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Vergabe

Den Bausumpf trockenlegen

Wie sehr die Baubranche an Dumpinglöhnen krankt, verdeutlichen aktuelle Gerichtsurteile. Dabei gibt es ein einfaches Gegenmittel.

Tolle Sache, die VOB. In Paragraf 16 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen steht: „Auf ein Angebot mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis darf der Zuschlag nicht erteilt werden.“ Trotzdem sind unterirdische Preise Realität. Der hannoversche Bauunternehmer Rainer Lorenz hat kürzlich das auffällig günstige Angebot eines Wettbewerbers um einen Auftrag der öffentlichen Hand mit einer Musterkalkulation zerpflückt: „Ich habe sämtliche Zuschläge weggelassen, das war eine reine Herstellkostenkalkulation. Ich habe den absoluten Minimalpreis errechnet, auch anhand der Zahlen aus den Tarifverträgen.“ Das Lorenz‘ Konkurrent kostenmäßig noch weit darunter lag, hat den zuständigen Vergabebeamten aus dem Landkreis Hannover nicht sonderlich beeindruckt.

Wie solche Preise zustande kommen können und welche Dimensionen das Problem hat, verdeutlicht der Blick auf aktuelle Bauprozesse in ganz Deutschland. Allein in München sind vier große Generalunternehmer abgestraft worden, die Billig-Subunternehmer eingesetzt hatten (wir berichteten). In einem Fall lag der Stundenlohn knapp über einem Euro.

Die harten Strafen, die das Landgericht München verhängt hat, sorgen für Genugtuung. Vor allem bei den Betrieben, die korrekte Löhne zahlen. „Sehr schön, nur so kommt man den schwarzen Schafen bei“, sagt der Berliner Elektrotechnikmeister Christoph Hensel. Aus seiner Sicht müssten die Strafen „noch viel höher sein“.

Andererseits stellt sich die Frage, was passieren muss, damit es erst gar nicht so weit kommt. Im Paragraf 16 der VOB stehen weitere schlaue und hilfreiche Sätze: "Unter diesen Angeboten soll der Zuschlag auf das Angebot erteilt werden, das unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte [...] als das wirtschaftlichste erscheint. Der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend." Es ist nichts daran auszusetzen, dass die Kommunen keine Steuergelder verschleudern wollen. Doch Unternehmer wie Rainer Lorenz erleben immer wieder eine „relative Großzügigkeit“ in der Auslegung der VOB: „Wenn Bauskandale wie jetzt in München öffentlich werden, ist das Geschrei im Nachhinein groß. Ich bin der Überzeugung, dass mehr im Vorfeld kontrolliert werden muss.“

(sfk)

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