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Corona

Arbeitgeberpflichten bei Ausfällen wegen Kinderbetreuung

Fallen derzeit Mitarbeiter mangels Kinderbetreuung in Schulen und Kitas aus, steht ihnen eine Entschädigung zu. Die muss der Betrieb auslegen.

Auf einen Blick:

  • Aufgrund behördlicher Anordnung wegen der Corona-Pandemie haben Kitas und Schulen vielerorts die Betreuungskapazitäten reduziert.
  • Betroffene Mitarbeiter, die ihre Kinder zu Hause betreuen müssen, haben in solchen Fällen Anspruch auf Entschädigung für den Verdienstausfall. Das ermöglicht ein Ende März 2020 geänderter Paragraf im Infektionsschutzgesetz.
  • Pflichten für Arbeitgeber: Sie fungieren als Zahlstelle und müssen betroffenen Mitarbeitern die Entschädigung auslegen. Auf Antrag bei der zuständigen Behörde haben sie ein Recht auf Erstattung.

Wer nicht arbeitet, bekommt keine Vergütung. Normalerweise ist diese Aussage so einfach wie wahr. Doch aufgrund der Corona-Pandemie gibt es aktuell Ausnahmen von dieser Wahrheit.

Neuerung im Infektionsschutzgesetz

Eine gilt für Eltern, die ihre Kinder aufgrund geschlossener Schulen und Kindergärten derzeit zu Hause betreuen müssen und daher nicht arbeiten können. Dafür trat Ende März eine Änderung in Paragraf 56 des Infektionsschutzgesetzes in Kraft. Sie sieht eine Entschädigung für die so entstandenen Verdienstausfälle vor.

Der geänderte Paragraf nimmt dabei auch den Arbeitgeber in die Pflicht: Zwar sieht das System vor, dass die zuständige Behörde die Entschädigung zahlt. „Aber der Arbeitgeber fungiert als Zahlstelle“, erklärt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln und Vorsitzende des Arbeitsrechtsausschusses im Deutschen Anwaltverein. „Der Arbeitgeber ist zur Auszahlung des Geldes verpflichtet und kann es sich auf Antrag bei der zuständigen Behörde erstatten lassen“, sagt sie Rechtsanwältin.

Das regelt § 56 Absatz 1a IfSG

Was genau passiert nun, wenn einer Ihrer Mitarbeiter zur Betreuung eines Kindes nicht zur Arbeit erscheinen kann? „Zunächst bekommt der Arbeitnehmer, der seine Kinder betreuen muss, eine Freistellung“, stellt Oberthür klar. Muss er wie aktuell die Betreuung übernehmen, weil aufgrund einer Pandemie-Situation Schulen und Kitas auf behördliche Anordnung geschlossen wurden, erhält der Mitarbeiter einen Entschädigungsanspruch nach dem neuen § 56 Absatz 1a IfSG. Dafür gelten folgende Voraussetzungen:

  • Das zu betreuende Kind ist jünger als zwölf Jahre oder hat eine Behinderung, wegen der es auf Hilfe angewiesen ist.
  • Die Eltern konnten keine alternative Betreuung organisieren.

Die Entschädigung beträgt 67 Prozent des entstandenen Verdienstausfalls, aber maximal 2016 Euro im Monat. Mit Beschluss vom 30. März 2020 wird sie für einen Verdienstausfall von längstens 6 Wochen gewährt. Das Bundesgesundheitsministerium plant allerdings, die Entschädigungszahlung auf einen Zeitraum von 10 Wochen auszuweiten, für Alleinerziehende auf 20 Wochen.

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Aufwand für Arbeitgeber

Der organisatorische Aufwand, den Antrag auf Erstattung bei der zuständigen Behörde zu stellen, liegt beim Arbeitgeber. Immerhin: „So wie das Gesetz gestaltet ist, hat der Arbeitgeber aber einen Rechtsanspruch auf Erstattung der Entschädigungszahlung“, sagt Nathalie Oberthür.

Es bleibt ein theoretisches Restrisiko, die Erstattung nicht zu erhalten, etwa weil die Behörde feststellt, dass der Arbeitnehmer gar nicht antragsberechtigt war. Nathalie Oberthür rät Arbeitgebern daher: „Fordern Sie vom Arbeitnehmer einen Nachweis an, der glaubhaft macht, dass sein Kind die Voraussetzungen unter § 56 Absatz 1a IfSG erfüllt. Lassen Sie sich außerdem vom Arbeitnehmer schriftlich bestätigen, dass er keine alternative Betreuungsmöglichkeit gehabt hat.“

Finanzielle Entlastung durch das IfSG

Neben den Pflichten, die aus der neuen Regelung im Infektionsschutzgesetz für Arbeitgeber entstehen, kann sie auch Entlastung bedeuten. „Benötigt der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Mitarbeiters aktuell ohnehin nicht und erfüllt der Mitarbeiter die Entschädigungsvoraussetzungen, lassen sich Kurzarbeit, Homeoffice oder schwerwiegendere Maßnahmen vermeiden, wenn eine Entschädigung nach dem IfSG beantragt wird“, erklärt Nathalie Oberthür.

Auch steckt ein gewisser Gestaltungsspielraum in der Regelung. Während der seit 30. März 2020 gültige Gesetzestext zu den Gestaltungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer noch wenig Auskunft gab, wird der neue Entwurf zur Änderung des IfSG konkret: Eine Verteilung des Entschädigungszeitraums über mehrere Monate soll danach grundsätzlich möglich sein. Auch eine tageweise Aufteilung ist laut Entwurf ausdrücklich möglich. Das dürfte es beispielsweise einem Arbeitnehmer, der nur für drei Werktage in der Woche keine alternative Betreuungsmöglichkeit hat, ermöglichen, die übrigen Werktage arbeiten zu gehen und nur für die tatsächlichen Ausfalltage eine Entschädigung nach dem IfSG zu beantragen.

Für aktuell 10 Bundesländer gibt es eine zentrale Website zur Antragstellung bei Verdienstausfall wegen Schul- und Kitaschließungen. Sie ist hier erreichbar: https://ifsg-online.de

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Foto: Marcus Schmidt Dr. Nathalie Oberthür

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