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Wenn nicht jetzt, wann dann?

Endlich rauf mit den Preisen

Haben Sie Ihre Preise erhöht? Nein? Das darf doch nicht wahr sein.

Die Auftragslage ist der Wahnsinn, die Betriebe verdienen richtig gut. So könnte es sein. Schließlich ist das Zinsniveau im Keller, bevor die Leute ihr Geld zur Bank tragen, geben sie es lieber aus. Müsste der Umkehrschluss aus der Perspektive eines Chefs nicht lauten: Jetzt kann ich endlich auskömmliche Preise verlangen, jetzt muss ich endlich nicht mehr in den Kampfpreismodus. Aber wie viele Betriebe haben tatsächlich ihre Stundensätze erhöht? „Das sind die Wenigsten. Es gibt immer noch reichlich Betriebsinhaber, die weniger verdienen als ihr bestbezahlter Geselle“, sagt der Malermeister und Unternehmercoach Klaus Steinseifer. Und die Betriebe, die auch im Jahre 2016 eher recht als schlecht vor sich hin dümpeln, müssten sich eine Frage gefallen lassen: „Habt Ihr noch nicht gemerkt, dass sich die Zeiten verändert haben?“

Angemessen und vernünftig

Zu den Unternehmern, die den Wandel registriert haben, gehört Uwe Jeckstadt. Er ist Malermeister in Lamspringe, einem Ort im südlichen Niedersachsen. Jeckstadt bezeichnet sich selbst als „eine Art Dorfmaler“. Er beschäftigt 13 Mitarbeiter, seine Klientel besteht zu 95 Prozent aus Privatkunden. Ja, die Preistendenz zeige nach oben, sagt Jeckstadt: „Das heißt aber noch lange nicht, dass wir uns dumm und dämlich verdienen. Die Stundensätze haben im Handwerk jahrelang deutlich unter einem Niveau gelegen, das gesund war.“

Gesunde Stundensätze. Was bedeutet das aus Jeckstadts Sicht? „Genug verdienen, um die Firma in Schuss zu halten. Investieren, in die Zukunft sehen – und einem tollen Mitarbeiter auch mal einen Euro mehr zahlen.“ Die Betriebe in seinem Umfeld im ländlichen Raum hätten in den zurückliegenden Jahren „permanent 20 Prozent zu wenig verdient“. Von der Innung habe es in der Vergangenheit immer wieder Tipps für die Stundenkalkulation gegeben. Der Handwerksunternehmer fasst sie so zusammen: „Lieber Handwerker, wenn Du nicht ganz dumm bist, solltest Du 48,50 Euro beim Kunden abrechnen.“ Die Realität sah anders aus. Der mittlere Satz habe jahrelang nicht die 40 Euro-Grenze überschritten, erinnert sich Jeckstadt. Jetzt würden sich nach und nach Stundensätze durchsetzen, die „angemessen und vernünftig“ seien.

Kein Controlling, keine Planung

Dabei gibt es ein grundlegendes Problem, sagt Steinseifer: „Ich behaupte, dass 90 Prozent aller Betriebsinhaber ihren Deckungsbeitrag nicht kennen – und sie kennen auch kein Controlling oder eine Budgetplanung.“ Der folgende Dialog würde sich in seinen Seminaren wiederholen.

Steinseifer: „Auf welcher Basis kalkulierst Du?“
Betriebsinhaber: „Marktbasis.“
Steinseifer: „Du weißt also nicht, ob Du mit den 45 Euro, die Du hier ansetzt, überhaupt klarkommst? “
Betriebsinhaber: „Nicht genau, nein.“
Steinseifer: „Hast Du Deinen Steuerberater gefragt?“
Betriebsinhaber: „Der sagt, ich muss mich sowieso nach dem Markt richten.“

Aber was ist, wenn ein Betrieb einen Deckungsbeitrag von 65 Euro hat? Den wird er ja am Markt kaum durchsetzen können. Richtig, sagt Steinseifer, aber sobald ein Chef einen genauen Wert ermittelt habe, könne er überlegen, aus welchen Gründen sein Deckungsbeitrag so hoch ist. „Vielleicht stellt er fest, dass er die Zahl seiner Mitarbeiter von 10 auf 6 Leute senken muss. Vielleicht entdeckt er überflüssige Kostentreiber. Stellschrauben gibt es reichlich.“ Und wenn die Marktlage derzeit auch rosig sei, dürfe man eines nicht vergessen: „Es wird sie wieder geben, die Zeiten, in denen ein Handwerksmeister froh sein darf, wenn ein Kunde bei ihm anklopft.“ Wer im Jahre 2016 keine „auskömmlichen Preise“ verlange, sollte sich die folgende Frage ausdrucken und neben die Tastatur seines Bürorechners legen: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“

(sfk)

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