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Stunde 2,50 Euro, Strafe 500.000 Euro

Baukonzerne blechen für Billiglöhne

Wie würden Sie die folgende Begriffsreihe vervollständigen? Deutscher Baukonzern - deutscher Generalunternehmer - deutscher … Bausumpf? Vier aktuelle "Münchner Geschichten" legen das nahe.

Vier Fälle, eine Stadt: Das Landgericht München hat jetzt Generalunternehmer abgestraft, die ausländischer Billig-Subunternehmer eingesetzt hatten.

Erster Fall: Im Frühjahr 2007 hatten die Ermittler des Hauptzollamts München eine Altenheimbaustelle in München kontrolliert. Die Nettostundenlöhne der Arbeiter: zwischen 2,50 bis 3,50 Euro. Ermittelt wurde gegen den Chef der türkischen Firma und neun Verantwortliche des Generalunternehmers. Es handele sich um einen "großen deutschen Baukonzern", heißt es in einer Zoll-Pressemitteilung.

Das Landgericht München hat jetzt gegen vier Mitarbeiter des deutschen Konzerns Geldstrafen und Geldbußen in Höhe von insgesamt 52.000 Euro verhängt. Zudem muss der Konzern zur "Abschöpfung seines finanziellen Vorteils" 450.000 Euro an die Staatskasse zahlen, weitere 50.000 Euro werden als Geldbuße fällig.

Die Fälle 2 und 3

Zweiter Fall: Bis zum Frühjahr 2005 hatte eine osteuropäische Firma Aufträge auf der Baustelle eines Münchner Schulzentrums erledigt. Die 20 Arbeiter erhielten für mehr als 220 Arbeitsstunden monatlich zwischen 250 und 800 Euro. Sie haben richtig gelesen: 250 Euro für 220 Arbeitsstunden auf einer Baustelle der öffentlichen Hand.

Zwei Mitarbeiter des Unternehmens sind jetzt wegen Beihilfe zum Lohnwucher und Betrug zu Geldstrafen verurteilt worden. Auftraggeber war die Münchner Niederlassung „eines großen Bauunternehmens“. Das muss nach einem rechtskräftigen Beschluss des Landgerichts München 250.000 Euro bezahlen.

Dritter Fall: Ein bayerischer Bauunternehmer hatte im Sommer 2003 einen osteuropäischen Subunternehmer mit Rohbauarbeiten auf einer Münchner Baustelle beauftragt. Statt des damals geltenden Mindestlohns von 12.47 Euro erhielten die Bauarbeiter über ein Jahr durchschnittlich nur drei Euro. Deren Chef hat dafür eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten erhalten, die oberbayerische Firma muss 125.000 Euro zahlen.

Bei der Höhe des Strafmaßes wurde berücksichtigt, dass die Firma wegen der Ermittlungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit zeitweise von der öffentlichen Vergabe ausgeschlossen wurde. Das heißt im Umkehrschluss: Der Bauunternehmer arbeitet wieder für die öffentlichen Hand.


Vierter Fall und Strafmaß

Ein Bauunternehmer aus dem Münchner Süden muss 67.500 Euro bezahlen. Er hatte im Jahr 2004 zwei südosteuropäische Firmen beim Neubau einer Wohnanlage eingesetzt. Dass die 45 Arbeitnehmer weit unter dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt wurden, war ihm bewusst. Gegen die Verantwortlichen der beiden Firmen wurden Freiheitsstrafen von sieben, acht und 21 Monaten verhängt.

Übrigens: Beim Thema Mindestlöhne ist das Arbeitnehmerentsendegesetz maßgeblich. Danach kann nicht nur ein Arbeitgeber, sondern auch ein Auftraggeber „bußgeldrechtlich“ verfolgt werden, wenn er weiß (oder hätte erkennen müssen), dass die von ihm beauftragte Firma ihren Arbeitnehmern den Mindestlohn vorenthält. Die Geldbuße kann bis zu 500.000 Euro betragen, zusätzlich können Gewinne aus dem Geschäft abgeschöpft werden.

Firmen, denen ordnungswidriges Verhalten nach diesem Gesetz nachgewiesen wird, können zudem von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Kann den „verantwortlich Handelnden der Auftraggeberfirmen“ eine vorsätzliche Tatbeteiligung nachgewiesen werden, kommt eine strafrechtliche Verurteilung wegen Beihilfe zum Lohnwucher oder zur illegalen Ausländerbeschäftigung in Betracht. Der Gesetzgeber sieht in diesen Fällen Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren vor. (Quelle: www.zoll.de)

(sfk)

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