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Pächter

"Für uns war es ein sauberer Schnitt"

Pro und Contra zu Kamps: In Niedersachsen haben Handwerker auch gute Erfahrungen mit dem Konzern gemacht.

Knebelverträge bei Kamps!" so geistert es seit einigen Monaten immer wieder durch die Presse. Berichtet wird von Pächtern, die sich ausgebeutet und gegängelt fühlen. Einzelne sehen sich sogar in den Ruin getrieben. Zu den Betroffenen gehört auch Rosemarie Leimert, für einige Zeit Leiterin einer Hamburger "Nur Hier"-Filiale. Die ehemalige Verkäuferin machte sich mit der zu Kamps gehörenden Filiale "erstmalig in meinem Leben geschäftlich selbstständig", wie sie berichtet. Doch da sich die "Nur Hier" GmbH nicht an einmal gegebene Zusagen gehalten habe, so Leimert, rutschte sie "immer tiefer in die roten Zahlen". Bis sie die Verkaufsstelle verschuldet wieder abgab.

Pächter oder Franchise-Nehmer?

Rosemarie Leimert und weitere 49 ehemalige Kamps-Pächter lassen ihre Interessen nun vom Hamburger Verein für Treu und Glauben im Wirtschaftsleben, Pro Honore, vertreten. Sie kritisieren Angaben von Pro-Honore unter anderem, dass Kamps rein formal mit einem Pachtsystem arbeite, faktisch jedoch ein Franchise-System aufbaue. Dagegen sei nichts einzuwenden. Allerdings würden die unternehmerischen Freiheiten der Partner dermaßen eingeschränkt, dass von Selbstständigkeit keine Rede mehr sein könne. Zudem akquiriere Kamps gezielt unerfahrene Pächter; es werde aktiv damit geworben, dass zum Betrieb einer Filiale keine Vorkenntnisse notwendig seien.

"Erstmals selbstständig"

Ganz andere Erfahrungen hat Renate Suda mit Kamps gemacht. Die gelernte Bäckereifachverkäuferin und Betriebswirtin des Handwerks hatte im September 1999 von Kamps die 17 "Nur Hier"-Läden rund um Soltau und Uelzen durch Management-Buy-Out übernommen gemeinsam mit dem Bäckermeister Hans-Georg Eisermann.

Beide verdankten Kamps viel an Management- Know-how, sagt Suda, das ihnen noch immer zugute komme. Überhaupt könnten sie sich nicht über Kamps beschweren. "Für uns war es ein sauberer Schnitt", sagt die 39-Jährige. Sie führt viel von dem um Kamps entbrannten Ärger darauf zurück, dass einige der Pächter als Fachfremde mit den anfallenden Management-Aufgaben überfordert gewesen seien: "Vielfach wussten die frischgebackenen Selbstständigen nicht, auf was sie sich da einlassen."

Kamps Konzept "passt nicht in ein Flächenland"

Zwar ist auch sie der Meinung, dass sich auch Kamps nicht immer richtig verhalten habe. Im Gegensatz zu vielen anderen Pächtern kennt sie den Konzernchef persönlich: "Er ist eben kein Landtyp." Entsprechend vernachlässigt habe Kamps die ländlichen Filialen. So hat es sie auch nicht überrascht, dass er sich vor einem Jahr wieder von den Verkaufsstellen in der Heide und in Mecklenburg-Vorpommern getrennt hat. "Sein Konzerngefüge paßt nicht in ein Flächenland", ist sie überzeugt. "Die Kamps-Strategie ist auf die Kundenstruktur der Großstädte ausgerichtet." Es sei eben kein Zufall, dass der Bäcker-Millionär ausgerechnet in den Ballungszentren am erfolgreichsten mit seinen Filialen vertreten ist. "Bei dem dortigen hohen Aufkommen an Laufkundschaft kann man viel leichter etwas Neues ausprobieren und flexibel auf Kundenwünsche reagieren," erklärt Suda. "Da hat man schnell die Kosten wieder drin." In ländlichen Gebieten hingegen "wollen die Stammkunden ihren Bienenstich eben immer genau so haben wie sie ihn kennen."

Mit neuer Strategie und weniger Filialen

So mussten Suda und Eisermann nach der Übernahme der Filialen die Verkaufsstrategie gründlich ändern, um die Bäckerläden wieder in Schwung zu bringen. Zunächst benannten sie die Kette nach dem Hauptsitz der Firma, dem kleinen Ort Wriedel bei Uelzen, in "Mein Wriedeler Bäcker" um. "Damit wollten wir schon im Namen den ländlichen Bezug wieder herstellen." Dass sie den Betrieb auf 13 Filialen verschlankt haben, will Renate Suda angesichts des momentanen Rummels um Kamps nicht an die große Glocke hängen: "Wenn man ehemalige Kamps-Filialen schließt," meint sie, "heißt es gleich, das sei eben ein Pleitebetrieb."

Ein gutes Jahr nach der Übernahme geht es jetzt mit dem Umsatz des Gesamtbetriebes langsam wieder aufwärts. "Es ist zwar schwer," meint Suda, "aber das wussten wir ja vorher. Trotzdem: Wir können uns keine bessere Alternative vorstellen."

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