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Steuern

Betriebsnachfolge: Schenkung oder Versorgungsleistung?

Sollte die Betriebsübergabe als Schenkung erfolgen oder gegen Versorgungsleistungen? Das hängt davon ab, wie Übergeber und Betrieb finanziell dastehen.

Auf einen Blick:

  • Eine steuergünstige Betriebsnachfolge in der Familie ist per Schenkung oder gegen eine Versorgungsleistung möglich. In beiden Varianten müssen die Nachfolger bestimmte Regeln einhalten, um die Steuervorteile zu nutzen.
  • Welche Lösung die richtige ist, hängt vor allem von der Altersvorsorge des Übergebers und der wirtschaftlichen Lage des Betriebs ab: Wenn es um beide schlecht bestellt ist, kann die Versorgungsleistung die richtige Lösung sein.
  • In allen anderen Fällen sollten Sie sich erst einmal überlegen, welche Ziele Sie verfolgen, bevor Sie über die steuerliche Gestaltung nachdenken.

Wer seinen Betrieb in der Familie übergeben will, hat dafür verschiedene Möglichkeiten: verkaufen, verschenken oder gegen eine Versorgungsleistung übertragen. Wenn es jedoch um eine möglichst geringe steuerliche Belastung der Übergabe geht, dann kommen nur zwei Varianten infrage: die Schenkung oder die Übertragung gegen Versorgungsleistungen.

Wie funktionieren Schenkung und Versorgungsleistungen steuerlich?

Betriebsinhaber können 85 Prozent und sogar bis zu 100 Prozent des Betriebsvermögens steuerfrei an ihre Kinder übertragen, wenn sie dabei einige Bedingungen einhalten: Die Kinder müssen den Betrieb fünf beziehungsweise sieben Jahre fortführen und dürfen über den Zeitraum insgesamt eine bestimmte Mindestlohnsumme nicht unterschreiten, sagt Steuerberater Armin Schiehser aus Lohr am Main.

Alternativ kann der Übergeber den Betrieb gegen eine lebenslange Versorgungsleistung steuerbegünstigt an den Nachfolger übergeben:

  • Der Übergeber muss die Einnahmen als sonstige Einkünfte versteuern. Steuern auf den Veräußerungs- oder Aufgabegewinn fallen nicht an.
  • Der Übernehmer kann die Versorgungsleistungen als Sonderausgaben bei der Einkommensteuer geltend machen. Stille Reserven werden bei der Übernahme nicht aufgedeckt, das Betriebsvermögen bleibt zum bisherigen Buchwert erhalten.

Die Regeln für eine steuerfreie Schenkung

Betriebsinhaber können 85 bis 100 Prozent des Betriebsvermögens steuerfrei übertragen, wenn sie sich dabei an folgende Regeln halten:

  • 0 bis 5 Mitarbeiter: Betriebe dieser Größe sind generell von der Schenkungssteuer befreit.
  • 6 bis 10 Mitarbeiter: Steuerbefreit ist die Schenkung für einen Betrieb dieser Größenordnung, wenn der Übernehmer ihn fünf Jahre fortführt und in dieser Zeit eine Mindestlohnsumme von 250 Prozent erreicht.
  • Ein Beispiel zeigt, was das bedeutet: Ein Betrieb mit fünf Mitarbeitern wird übergeben. Die jährliche Lohnsumme beträgt 250.000 Euro, inklusive Steuern, Sozialabgaben und Sonderzahlungen. Also muss der Nachfolger innerhalb der 5-Jahresfrist eine Mindestlohnsumme von 625.000 Euro (=250.000 x 250 %) zahlen. Das wären im Schnitt 125.000 Euro pro Jahr, also die Hälfte der jährlichen Löhne im Ausgangsjahr. Alternativ könnte sich der Nachfolger für eine 100-prozentige Befreiung entscheiden. Dafür müsste er innerhalb von sieben Jahren eine Mindestlohnsumme von 500 Prozent erreichen.
  • 11 bis 15 Mitarbeiter: In dieser Größe müssen Betriebe innerhalb von fünf Jahren eine Mindestlohnsumme von 300 Prozent erreichen (565 Prozent für die 100-prozentige Befreiung):
  • Mehr als 15 Mitarbeiter: Die Mindestlohnsumme für die 85-prozentige Befreiung liegt bei 400 Prozent (700 Prozent für die 100-prozentige Befreiung).

