man überhaupt etwas drucken konnte. Das ist mittlerweile zum Glück anders. Denn heute sind die meisten Modelle sehr kundenfreundlich. Teilweise sind die Drucker schon mit einem Speichermedium ausgestattet, auf der sich Daten für Standardobjekte befinden. Wer will, kann die sofort ausdrucken. Doch wem das zu einfach ist, kann sich auf Plattformen wie www.thingiverse.com diverse stl-Dateien legal und kostenfrei runterladen, um sie dann auszudrucken.

Die Vorbereitung und der Druck

Und wie geht das?

Nitz: Mit einer sogenannten Slicer-Software wird die Datei für den Druck vorbereitet. Das muss man sich so vorstellen, dass das Objekt bei der Verarbeitung in mehrere Scheiben geschnitten wird. So entsteht der sogenannte G-Code, der dann als Druckauftrag an den Drucker geschickt wird.

Wie läuft der Druck ab?

Nitz: Grundsätzlich wird das Objekt Schicht für Schicht gedruckt, im FDM-Verfahren immer von unten nach oben.

Mit diesen Materialien kann gedruckt werden

Welche Materialien lassen sich drucken?

Nitz: Da gibt es fast keine Grenzen. Neben Objekten aus verschiedenen Kunststoffen kann man auch Gegenstände aus Bronze, Kupfer, Aluminium, Stahl, Silikon Keramik und Gips drucken. Selbst Holz ist im 3D-Druck möglich. Dabei wird zwar ein Gemisch aus Holzpartikeln und Kunststoff verwendet. Das Resultat sind jedoch Objekte, die genauso bearbeitet werden können wie Holz. Das heißt, sie lassen sich sägen und schleifen wie richtiges Holz.

Ist denn alles, was beim Drucken möglich ist, auch sinnvoll?

Nitz: Es ist ganz sicher nicht alles sinnvoll. Das liegt zum einen daran, dass manche Materialien im Druck extrem teuer sind – wie zum Beispiel Stahl. Das führt dazu, dass herkömmliche Herstellungsverfahren zum Teil deutlich günstiger sind als der 3D-Druck.

Und was ist der andere Grund?

Nitz: 3D-Drucker sind in der Anschaffung ziemlich teuer. Betriebe müssen sich daher genau überlegen, was sie drucken wollen und wie sie das realisieren können. Denn nicht für jeden lohnt sich die Anschaffung eines 3D-Druckers. Manche Geräte rentieren sich nur, wenn sie permanent im Einsatz sind. Das ist oft nur in der Industrie gegeben.

Anwendungsmöglichkeiten im Handwerk

Welche Anwendungsmöglichkeiten gibt es im Handwerk?

Nitz: 3D-Druck lässt sich in den verschiedensten Gewerken einsetzen. Das größte Potenzial sehe ich in der Fertigung von Prototypen, speziellen Werkzeugen oder wichtigen Bauteilen, die nicht mehr hergestellt werden.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Nitz: Gängig ist der 3D-Druck schon im Oldtimer-Bereich. Wenn im Innenraum etwas defekt ist, muss Ersatz her. Und der ist oft schwierig zu besorgen. Mit dem 3D-Druck lassen sich Halterungen für die Tür oder das Armaturenbrett problemlos umsetzen. Denn gerade beim Druck mit Kunststoff gibt es kaum Grenzen.

Auch Konditoren nutzen den 3D-Druck schon für Tortendekos. Ich habe beispielsweise mal ein Gesicht gescannt und später ein Negativ aus Silikon für eine Konditorei erstellt. Dort haben sie es später mit Schokolade ausgegossen und so eine Tortendeko in Form eines Gesichts erstellt.

3D im Bau- Ausbaugewerbe

Wie sieht es mit dem Bau- und Ausbaugewerbe aus?

Nitz: Auch da gibt es natürlich Anwendungsmöglichkeiten. Allerdings scheint das Thema 3D in vielen Köpfen noch nicht angekommen zu sein. Meiner Einschätzung nach fehlt vielen eine Vorstellung davon, was mit 3D alles möglich ist.

Woran liegt das?

Nitz: Durch die Medien geistern ständig Sensationsmeldungen, was mit 3D alles möglich ist. Die Herstellung von Flugzeugteilen durch 3D-Drucker sind zwar schön und gut. Was medial wenig stattfindet, sind die Anwendungsmöglichkeiten im Kleinen. Und das ist sehr schade! Denn auch im Bau- und Ausbaugewerbe gibt es Potenzial, das bisher kaum ausgeschöpft wird.

Zum Beispiel?

Nitz: Mit dem 3D-Scan kann man beispielsweise ein Aufmaß erstellen. So können Maler beispielsweise schnell berechnen, wie viel Farbe sie brauchen, um ein Zimmer neu zu streichen.

Ist die Anwendung von 3D-Druck auch im Metallbau denkbar?

Nitz: Grundsätzlich ja. Stellen Sie sich einen Kunden vor, der eine bestimmte Verzierung für sein neues Gartentor haben möchte. Zum Beispiel, weil er eine schöne Skulptur im Garten hat, die auch auf dem neuen Gartentor zu sehen sein soll. Das Problem lässt sich mit 3D wie folgt lösen: Man könnte die Skulptur einscannen und mit den so erzeugten Daten könnte man später die Skulptur in Miniaturform drucken.

Eigener Drucker oder ein Dienstleister?

Das klingt sehr hypothetisch, wo ist das Problem?

Nitz: 3D-Druck mit Stahl ist besonders teuer. Daher ist es fraglich, ob sich die Investition in einen solchen Drucker für einen Metallbaubetrieb rechnet.

Gibt es auch Alternativen zur Anschaffung eines eigenen Druckers?

Nitz: Ja, denn mittlerweile gibt es weltweit viele Dienstleister, bei denen man einen 3D-Druck in Auftrag geben kann.

Wie finde ich den richtigen Dienstleister für mein Anliegen?

Nitz: Das geht über Internetplattformen relativ einfach. Die gängigste ist www.3dhubs.com, dort tummeln sich diverse Anbieter. Um auf der Plattform nach Angeboten suchen zu können, brauche ich eine druckfähige Datei. Die muss ich einfach hochladen und meinen Materialwunsch angeben. Dann werden mir alle Anbieter vorgeschlagen, die meinen Wunsch realisieren können.

Nicht so schnell, wie komme ich denn zu einer druckfähigen Datei?

Nitz: Auch das ist einfach. Die kann man mit jedem CAD-Programm erstellen. Eine Alternative wäre es, den gewünschten Gegenstand von allen Seiten einzuscannen. Aber das ist deutlich komplizierter.

Die Auswahl des Dienstleisters

Wie kann ich herausfinden, ob ich einen guten Dienstleister auswähle?

Nitz: Das ist bei www.3dhubs.com nicht so einfach. Denn das Portal hat zwar ein Bewertungssystem. Wirklich aussagekräftig ist das aber nicht. Denn viele, die zum ersten Mal einen 3D-Druck in Auftrag geben, sind vom Ergebnis etwas enttäuscht. Das schlägt sich in vielen Bewertungen nieder.

Warum ist das so?

Nitz: Beim 3D-Druck muss man eines wissen, das Ergebnis sieht im Gegensatz zu einer Spritzgussproduktion meist nicht so perfekt aus. Viele Produkte, die auf herkömmliche Weise hergestellt werden, sehen deutlich besser aus. Wenn es um Perfektion geht, dann kommt man am Handwerk nicht vorbei.

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