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Finks Federn

Stefan Fink ist ein Perfektionist. Mit Herz und Hingabe fertigt er edle Schreibgeräte. Aber nur in begrenzter Stückzahl.

Von Martina Jahn

Foto: Othmar Berndt

Ein bis zwei Jahre sind normal. Manchmal werden es auch drei bis fünf. Wer einen Füllhalter bei Stefan Fink bestellt, muss Geduld mitbringen. Denn der Hamburger Drechsler arbeitet mit Ruhe und Gelassenheit. Finks hölzerne Schreibgeräte sind Kunstwerke. Und Unikate.

Bei 150 im Jahr ist Schluss, sagt Fink. Mehr Füller fertigt er nicht. Denn sie sollen kein Einheitsbrei werden. Und er möchte sich den Reiz an der Arbeit erhalten. Ich mache nur das, was mir Spaß macht.

Fink hat sich lange mit dem Thema Schreiben beschäftigt. Er selbst schreibt gerne. Begonnen hat er damit, alte Schreibgeräte auseinanderzuschrauben. Er hat die Funktionsweise erkundet und die Mechanik weiterentwickelt. Besonderen Wert legt der Designer auf die Auswahl der Holzarten. Er arbeitet vorwiegend mit alten feinen Hölzern wie Grenadill, Buchsbaum, Palisander oder Rosenholz. Das Material kauft er bei ausgewählten Händlern ein. In der Branche kennen die mich. Hat einer was auf Lager, erfahre ich es gleich.

In seiner Werkstatt im Hamburger Stadtteil St. Georg dringt viel Licht durch die riesige Fensterfront. Der Raum erinnert an eine Halle. An den Wänden stehen Regale. Holz stapelt sich: Helle kurz geschnittene Leisten, runde oder eckige dunkle Hölzer. Bretter stehen in der Ecke. Manche haben noch Rinde an den Rändern. Vor der Fensterfront stehen zwei Werkbänke. Eine kurze und eine lange. In Augenhöhe hat Fink sein Werkzeug aufgereiht: Meißel an Meißel, der Größe nach. Manche hängen in Lederschlaufen, andere in hölzernen Klemmen.

"Ich mache mein eigenes Ding"

An der Säge bringt Fink eckige Buchsbaumstücke mit einem Durchmesser von etwa zwei Zentimetern auf ihre Länge. Das Rattern übertönt seine Stimme. Mit dem Bohrer versieht er jedes Stück Holz mit einem Loch in der Mitte. Späne rieseln herunter. Dann inspiziert Fink sein Werk: Ist das Loch genau mittig, ist er zufrieden und greift zum Nächsten. Auf einem Regal unter dem Fenster liegen schon viele Rohlinge, wie er sie nennt. Jeder hat eine andere Farbe und eine individuelle Maserung. Als er die Stücke auf den Stapel legt, klingt es, als wenn man mit einem Klöppel auf hohles Holz schlägt. Die ruhenden Rohlinge liegen hier schon zwei, manche sogar drei Jahre. Die Hölzer, die er dazulegt, müssen noch ein weiteres Jahr trocknen. Wie eine Klarinette oder eine Oboe, sagt Fink.

Das Handwerk vergleicht er mit einem Orchester. Der Kunde ist der Dirigent. Gibt den Takt an. Er selbst sieht sich als Solist. Ich mache mein eigenes Ding. Fink sieht sich aber auch als Komponist: Er entwirft neue Produkte, entwickelt seine Ideen weiter. Er liebt seinen Beruf und seine Freiheiten.

Dem Holz gibt er so lange Zeit zum Lagern, weil es sonst rissig werden kann. Extremer Hitze und Temperaturschwankungen muss es standhalten. Der Kunsthandwerker verschickt seine Füller in die ganze Welt ein Drittel nach Japan. Die Japaner nehmen sich Zeit zum Schreiben. Dort hat das Handwerk einen anderen Stellenwert als hier. Die Handwerker werden respektiert, sie sind hoch gebildet und stolz, sagt er.

Fink ärgert, dass Handwerksleistungen in Deutschland nicht ausreichend gewürdigt werden. Er hat einen hohen Anspruch an sein Handwerk. Und er lässt keinen Zweifel an seiner handwerklichen Brillanz. Ein guter Handwerker braucht mindestens 15 Jahre Erfahrung, fügt der 50-Jährige hinzu.

Von Albatrossen und Nachtigallen

Finks größte Quelle der Inspiration ist die Natur. Nichts ist überraschender. Seinen Füllern gibt er Vogelnamen auch deshalb, weil er selbst nach einem Vogel benannt ist. Doch wie sehen Finks Federn aus? Der Albatros ist zwischen Kappe und Schaft am schmalsten. Von der Mitte an wölbt sich das Holz und geht an den Enden wieder zusammen. Beide Teile sehen aus wie kleine Spindeln. Die Nachtigall ist in der Grundform schmaler, geradezu grazil. Die Enden sind abgerundet.

Den vorerst letzten Schliff verleiht der Drechsler den Füllern mit feinem Schleifpapier. Fink arbeitet Freihand, spannt das Holz fest ein. Vor Vollendung taucht er die Füller zehnmal hintereinander in Öl. Danach härten sie aus. Wenn sie getrocknet sind, werden die Schreibgeräte mit speziellem Wachs poliert. Erst dann sind die Schreiber verkaufs- oder versandfertig. Und was kostet ein Finksches Kunstwerk? Mindestens soviel wie ein hochwertiges Notebook.

www.stefanfink.de

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