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Tesla Roadster im Test

Auf Probefahrt mit dem Elektro-Schocker

Spätestens nach dem Fahrtest steht fest: Elektromobilität ist nicht nur was für Ökoidealisten. Denn: Der Tesla Roadster bietet Fahrspaß pur, raubt dem Fahrer zuweilen den Atem – und schont die Umwelt.

von Torsten Hamacher

Eine rote Ampel in einem Gewerbegebiet im Norden Hannovers. Die Sonne, die hinter den Wolken hervorlugt, lässt mich kurz darüber nachdenken, ob ich das spärliche Verdeck knapp über meinem Kopf verschwinden lassen sollte. Die Ruhe im Motorraum unmittelbar hinter dem Fahrersitz ist ungewohnt. Die Perspektive auch. Verdammt flach so ein Tesla Roadster.

Grünes Licht. Vollgas. Oder besser Vollstrom? Wie auch immer: Das Pedal bis zum Bodenblech. Diese fast minimalistische Anstrengung entfesselt eine Urgewalt hinter mir. Der Elektromotor gibt seine Leistung schlagartig frei. Ich werde in den schmalen Schalensitz gepresst. Geschickt riegelt die Bordelektronik genau so weit ab, dass die Hinterräder nicht durchdrehen. Der Tacho schlägt aus, als wäre er direkt mit den Akkus des Elektroautos verbunden.

Fast 7000 Akkus unter der Haube
3,7 Sekunden auf Tempo 100 fühlen sich intensiver an als der Start eines Düsenflugzeugs. Ich muss grinsen. Im Rücken kribbelt es, meine Nackenmuskeln haben gut zu tun. Die nüchternen Zahlen, die mir Sven Strube, einer der drei Geschäftsführer vom Elektromobilitäts-Dienstleister "Lautlos durch Deutschland" mit Sitz in Berlin eben genannt hat, bekommen jetzt eine äußerst lebhafte Bedeutung.

Das Kraftpaket besteht aus 6831 Laptopakkus. Und die geben 215 000 Watt an den Elektromotor ab. Der entwickelt Beschleunigungswerte, die fast jeden Supersportwagen in einem Autoquartett ausstechen. Ungewohnt ist die Geräuschkulisse. Während "normale" Sportwagen der Unter-vier-Sekunden-Klasse ihre Leistungsstärke in die Umwelt brüllen, hört man im Tesla nur das Abrollgeräusch der Reifen und den Wind, der am Dach zerrt. Kein Mucks beim Anlassen, so gut wie kein Ton beim Ausparken. Und bestenfalls ein leises Surren beim Kavalierstart im Gewerbegebiet.

Beim Überholen ein Grinsen im Gesicht
An der Auffahrt zum Schnellweg zögere ich kurz, denn ein Laster, der aus der Tesla-Perspektive riesenhaft erscheint, kommt schnell näher. Ein beherzter Tritt aufs Gaspedal lässt den Riesen einen Wim­pernschlag später zwergen­haft klein im Rück­spiegel zurück. Vor mir ein Passat. Rechts raus, durchtreten, grinsen – vorbei. Das Auto verleitet zur Unvernunft, so viel steht fest. Fest steht auch, dass der Passat aus dem Tesla betrachtet fast wie ein Van anmutet.

Wieder auf der rechten Spur ist Zeit für einen Rundumblick durchs Cockpit des Teslas. Klassische Rundinstrumente. Carbon, Leder. Gehobene Sportwagenatmosphäre. Gewöhnungsbedürftig ist der Einstieg in die Flunder. Und das liegt nicht nur an meinen knapp zwei Metern Körperlänge. Der Tesla kauert extrem niedrig auf der Fahrbahn. Neben dem Tacho gibt statt eines Drehzahlmessers ein Rundinstrument Informationen darüber, wie viel Strom der Wagen gerade verbraucht – oder erzeugt. Denn wenn man den Wagen ausrollen lässt oder die Bremse tritt, wird der Motor zum Generator und speist Strom zurück in die Akkus.

Elektro-Schocker mit Suchtpotenzial
Fazit: Der bärenstarke Elektromotor macht den rund 1400 Kilogramm schweren Tesla Roadster zum Elektro-Schocker mit hohem Suchtpotenzial. Atemberaubend sind die Fahrwerte in den unteren Geschwindigkeitsbereichen. Beim Thema Topspeed macht sich der Verzicht auf ein Getriebe zunehmend bemerkbar. Endgültig Schluss ist bei Tempo 200. Da nimmt die Elektronik dem Motor die Puste. Die Reichweite liegt bei fast 400 Kilometern. Danach brauchen die Spaßspender etwa eine Nacht, um neu geladen zu werden (mit einem Schnelllader geht das bei Bedarf auch deutlich flotter).

Der Tesla ist ein Sportwagen mit grüner Seele. Der Ökorenner ist kein Schnäppchen. Knapp 120 000 Euro rufen die Amerikaner für den Roadster auf. Das ist happig. Doch der Spaßfaktor ist kaum zu überbieten. Zudem stimmt die Ökobilanz. Natürlich entsteht auch bei der Stromerzeugung der Klimakiller CO2, umgerechnet auf den Kilometer ist das beim Tesla gerade mal halb so viel, wie bei einem handelsüblichen Auto der Golfklasse. Schade eigentlich, dass mein Ausflug in die automobile Zukunft gerade mal ein paar lautlose Kilometer lang war.

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