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Berufsbekleidung

Der Meisterkittel stirbt aus

In den Kittel schlüpfen und nie wieder überlegen, was man zur Arbeit trägt - von wegen! Moderne Berufsbekleidung ist Hightech und sieht gut aus.

Wo früher der Meisterkittel Ausdruck einer festen Hierarchie war, trägt man heute leger Polo-Hemd. Sogar Bandanas, neudeutsch für eine bestimmte Sorte Schals, haben Einzug in die Berufsbekleidung gehalten, heißt es aus der Branche. "Das Produkt Meisterkittel ist fast tot, auch weil sich die Betriebs­kultur verändert hat", sagt der Geschäftsführer des DBL-Verbunds für gemietete Berufsbekleidung, Dirk Hischemöller. Heute arbeite man eher nach dem Konzept Gleiche unter Gleichen.


Statt Branchenfarben – weiße Maler, blaue Elektriker – bestimmen immer öfter die Betriebsfarben das professionelle Auftreten nach außen. Das ist Einheitlichkeit im Sinne von Corporate Identity und nicht mehr aufgrund beschränkter Auswahl. "Die einzige Abteilung, die heute im Kfz-Gewerbe noch Kombi trägt, ist die Lkw-Abteilung," erzählt Hischemöller.


Hersteller von Berufsbekleidung bieten derzeit Kollektionen mit bis zu neun Teilen pro Farbe an. Die kann sich jeder nach seinen Bedürfnissen zusammenstellen. Der eine bevorzugt eine dicke Weste über seinem Polohemd, der andere doch lieber einen Fleecepull­over und darüber eine Windschutz-Jacke. Knöpfe, die Kratzer ins frisch lackierte Metall ratschen können, sind vielerorts verbannt, stattdessen werden inliegende Reißverschlüsse vernäht.


Selbst die Hose ist nicht mehr einfach eine Hose mit praktischen Taschen, sondern der perfekte Aufbewahrungsort für den Zollstock, das herkömmliche Handy oder gleich das Smartphone. Hightech passt nicht nur rein in die Berufsbekleidung – sie steckt auch darin. Statt purer Baumwolle tragen synthetische Gewebe Feuchtigkeit nach außen und halten innen warm und trocken. Tragekomfort hat an Bedeutung gewonnen.

Wie DIN-Normen die Berufsbekleidung bestimmen lesen Sie auf Seite 2...

Funktionskleidung in der Werkstatt

Während der Bürohengst von heute gerne mal den Mantel zu Hause lässt und sportlich Wolfstatzen-Parker trägt, ist im Handwerk Funktionskleidung längst an der Tagesordnung. Allerdings darf sie nicht so teuer sein wie Freizeitkleidung. "Unsere Sachen müssen immer mehr Funktionen erfüllen, sind aber nicht nach einer Saison abgetragen. Die müssen Jahre halten. Modisch und vom Qualitätsanspruch her", betont Hischemöller.

So signalisieren reflektierende Elemente nicht einfach plump "nicht überfahren!" Sie sind bewusst dekorativ platziert. Auch DIN-Normen diktieren, was in den Spind kommt und was nicht. Feuerschutz, Chemikalienschutz, Antistatik – jedes Jahr halten neue Schutzregelungen Einzug. Das ist schwierig für Handwerksunternehmer, die ihren Einkauf danach richten, aber erfreulich für die Berufsbekleider. "Der Gesetzgeber verpflichtet uns zum Geld verdienen", nennt das Thomas Sieber vom Hersteller Klopman International.

Auf der anderen Seite kündigt die DBL an, ihre Preise vorsichtig anzuheben, um explodierende Rohstoffkosten aufzufangen. Die Weltmarktpreise für Baumwolle erreichen Rekordhöhen. Für die Zukunft setzt die DBL verstärkt auf Dienstleister, die Kunden gegenüber einheitlich auftreten wollen. Handwerkskunden als alleiniges Standbein reichten nicht mehr aus. "Gerade Kleinstbetriebe verschwinden, weil es Nachfolgeprobleme gibt oder sie sich nicht mehr am Markt behaupten können."

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(kö)

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