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Doppelpack für Krisenfälle

Doppelpack für Krisenfälle

Mit staatlicher Förderung das Ruder herum reißen: Ein Malermeister aus Oldenburg profitiert von der Turn-Around-Beratung. Jetzt kann er auch wieder mit seiner Bank verhandeln.

von Jörg Wiebking

Den Runden Tisch gibt es schon lange: In Not geratene Betriebe erhalten die kostenlose Hilfe eines Unternehmensberaters. Finanziert von der KfW-Mittelstandsbank verhandelt der Berater mit Gläubigern und entwickelt Konzepte für die Zukunft. Dabei gibt es nur ein Problem: Was kommt danach? Eine Antwort bietet die Turn-Around-Beratung: Mit einem Zuschuss der KfW steht den Betrieben seit Anfang 2004 auch bei der Umsetzung ihrer Pläne ein Berater zur Seite.

Für Hannes G.* war die Turn-Around-Beratung ein Glücksfall. Das hat uns mehr gebracht als der Runde Tisch, berichtet der Malermeister aus Oldenburg. Zugegeben: Ohne den Runden Tisch hätte ihm die Hausbank den Geldhahn längst zugedreht. Doch die Turn-Around-Beratung ermöglicht es Hannes G., solche Verhandlungen künftig selbst erfolgreich zu führen.

Wir haben zum Beispiel Liquiditätspläne installiert. Jetzt kann ich den täglichen Geldbedarf kontrollieren und steuern, ob ich noch mehr Rechnungen und Abschläge schreiben muss. Für den Unternehmer sind diese Zahlen lebenswichtig. Wir wissen aus Erfahrung, in welchen Monaten es schlechter läuft. Aber jetzt können wir der Bank belegen, dass wir unsere Umsatzziele auch in den schlechten Monaten einhalten.

Eigenanteil einkalkulieren

Der Malerbetrieb ist kein Einzelfall. In 2004 haben wir etwa die Hälfte der Runden Tische mit dem Turn-Around-Verfahren ergänzt, berichtet Rainer Kissel von der Handwerkskammer Oldenburg. Damit liegt die Oldenburger Quote über dem Bundesdurchschnitt. Wir hatten im vergangenen Jahr 630 Turn-Around-Beratungen, das sind rund 30 Prozent aller Betriebe vom Runden Tisch, berichtet Christine Volk von der KfW.

Dass die Quote nicht höher ausfällt, liege vermutlich an den Kosten, meint Kissel. Denn anders als beim Runden Tisch übernimmt die KfW nur einen Teil der Beratungskosten. Das Berater-Honorar darf höchstens 750 Euro pro Tagewerk betragen. Davon übernehmen wir für zehn Tage die Hälfte, in den neuen Bundesländern sogar 65 Prozent, erläutert Volk. Dabei lohne sich diese Investition, betont Kissel: Wir haben eine hundertprozentige Erfolgsquote!

Zeit einkalkulieren

Noch in einem anderem Punkt unterscheidet sich die Turn-Around-Beratung vom Runden Tisch: Das ist eher ein Coaching. Man trifft sich ein- oder zweimal im Monat mit dem Berater, bespricht, was bisher umgesetzt wurde und wie es weitergeht, berichtet Kissel. Entsprechend kann die Beratung bis zu einem halben Jahr dauern. So viel Zeit musste auch Hannes G. investieren. Doch der Aufwand hat sich für ihn gelohnt: Wenn ich meine Bank mit Zahlenmaterial bedienen kann, dann machen die auch Zugeständnisse, freut sich der Malermeister.

*Name der Redaktion bekannt

Ablauf: Vom Runden Tisch zum Turn Around

Beantragen können die Turn-Around-Beratung nur Betriebe in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die an einem Runden Tisch teilgenommen haben. Erste Anlaufstelle ist die Handwerkskammer: Sie muss in beiden Programmen entscheiden, ob der Betrieb dafür in Frage kommt.

Voraussetzung für beide Programme: Der Betrieb darf kein Insolvenzfall sein. Zielgruppe sind Unternehmen, die unerwartet in Schwierigkeiten geraten sind, jedoch gute Marktchancen haben.

Die Entscheidung über die Anträge trifft die KfW Mittelstandsbank. Sie schlägt auch für beide Programme Berater vor. In der Regel kann das derselbe Berater sein. Die Wahl hat jedoch der Unternehmer.

Bezuschusst werden in beiden Programmen maximal zehn Beratungstage. Beim Runden Tisch übernimmt die KfW die Kosten bis auf Fahrt- und Übernachtungskosten voll. Bei der Turn-Around-Beratung muss der Betrieb 50 Prozent der Kosten übernehmen, in den neuen Ländern nur 35 Prozent.

Tipp: Die Kammern können pro Jahr nur eine bestimmte Anzahl von Betrieben für den Runden Tisch empfehlen, berichtet Rainer Kissel von der Handwerkskammer Oldenburg. Also: Wer sich für die Programme interessiert, sollte nicht zu lange warten.

Weitere Informationen gibt es bei den Handwerkskammern und im Internet unter www.kfw-mittelstandsbank.de.

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