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Die Masse bleibt geschlossen

Die Masse bleibt geschlossen

Gläubiger warten häufig jahrelang auf ihren Anteil aus der Insolvenzmasse. Vernachlässigen Insolvenzverwalter die Verfahren aus reinem Eigennutz?

Es ist der unternehmerische Super-Gau: Wenn sich ein Auftraggeber mitsamt aller offenen Rechnungen in die Insolvenz verabschiedet, dann gucken die Gläubiger in die Röhre. Und diese Röhre kann sehr, sehr lang sein. So manches Insolvenzverfahren zieht sich über sechs oder gar acht Jahre hin. Bittere Folge: Immer wieder reißen insolvente Unternehmen die Gläubiger mit in den Abgrund. Wer auf seinen Anteil aus der Insolvenzmasse hofft, der muss geduldig sein und solide Reserven vorweisen können.

Ilse Skorsetz wartet auf knapp 50 000 Euro für einen Auftrag, den ihr Unternehmen bereits 1996 erledigt hat. Als der Bauherr damals in die Pleite schlitterte, musste die Skorsetz Kälte- und Klimatechnik einen Kredit aufnehmen, um selbst einem Konkurs zu entgehen und die drei Arbeitsplätze im bayerischen Kitzingen zu erhalten. Wir haben uns wieder berappelt, mit viel Mühe, aber die Wut bleibt, sagt Skorsetz.

Was die Unternehmerin besonders ärgert: Das Insolvenzverfahren ihres Schuldners ist bis heute nicht abgeschlossen worden. Die Verwalter eilen von einer Insolvenz zur nächsten, sichern so ihr eigenes Einkommen und vernächlässigen den Einzelfall, lautet ein Vorwurf, den Skorsetz stellvertretend für viele Gläubiger in Deutschland erhebt.

Ein Insolvenzverfahren kann erst abgeschlossen sein, wenn sämtliche Vermögenswerte zur Masse gezogen sind, sagt Siegfried Beck, Vorsitzender des Arbeitskreises der Insolvenzverwalter Deutschland (AID). Wenn ein Verwalter Prozesse führen oder etwa im Baugewerbe Leistungseinbehalte geltend machen müsse, dann hänge die Verfahrensdauer von den langen Gewährleistungsfristen ab. Von daher könne es zum Gläubigerwohl sogar geboten sein, dass ein Insolvenzverfahren vier, fünf oder sechs Jahre lang bearbeitet werden müsse.

Acht Jahre für ein Verfahren, das immer noch offen ist, dürften trotzdem etwas übertrieben sein, entgegnet Skorsetz mit einem leicht ironischen Unterton. Doch gerade für Kleinbetriebe sei es einfach unmöglich, Druck auf einen Insolvenzverwalter auszuüben: Wer legt sich schon freiwillig mit einem Juristen an?

In diese Einschätzung fügen sich nahtlos Hinweise ein, die in den zurückliegenden Wochen in der Redaktion eingegangen sind. Unabhängig voneinander haben niedersächsische Betriebsinhaber darüber berichtet, dass ihre Anwälte ihnen von Klagen gegen nachlässige Insolvenzverwalter abgeraten haben. Die identische Begründung der Advokaten lautete: vermutete Seilschaften mit Richtern.

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