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Betriebsporträt

Fliesen leasen?

Ein Firmenwagen lässt sich leasen, ein Handy wird über die Gebühren abbezahlt. Warum bietet das Handwerk nicht solche Finanzdienstleistungen? Das fragt sich Elektromeister Erhard Tangemann aus Bremen. Gemeinsam mit anderen Firmeninhabern will er den Kunden durch moderne Finanzierungsmöglichkeiten die Handwerkerleistung wieder schmackhaft machen.

In Eigenregie hat Tangemann bereits Leasing angeboten. "Die Kunden haben mit Erleichterung reagiert", sagt er. So hat er ein Altenheim mit einer Satellitenanlage für die Bewohner versorgt. Vier Euro monatlich zahle jeder Bewohner nun für den Empfang von 30 Fernsehkanälen, die Anschaffungskosten für das Altenheim seien beträchtlich gesunken.

Keine Skepsis gegenüber dem Handwerk

Das Geld für den Auftrag hat Tangemann von der Leasinggesellschaft erhalten, die nun die monatlichen Raten mit den Bewohnern abwickelt. Aufgeschlossen hätte die Leasinggesellschaft auf seine Anfrage reagiert. "Die interessieren sich nur für die Kunden, die man ihnen vermittelt", sagt der Handwerksmeister.

Diesen Weg möchte Tangemann ausbauen. Daher hat er mit einem Klimatechniker, einem Schlosser, einem Bauunternehmer und einem weiteren Elektromeister eine Kooperation geschlossen. Sie beauftragten Dr. Dieter Sudbrink, Wege zu entwickeln, wie Handwerker ihren Kunden moderne Finanzierungsformen anbieten können. Der promovierte Geograph Sudbrink hat sich mit seiner Firma Pro-System auf Gutachten, Systemlösungen und Projektentwicklung spezialisiert. Seit einem Jahr existiert die Firma und arbeitet mit vielen Partnern aus dem Handwerk zusammen.

Wege finden

Sudbrink prüft nun, welche Leistungen der Handwerker geeignet sind für Leasing, Mietkauf, Contracting oder andere Finanzierungsmöglichkeiten. Dafür muss er die Anknüpfungspunkte zwischen den Gewerken herausarbeiten, Finanzierungspartner finden und in den Handwerksbetrieben die Vertriebsmitarbeiter informieren, damit diese die Kunden mit den richtigen Argumenten ködern können.

Ziel ist es, Leistungen zu bündeln und obendrein dieses Bündel durch neuartige Finanzierungsmöglichkeiten für Kunden zusätzlich attraktiv zu machen. Dieses Bündel kann dem Kunden dann als Lösung aus einer Hand angeboten werden. Angebotsabgabe und Rechungsstellung erfolgt ebenfalls über einen einzelnen Handwerker, mit dem der Kunde beispielweise einen Leasing-Vertrag abschließt. Wie bei Kooperationen üblich, regeln Verträge zwischen den Handwerkern die Gewinnverteilung.

Sudbrink kennt die Handwerker aus anderen Projekten. Zusammen haben sie flächeneffiziente Büroimmobilien entworfen: Energieversorgung, Raumaufteilung, Beleuchtung und weitere Ausstattungsmerkmale haben sie auf flexible und dauerhafte Nutzung optimiert. In solch einer Gemeinschaftsleistung sei es dann auch möglich, dass der Schlosser beispielsweise den Lohn für ein Geländer über den Leasing-Vertrag für das Gesamtpaket erhält, was allein betrachtet unmöglich wäre.

Nach Sudbrinks Angaben ist der Clou an der Idee, dass die Finanzierung nicht einfach draufgesattelt wird. Vielmehr wollen die Handwerker durch ihr Fachwissen nachhaltige Kostenvorteile bereits in die Planung einbringen. So sei bei Bauaufträgen vielfach ein Budget vorgegeben. "Die Frage ist: Was passt da rein?", sagt Sudbrink. Durch kleine Schritte wollen sie Kosten für die Investoren einsparen. Für die Abwicklung greifen die Handwerker auf Finanzdienstleister zurück. "Das Handwerk wäre verrückt, wenn es auch noch Bank spielen würde", sagt Sudbrink.

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