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Tipps für Unternehmerpaare

Die verflixte Doppelrolle

Sind Sie nicht nur privat, sondern auch geschäftlich ein Paar? Das kann schön sein, hat aber auch Schattenseiten. Was lässt sich tun, damit das Schöne überwiegt? Fünf Tipps vom Paarberater Holger Dammit.

Holger Dammit weiß, wovon er spricht: Seit ungefähr 15 Jahren arbeitet er eng mit seiner Ehefrau Sigrun Dammit-Sorgatz zusammen – beide sind Paarberater mit einem gemeinsamen Coachinginstitut in Berlin. "Wir haben diesen gemeinsamen Ort, treffen viele gemeinsame Entscheidungen und tauschen uns ständig aus über das, was am Tag passiert", sagt er zu den Vorteilen. "Bei anderen Paaren ist es ja zum Teil so, dass der eine den anderen in seinem Beruf nicht versteht, da gibt es dann manchmal Missverständnisse."

Das Berater-Ehepaar hat in seiner Laufbahn bereits etliche andere Unternehmerpaare beraten, darunter auch solche mit einem eigenen Handwerksbetrieb. Einige haben Holger Dammit zufolge bereits Probleme miteinander – etwa weil die Gespräche über das Geschäft auch zuhause nicht mehr abreißen oder weil sie sich in Machtkämpfen verlieren.

Andere Paare kämen vorbeugend: "Die wollen, dass es so bleibt, wie es ist, und fragen, was können wir dafür tun." Vieles hänge natürlich vom Einzelfall ab. "Aber es gibt auch eine Reihe von Methoden, die gar nicht so schwer umzusetzen sind." Hier sind einige davon:

1. Zwischen Privat- und Geschäftsrolle trennen – gerade bei Konflikten
"Wenn es um den Erhalt des Betriebes geht, ist es wichtig, sich in die Rolle des Geschäftspartners zu begeben", sagt Holger Dammit. "Dann verhandelt oder streitet man nämlich anders als in der Rolle des Ehepartners, und das muss man auch. Vielleicht muss man dann sogar anders sitzen, also mit mehr Abstand. Oder in einem anderen Raum. Und sagen: Das machen wir auf gar keinen Fall zuhause, sondern im Büro. Man ist dann zwar verheiratet, aber in einem bestimmten Moment spielt das eben im wahrsten Sinne des Wortes keine Rolle."

Nach Feierabend die Perspektive wechseln: Mehr dazu erfahren Sie auf Seite 2.

2. Nach Feierabend die Perspektive wechseln

Damit sich die Streits nicht ins Privatleben hineinziehen, bedarf es laut Dammit eines Perspektivwechsels. Dafür sei nach dem Arbeitsende zunächst eine Art Verwandlung notwendig, um zum Beispiel nicht in der Rolle der Chefin oder des Chefs, sondern als Ehepartner und Elternteil nach Hause zu kommen.

"Wenn man sich auf dem Heimweg mit etwas komplett anderem als der Firma beschäftigt, das hilft unheimlich. Ob das ein Hobby ist, ein Freund oder ein Buch, das man noch ein wenig weiterliest. Also irgendetwas, das einen innenhalten und von dem abrücken lässt, was gerade war. Dann guckt man anders auf das, was danach kommt."

Der Beziehungscoach nennt auch ein Beispiel für einen gemeinsamen Perspektivwechsel: Ein Paar, das eine Bäckerei leitet, habe irgendwann damit begonnen, sich einmal im Monat für den Abend zu verabreden wie zu einem Rendevouz. "Die haben das gemacht, um sich nicht zu sehr von der Firma und der Routine vereinnahmen zu lassen und ihre Liebesbeziehung zu pflegen."

3. Gemeinsame Auszeiten vom Geschäft vereinbaren
Abschalten, auch wenn man gerade finanzielle Sorgen hat und die Verantwortung für eine Reihe von Mitarbeitern trägt? Das sei schwierig und dennoch eine entscheidende Voraussetzung, um wieder Kraft zu tanken und gemeinsam neue Lösungen zu finden, betont Holger Dammit.