Die Regeln für steuerbegünstigte Versorgungsleistungen

Das Finanzamt gewährt den Steuervorteil bei der Übergabe gegen Versorgungsleistungen nur unter bestimmten Voraussetzungen:

  1. Höhe: Die Versorgungsleistung muss sich nach dem Versorgungsbedarf des Übergebers richten, nicht nach Wert des Betriebs, sagt Schiehser. „Liegt der Bedarf zum Beispiel bei 5.000 Euro monatlich, dann berechnet man die voraussichtlichen Gesamtzahlungen über die Lebenserwartung des Übergebers und zinst sie auf den Barwert ab.“ Dieser Barwert muss zudem unter dem aktuellen Unternehmenswert liegen. „Diese Berechnungen müssen mit dem Finanzamt abgestimmt werden, denn das ist alles schwammig und kompliziert.“
  2. Laufzeit: Die Parteien müssen eine bedingungslose lebenslange Versorgungsleistung vereinbaren.
  3. Ertragslage: Das Betriebsvermögen muss ausreichend Ertrag bringen, um die Leistung zu decken. „Wenn ein Unternehmen 30.000 Euro Ertrag im Jahr abwirft, kann man keine monatlichen Zahlung über 5.000 Euro vereinbaren“, sagt Schiehser und warnt: „Das prüft das Finanzamt ganz genau.“
  4. Eigentumsverhältnisse: Der Betrieb muss ganz oder zu mindestens 50 Prozent übertragen werden.
  5. Empfänger: Als Empfänger kommt der Übergeber des Betriebs infrage, dessen Ehegatte oder Lebenspartner wie auch Kinder und Enkelkinder. Geschwister des Übernehmers sind ausgeschlossen. Hier vermutet die Finanzverwaltung eine Ausgleichszahlung, mit der die Geschwister „nicht versorgt, sondern gleichgestellt werden sollen“. (BMF-Schreiben vom 11. März 2010, IV C 3 – S 2221/09/10004, Rz. 50)

Wann ist welche Variante sinnvoll?

Welche Lösung die richtige ist, lasse sich nicht pauschal beantworten, sagt Schiehser. Denn es sollten nicht nur die steuerlichen Aspekte eine Rolle spielen, sondern auch die Ziele von Übergeber und Übernehmer wie auch ihre finanzielle Lage. „Darüber sollte man sich in einem Nachfolge-Coaching klar werden und daraus ergibt sich die sinnvollste Vorgehensweise.“

Wenn die Übergeber jedoch nicht auf Einnahmen aus der Übergabe angewiesen sind, dann sei in der Regel die Schenkung der richtige Weg. Von dem scheinbar komplizierten Regelwerk sollte sich niemand abschrecken lassen, sagt der Steuerberater. Der Gesetzgeber habe die Hürden für kleine Betriebe mit wenig Mitarbeitern und geringem Vermögen relativ niedrig gelegt. „Wenn man sich die Strukturen im Handwerk anschaut, ist klar, dass die meisten Handwerksbetriebe diese Bedingungen leicht erfüllen können.“

Deutlich kritischer sieht Schiehser die Versorgungsleistung: „Die Versorgungsleistung ist der letzte Ausweg – bei einem kleinen Wert und großer Not.“ Darüber könne man nachdenken, wenn es dem Betrieb schlecht geht, der Inhaber nicht fürs Alter vorgesorgt hat und etwa der Sohn gegen eine monatliche Zahlung übernehmen soll, weil er keinen Kredit für eine Einmalzahlung bekommt. „Aber bürokratische Vorteile hat das nicht. Die Versorgungsleistung ist genauso kompliziert wie eine Schenkung.“

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