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Serie Veranstaltungsmarketing, Teil 2

Die besondere Note

Veranstaltungen im eigenen Betrieb sind gut fürs Image. Friseur Headcrash in Oldenburg setzt auf Live-Bands und Comedy. Die Kunden finden das cool.

Soundcheck im Friseursalon
Headcrash1

Timo Gross zieht die Füße aus dem Kabelsalat, hängt sich die E-Gitarre um, richtet das Mikro aus und spricht zur Probe hinein. Er singt heute Stücke aus seinem neuen Album „Landmarks“. Stücke von James Taylor, Z.Z.Top, Prince und anderen Musikern, die ihn in seinem Leben begleitet und geprägt haben, wie er später sagen wird. Er hat ihnen den Blues eingehaucht. Noch sind davon allerdings nur Klangfetzen zu hören, denn noch ist Soundcheck.

Der Auftritt findet vor einer ungewöhnlichen Kulisse statt: Hinter den Musikern sind Regale mit Haarpflege- und Styling-Produkten zu sehen, denn die Bühne steht mitten in einem Friseurladen namens „Headcrash“ in der Oldenburger City. Die ehemalige Schmiede mit den hohen Decken bietet viel Platz für Konzerte. An der Bar neben dem Eingang sitzen die ersten Gäste mit ihrem zweiten oder dritten Drink und beobachten Timo Gross, der wieder und wieder an den Knöpfen seines Monitors dreht.

Der Chef von Headcrash, Marcus Rastetter, ist noch mit einem jungen Mann beschäftigt, dem er gerade einen „Iro“, einen Irokesenschnitt, verpasst. Dabei schaut er immer wieder hinüber zur Bühne. Timo Gross sei bereits zum dritten Mal da, sagt der Friseurmeister. Seit etwa sechs Jahren veranstaltet er in seinem Geschäft unter anderem Comedy-Lesungen, Partys und vor allem Konzerte. Unter den Musikern sind viele Singer-Songwriter, die ihre eigenen Songs schreiben und singen.

Lesen Sie auf Seite 2, wie der Friseurmeister auf die Idee mit den Konzerten kam.

Konzerte und haarige Geschichten

„Ich mache das als Imagewerbung – und weil es mir Spaß macht“, sagt Marcus Rastetter. Der 40-Jährige hat selbst bereits in mehreren Bands gespielt, tritt aber zurzeit nicht auf. Seinen ersten Friseurladen teilte er sich mit einem CD- und Plattenhändler. 2006 zog er in die frühere Schmiede um. Die fahrbaren Spiegelwände und die Sofas aus alten Autositzen hat ein Metallbauer angefertigt, der vorher in der Schmiede beschäftigt war. An der Decke hängen schwere Industrielampen und Scheinwerfer.

Die Bühne sei ursprünglich nur für Schulungen gedacht gewesen, erzählt Rastetter. Doch dann fragte eine Event-Agentur bei ihm an, die seinen Laden zur Konzert-Location für den Oldenburger Kultursommer machen wollte. Rastetter sagte zu und besorgte sich eine Schanklizenz für gelegentliche Veranstaltungen. Das war der Anfang.

Der Soundcheck ist vorbei und Bluessänger Timo Gross ruht sich in einem der Frisiersessel aus, den Kopf an den Rand des Waschbeckens gelehnt. Rastetter erzählt, er habe jede Woche mehrere Anfragen von Bands, die bei Headcrash spielen wollen. Die Comedy-Künstler, die bislang bei ihm aufgetreten sind, hat ihm die besagte Event-Agentur vermittelt. Dazu gehört zum Beispiel die selbsternannte Geschichtenhändlerin Julia Klein aus Bremen. Bei Headcrash hat sie „haarige Geschichten“ mit Bezug zum Friseur zum Besten gegeben. Für Rastetter gehört ihr Auftritt zu den bisherigen Highlights seiner Veranstaltungsreihe.

Wer zu den Konzerten kommt und wie die Atmosphäre ist, erfahren Sie auf Seite 3.

"Coole Lokalität"

Jetzt warten die Gäste auf Timo Gross und seine Band. Rastetter zufolge sind es vor allem Kunden. Seine Zielgruppe beschreibt er als ein „total gemischtes Publikum von kleinen Kindern bis hin zu älteren Damen“. Laut Website bieten er und seine Mitarbeiter ihnen alles, was Freude macht: Von Dreadlocks über Iro- und Vokuhila-Schnitte bis hin zu Konfirmationsfrisuren. Betont brave Jungs und betagte Damen sieht man an diesem Abend allerdings keine.

Gegen 21 Uhr betreten endlich die Musiker die Bühne. Timo Gross singt die Lieder seines Lebens, er singt sie in den Klangfarben des Blues, und die Zuhörer halten sich an ihren Barhockern und Flaschen fest. „Coole Lokalität, man steht hier den Musikern direkt gegenüber, das hat schon was“, sagt Konzertbesucher Frank Schmirgalski. Seine beiden Freunde nicken. Dann hören sie wieder den Blues.

(afu)

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