Daher rät er Unternehmerpaaren dringend dazu, sich Auszeiten zu nehmen und zum Beispiel zu vereinbaren, "das Wochenende ist das Wochenende und da wird nur auf Antrag über Geschäftliches gesprochen".

Raum für eigene Aktivitäten: Lesen Sie auf Seite 3, warum das wichtig ist.

4. Dem anderen Raum für eigene Aktivitäten lassen

"Gerade wenn man so viel zusammen zu tun hat, braucht aber auch jeder Raum und Zeit für eigene Aktivitäten", meint Dammit. "Der eine geht dann vielleicht gerne Tanzen und der andere bastelt am Motorrad."

Warum das wichtig ist? "Das sehen wir viel bei Paaren, die zu uns kommen, dass die Persönlichkeit, das Ich-Gefühl irgendwann verloren geht. Man sieht sich nur noch als gemeinsames Gebilde und nicht als einzelne Person. Aber es geht ja auch darum, die Persönlichkeit zu bewahren, um dann als Team wieder gut zu sein und Ideen zu entwickeln."

Problematisch sei, wenn einer oder beide damit anfingen, sich über das Wohl und Wehe des anderen zu definieren nach dem Motto: Mir geht es gut, wenn es meinem Partner gut geht.

"Derjenige, der sich nicht so stark identifiziert, verliert auf diese Art ein Gegenüber", erklärt der Berater. "Und der andere verliert die eigenen Wünsche und Vorstellungen." Sein Rat: Erkennen, dass das Eigene eine Ressource ist, durch die dann wieder Energie für das Gemeinsame entsteht. Wer bin ich? Wo komme ich her? Und wofür kann ich mich so richtig begeistern? Das seien hier die Schlüsselfragen.

5. Auf das zusammen Erreichte zurückblicken
Holger Dammit nennt noch eine weitere Methode, die Paaren dabei helfen kann, das Schöne am gemeinsamen Arbeiten zu erkennen: Die Rückschau. Was haben wir in den vergangenen zehn Jahren gemeinsam aufgebaut? Und durch was für Höhen und Tiefen sind wir gemeinsam gegangen?

"Häufig ist es ja so, dass die Partner im Alltag nicht mehr so wertschätzen, was sie haben und auch aneinander haben. Bei so einer Rückschau stellen sie dann vielleicht fest: Das haben wir miteinander geschafft, und das hätte jeder von uns allein wahrscheinlich gar nicht so hingekriegt. Dadurch entsteht ein gemeinsames Gedächtnis und vielleicht auch ein gemeinsamer Innovationsraum, so dass man sagt, wir schaffen jetzt als Team auch wieder etwas Neues."

(afu)

Auf Seite 4 finden Sie einen Buchtipp zum Thema!

Buchtipp: Streit ist auch keine Lösung


Manche Paare streiten sich nur selten, bei anderen dagegen geht es regelmäßig rund. Christian Thiel erklärt in seinem Ratgeber, wie es zu den nervigen Auseinandersetzungen kommt und wie man sie wieder beendet.Das Buch ist in drei Teile gegliedert: Zuerst erläutert der Autor, was ein Streit ist, wie er verläuft und wie die Partner gegensteuern können. Danach erfahren die Leser, welche Haltungen einen Streit gefährlich machen. Zum Schluss geht es um die Gründe für Beziehungsstreits.
Christian Thiel zeigt, welche kurzfristigen Alternativen es zum Streiten gibt und wie sich die Probleme auch langfristig lösen lassen. In das Buch hat Christian Thiel (www.singleberater.de) seine Erfahrungen als Beziehungscoach und aktuelle Erkenntnisse aus der psychologischen Forschung einfließen lassen.
 
Christian Thiel: Streit ist auch keine Lösung. Wie Sie in Ihrer Partnerschaft das bekommen, was Sie wirklich wollen. humboldt-Verlag 2013, 248 Seiten, 9,95 Euro, ISBN 978-3-86910-493-5. Auch als E-Book erhältlich. 
 
(afu) 
 
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