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Webauftritt

"Großes Potenzial für kleine Betriebe"

Das Internet eröffnet gerade auch Handwerksbetrieben neuen Erfolg durch E-Business und webbasierte Dienstleistungen. Wir sprachen mit dem Marketingexperten Prof. Dr. Burkhard G. Busch von der Steinbeis-Hochschule-Berlin.

Das Internet eröffnet gerade auch Handwerksbetrieben neuen Erfolg durch E-Business und webbasierte Dienstleistungen. handwerk.com sprach mit dem Marketingexperten Prof. Dr. Burkhard G. Busch von der Steinbeis-Hochschule-Berlin.

Als Vertriebsschiene und Vehikel für innovative Dienstleistungen kann das Internet den Unternehmen neue Wege ebnen. Lohnt es sich auch für kleinere Betriebe, auf diesen Zug aufzuspringen?

Burkhard G. Busch: Ja, auch für kleinere Betriebe gibt es da ein großes Potenzial, das viele aber noch gar nicht sehen. Viele Handwerksbetriebe hinken, vorsichtig ausgedrückt, ein wenig hinterher, wenn es um den Internetauftritt geht. Sie sind zwar einerseits bereit, viel Geld für einen neuen Internetauftritt auszugeben, andererseits dient dann die teuer eingekaufte, eigene Homepage allerdings vor allem der Imagepflege und weniger dem konkreten Ziel, tatsächlich neue Geschäftsfelder zu erschließen.

Die ganz Großen im Handel und in der Industrie machen uns vor, wie man Produkte über das Netz in alle Welt erfolgreich verkauft. Die Handwerkerschaft müsste das Rad ja gar nicht neu erfinden sie müsste halt Augen und Ohren aufmachen gute Ideen darf man auch mal klauen. Und mit dem Internet kann man Geld verdienen besonders als Handwerker.

Was kann ein Handwerksbetrieb aus den E-Business-Strategien der Großen in Handel und Industrie lernen?

Busch: Erster und wichtigster Lernerfolg: Dass der Betrieb seinen Absatzradius mit Hilfe des Internets ganz erheblich ausdehnen kann. Das Web ist ein Teleportationsmittel. Es birgt die Chance, sehr spezielle Produkte für sehr eng eingegrenzte Kundengruppen zu vermarkten. Ich kenne zum Beispiel einen mittleren Möbeltischlereibetrieb am Bodensee, der ausschließlich edles Rosenholz verarbeitet. Über seine Website verkauft er diese Edel-Möbel nach Saudi-Arabien, wo Rosenholz ganz besonders beliebt ist mit großem Erfolg. Dass die Website in arabisch läuft, ist nur logisch.

Oder der Steinmetzmeister aus Niedersachsen, der exklusiv in den USA über das Netz eine ganz exotische Dienstleistung bereitstellt: Er pflegt die Gräber der verstorbenen Verwandten in Deutschland und aufgrund der erheblichen Resonanz inzwischen auch in weiteren europäischen Ländern. Wenn die Grabpflege erledigt ist, die Blümchen gepflanzt sind, der Grabstein glänzt, dann wird dem US-Kunden ein 30 Sekunden Mini-Filmchen von Omas Grab via Internet geliefert.

Trotz solcher Erfolgsmeldungen sind Handwerker wesentlich in den regionalen Märkten aktiv. Welche Möglichkeiten bietet das Internet hier?

Busch: Die Chance liegt aus meiner Sicht vor allem darin, über das Netz Beziehungsmarketing zu machen. Der Handwerksunternehmer kann sein Produkt- und Dienstleistungsprogramm mit webbasierten Zusatzleistungen anreichern. Das können zum Beispiel im SHK- oder Küchenbereich interaktive Module zur virtuellen Planung von Bädern oder Küchen sein, mit deren Hilfe der Kunde seinen Bedarf konkretisieren und die Preise vorkalkulieren kann. Dabei besteht allerdings immer die Gefahr, dass der Kunde vielleicht überfordert ist, beispielsweise wenn er sich erst einmal durch 22 Badausstellungs-Seiten klicken müsste, um dann selbst eine Anfrage erstellen zu können.

Voraussetzung ist auch hier ein Alleinstellungsmerkmal. Der Handwerker muss eine Strategie finden, die sich eindeutig vom Preis ablöst, damit die Besucher seiner Online-Badausstellung nicht hinterher doch lieber zu Obi amp; Co gehen und dort kaufen. Zu den Niedrigpreisanbietern in direkte Konkurrenz zu treten, macht wirklich keinen Sinn. Die Aldi-Strategie taugt für Aldi nicht aber für das Handwerk. Erfolgversprechend ist die Strategie, nicht-standardisierte, sehr individuell zugeschnittene Leistungen für kaufkräftige, preisresistente, qualitätsorientierte Zielgruppen anzubieten. Da liegt die große Zukunftschance des Handwerks.

Das Interview führte Astrid Funck.

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