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Echte Kämpfertypen – Teil 2

Echte Kämpfertypen – Teil 2

handwerk.com portraitiert Unternehmer, die in aller Offenheit über ihren Überlebenskampf sprechen. Teil 2: Ein Handwerksmeister bangt um seinen guten Ruf.

Andreas Thielemann hat viel verloren. Seinen Betrieb und schlimmer noch: Meine Familie ist kaputt gegangen, blickt der 40-jährige Sauerländer auf die Zeit zurück, als die Insolvenz seines ersten Unternehmens immer näher kam. Warum der Niedergang der Tischlerei? Ich habe mich damals überschätzt. Der Vorbesitzer hat nicht die Wahrheit über seinen Betrieb gesagt. Und die Bank hat mich ins Messer laufen lassen.

Dass Thielemann letztlich als Unternehmer überlebt hat, liegt vor allem daran: Er hat seine Lektion gelernt. Fünf Jahre ist der verhängnisvolle Sprung in die Selbstständigkeit her. Der Wert des Fensterbau-Betriebs war viel zu hoch taxiert, erzählt er. Die Übernahme klappt nur, weil ihm die KfW-Bank ein Existenzgründer-Darlehen gewährt.

Doch von dem Geld sieht er wenig. Die Hausbank hat den größten Teil für eine Kreditversicherung verwendet, ärgert sich Thielemann noch heute. Niemand hat mir das gesagt. Weder der Banker noch der Gründungsberater noch der Notar.

Hoher Forderungsausfall

Schon bald hat der Jungunternehmer einen hohen Forderungsausfall. Die Banker besuchen ihn daheim. Während meine Kinder neben mir spielten, haben die mir ins Gesicht gesagt, dass ich dichtmachen kann, wenn ich nicht binnen zwei Wochen den Kredit zurückzahle.

Mit aller Kraft wehrt sich der Tischlermeister gegen die Resignation. Und es gelingt ihm ein geordneter Rückzug. Er zahlt seine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge weiter, mit dem Insolvenzverwalter kooperiert er so gut wie möglich. Ergebnis: Im Sommer habe ich die erste Hälfte meiner Restschuldbefreiung erreicht.

Stigma des Scheiterns

Unverändert schwer wiegt etwas anderes. Das Stigma des Scheiterns. Dieses Mal trägt er als Unternehmer und als Privatmann. In dem Dorf, in dem ich früher gearbeitet habe, sagen sie, ich hätte nicht nur die Firma ruiniert, sondern auch die Familie im Stich gelassen. Alles, was er tun kann: Ich kämpfe mit meiner Arbeit um meinen Ruf.

Den Kampf führt Thielemann von Detmold aus. Als Ich-AGler teilt er sich dort eine Werkstatt mit drei anderen Tischlermeistern. Die Aufträge kommen schleppend, sagt er. Wir leben von der Hand in den Mund. Doch er ist zuversichtlich, dass er es diesmal packt. Warum? Ich bin Meister, und ich setze auf Qualität. Zudem hat er jetzt die Chance, in überschaubaren Verhältnissen das zu lernen, was er vor einigen Jahren schon hätte beherrschen müssen: Buchführung, Kostenrechnung, Qualitäts- und Zeitmanagement.

Sein Ziel: Ich will einen Betrieb mit zwei Gesellen und einem Azubi aufbauen. Die Ich-AG-Förderung kriegt er noch zwei Jahre. Dann muss er es alleine schaffen. Und wenn es eng wird? Achselzucken. Ich bin Unternehmer.

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