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Grenzenlose Möglichkeiten

Grenzenlose Möglichkeiten

Wie können Risiken der EU-Erweiterung in Chancen für kleine und mittlere Betriebe umgewandelt werden? Im Gespräche mit handwerk.com schildern Praktiker ihre Erfahrungen mit der polnischen Wirtschaft.

Wir haben den Einstieg in den polnischen Markt gewagt, weil wir für die EU-Osterweiterung gewappnet sein wollen, erläutert Andreas Kreis, Geschäftsführer der Gubiner Fensterwerke". Die GmbH haben deutsche und polnische Unternehmer im vergangenen Jahr gemeinsam gegründet. Noch produziere das junge Unternehmen nur Fenster für Privatkunden. Dennoch ist Kreis optimistisch. Die Begründung: Nach der EU-Erweiterung werde sich die Auftragslage in Polen ähnlich entwickeln wie in Ostdeutschland nach der Wende. Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen dürften für reichlich Arbeit in der Bauwirtschaft sorgen.

Und was rät der Chef von derzeit vier Mitarbeitern deutschen Unternehmern, die in den Beitrittsländern aktiv werden möchten? Die Geschäftsführer müssen stets vor Ort sein, die Landesprache beherrschen und die Mentaltität kennen, empfiehlt der gebürtige Brandenburger. Gefeit sein müssten sie zudem gegen die Machenschaften der Behörden. Die Finanz- und Arbeitsamter kontrollieren uns wesentlich härter als die alteingesessenen polnischen Nachbarbetriebe, berichtet Kreis. Und die derzeit herrschenden Zustände mit dem Grenzverkehr seien eine Geschichte für sich.

Es gibt nach wie vor kein Rechtshilfeabkommen

Noch müssen Unternehmen, die sich auf dem polnischen Markt tummeln wollen, mit juristischen Hemmnissen rechnen. Ein Beispiel: Deutsche Unternehmer bekommen Probleme, weil sie als Geschäftsführer in Polen fungieren. Kreis erfährt das gerade am eigenen Leib. Es gibt nach wie vor kein Rechtshilfeabkommen mit Polen. Das wirft enorme Probleme für die deutschen Gründungs- und Kooperationswilligen auf, bestätigt Jürgen Watzlaw, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Frankfurt/Oder.

Kreis wird jetzt unter der Regie von Dr. Karla Kosa juristisch beraten. Die Leiterin des Kammerressorts Außenwirtschaft hat die Gubiner Fensterwerke von Anfang begleitet genau wie zahlreiche andere Gründungen und Kooperationen deutscher Handwerksfirmen in Polen. Ihr Ressort werde stark frequentiert, sagt Kosa. Zur Beratung kämen auch viele eigenkapitalschwache Unternehmen, die in erster Linie einen Rettungsanker suchen oder auf Fördermittel hoffen würden. Kosas Rat: Nur stabile Unternehmen sind außenwirtschaftlichen Aktivitäten gewachsen.

Gerade mit Blick auf die schlechte wirtschaftliche Lage einzelner Regionen und Branchen seien die Übergangsfristen bei der Dienstleistungsfreiheit und der Arbeitnehmerfreizügigkeit sehr wichtig. Das noch vorhandene Lohngefälle und die unterschiedlichen Steuer- und Sozialregelungen werden bei sofortigerDienstleistungsfreiheit enorme Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen mit sich bringen, stellt Kosa klar.

Dass sich die Löhne im Zuge der Übergangsfristen angleichen werden, hofft auch Agnieszeka Schröder, Kosas Kollegin bei der Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern: Dann werden die Arbeitskräfte in den Beitrittsländern bleiben.

Und aus Risiken könnten vielleicht doch Chancen werden.

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