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Probezeit: Kündigung trotz Arbeitsunfall

Finger ab - Job weg

Ein Mitarbeiter gerät in eine Metallschere und verliert vier Finger. Damit nicht genug: Kurz vor Ende der Probezeit verliert er auch noch seinen Job. Völlig zu recht, hat ein Arbeitsgericht entschieden.

Klare Entscheidung des Arbeitsgerichts Solingen: In der Probezeit ist die Kündigung auch nach einem schweren Arbeitsunfall problemlos möglich. Solange die Probezeit läuft, muss der Arbeitgeber die Kündigung nicht begründen.

Der Fall: Ein Mechaniker hatte durch einen Unfall mit einer Metallschere vier Finger verloren. Drei Finger wurden erfolgreich reimplantiert. Der Unfall passierte knapp zwei Monate nach der Einstellung des Mechanikers. Fast drei weitere Monate ließ sich indes der Arbeitgeber Zeit, bis er die Kündigung aussprach — allerdings noch fristgerecht in der Probezeit.

Der Arbeitnehmer klagte. Sein Vorwurf: Solange nicht geklärt sei, wer am Arbeitsunfall schuld sei, käme eine Probezeitkündigung nicht in Betracht. Er behauptete, er habe kurz vor dem Aktivieren der Schneidemaschine noch den Auftrag erhalten, die Transportrollen zu überprüfen. Der Arbeitgeber behauptete hingegen, der Kläger habe die Maschine zusammen mit zwei Kollegen aktiviert und dann ohne jede Veranlassung in die bereits aktivierte Maschine gegriffen. Er habe sich bereits vor dem Arbeitsunfall als nicht „teamfähig“ erwiesen, weil er sich nicht verlässlich an Sicherheitsvorkehrungen gehalten habe. Es sei deshalb zweimal zu unfallgefährlichen Situationen gekommen.

Das Gericht: Keine Begründung erfoderlich
Das Arbeitsgericht Solingen wies die Klage ab. Die Kündigung sei weder sittenwidrig noch treuwidrig. Ein sachwidriges oder willkürliches Motiv des Unternehmens habe der Kläger nicht darlegen können. Er habe nicht widerlegen können, dass der Arbeitgeber bereits vor dem Arbeitsunfall aufgrund der fehlenden Teamfähigkeit zur Kündigung entschlossen war und ihn nach dem Arbeitsunfall zunächst mit der Kündigung verschonen wollte. Auch eine soziale Begründung sei nicht erforderlich, weil die sechsmonatige Probezeit noch nicht abgelaufen war. (Urteil vom 10. Mai 2012, Az. 2 Ca 198/12)

Der Arbeitnehmer ging gegen das Urteil vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf zwar in Berufung, zog die Klage jedoch zurück, nachdem das Gericht eine ähnliche Sicht wie die Vorinstanz signalisiert hatte.


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(jw)

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