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Dreister Datenklau

Bestellung aus dem Jenseits

Ein Bestatter erhält ein Mahnschreiben. Sein Vater soll online eingekauft haben. Aber der Vater ist schon seit Monaten tot. Was dann geschieht, lesen Sie hier.

Das muss eine Verwechslung sein, ein Versehen der Bank, ein Irrtum jedenfalls. Das sind die ersten Gedanken von Bestattermeister Peter Kreuer, als er im Mai dieses Jahres den Brief eines Inkassounternehmens überfliegt. Er ist an seinen Vater Herbert Kreuer gerichtet. Bei Buch.de habe er Waren im Wert von 150 Euro bestellt, heißt es in dem Mahnschreiben.

Das aber kann gar nicht sein. Sein demenzkranker Vater ist nämlich am 1. Februar gestorben, im Alter von 81 Jahren und nach langer Bettlägerigkeit. Die Bestellungen aber sind am 6. Februar bei Buch.de eingegangen. Peter Kreuer überlegt: Das ist genau der Tag, an dem in der Zeitung Rheinische Post und auf deren Website die Traueranzeige erschien. Er überlegt weiter: Jemand muss mit seinem Geburtsdatum zuerst ein E-Mail-Account und dann ein Konto für den Online-Shop eröffnet haben. Um einzukaufen. Im Namen eines Toten.

Lesen Sie auf Seite 2, wie Peter Kreuer auf den Datenklau reagiert hat.

Lieferungen rechtzeitig abgefangen

Der Sohn ist geschockt und wütend: „Das ist so pietätlos, denn mein Vater konnte sich nicht mehr dagegen wehren“, sagt der Unternehmer aus Monheim am Rhein. Von Herbert Kreuer haben er und sein Bruder Karl ihr Handwerk gelernt und 1996 den Familienbetrieb übernommen.

Die Lieferungen an den Vater sind offenbar abgefangen worden, deshalb hat Peter Kreuer erst durch die Mahnschreiben von den angeblichen Einkäufen erfahren. Über die Tracking-Systeme der Postzusteller können Betrüger Ort und Zeit der Lieferung herausfinden. Sie können den Boten täuschen, indem sie sich als Kunde oder Nachbar ausgeben und die Unterschrift fälschen. Oder sie können sich die Ware an eine Paketstation schicken lassen und dort mit gefälschten Dokumenten operieren.

Peter Kreuer hat den Online-Händler und das Inkasso-Unternehmen informiert und eine Anzeige gegen Unbekannt gestellt: „Ich bin zur Kripo gegangen, doch die hat nach meiner Kenntnis bislang noch nichts herausgefunden“, erzählt der 42-Jährige. Den finanziellen Schaden habe der Online-Händler gehabt, der sei auf den Kosten sitzen geblieben. Ende Oktober bekam er einen weiteren Mahnbescheid für Einkäufe bei einem anderen Online-Shop, diesmal über 200 Euro. „Das Schlimme ist, dass wir nicht wissen, was da noch so alles kommt.“

Vorsicht bei Traueranzeigen: Was Peter Kreuer seinen Kunden empfiehlt, erfahren Sie auf Seite 3.

Gering dosierte Daten in Traueranzeigen

Als Bestatter möchte Peter Kreuer seine Kunden gerne vor ähnlichen Erfahrungen bewahren. Deshalb empfiehlt er ihnen neuerdings, in Traueranzeigen nur noch die Jahreszahlen, nicht aber das genaue Geburtsdatum zu nennen. Außerdem rät er den Trauernden dringend davon ab, in den Anzeigen ihre Privatadresse zu veröffentlichen. Für die Kondolenzpost können sie stattdessen die Adresse seines Beerdigungsinstituts angeben. Dadurch sinkt ihm zufolge das Risiko, dass Einbrecher während der Beerdigung die Wohnungen plündern.

Die Gauner und Betrüger haben ihre Augen und Ohren überall. Sie machen weder vor Traueranzeigen noch vor Grabsteinen halt. „Wir gehen jetzt sehr vorsichtig mit unseren Daten um“, sagt der Unternehmer. Das zeigt sich auch am Familiengrab der Kreuers: Die in Stein gemeißelten Lebensdaten und Vornamen der Verstorbenen sucht man dort vergeblich.

(afu)

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