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Hier rockt der Chef noch selbst

Michael Lewandowski hat zwei Leidenschaften: seinen Beruf und die Musik. In seinem Betrieb bringt der Friseurmeister beides zusammen.

Von Jörg Wiebking

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Freitagabend im Haarmäleon. Die Lichtanlage wirft abwechselnd blaue und gelbe Strahlen auf die Straße. Mit dem Rücken zum Schaufenster steht ein Mann am Mikro und singt etwas von den Red Hot Chili Peppers. Its hard to believe and Im all alone heißt es da an einer Stelle. Der Sänger heißt Michael Lewandowski und ist hier der Chef. Dass er alleine ist, muss man nicht wörtlich nehmen sein Team ist nicht weg, es ist einfach beschäftigt. Waschen, Schneiden, Stylen. Cocktails mixen. Denn wenn der Friseurmeister singt, herrscht in seinem Salon noch um Mitternacht Hochbetrieb.

Lewandowski ist 28. Friseur wollte ich schon mit 14 werden, berichtet er. Sein erstes Schulpraktikum war gleich ein Treffer. Der Meister hat mir viel gezeigt und mich auch selbst ausprobieren lassen. Das hat mich einfach fasziniert. So sehr, dass er vor zwei Jahren das Haarmäleon eröffnete. Lewandowskis zweite Leidenschaft ist die Musik: Rock und Pop. Ein bisschen sieht er auch so aus mit Ohrring, Piercing und Tattoo. Die Musik ist mehr als ein Hobby. Ich habe auch eine Gesangsausbildung. Mit seiner Band spielt er Coverversionen von Nena bis Metallica auf Partys und Stadtfesten. Oder in seinem Betrieb.

Karaoke, Sekt und ein neuer Schnitt

Die Events an jedem ersten Freitag im Haarmäleon sind ein Zugpferd. Mal tritt Lewandowski selbst auf, mal legt ein DJ auf. Am besten kommen die Karaoke-Abende an, darauf werde ich oft angesprochen. Ein Glas Sekt, ein neuer Schnitt und dann ans Mikro das lockt Kunden an. Beim Show-Schneiden in Bars und Discos ist der Gründer ebenfalls dabei, auch überregional. Denn Lewandowski will als Friseur ernst genommen werden, nicht nur als Show-Talent. Das ist wichtig für den Ruf in der Branche.

Die Auftritte in Oldenburg hingegen sollen vor allem neue Kunden anziehen. Die sind überwiegend jünger, aber nicht nur. Meine Zielgruppe liegt zwischen 20 und 60, berichtet der Friseur. Es sind auch nicht nur Nachtschwärmer, die es zu Lewandowski zieht. Eine ältere Dame, die schon über 70 ist, kommt regelmäßig zu uns. Die hat beim ersten Besuch ganz besorgt gefragt, ob das Piercing auch nicht wehtut. Und an manchen Nachmittagen klettern die Vier- und Fünfjährigen auf die Lederstühle, um sich stylen zu lassen oder einen Iro zu bekommen, auf den später im Kindergarten alle anderen ganz furchtbar neidisch sind. Das Konzept kommt an. Leerlauf gibt es nicht, wir haben sogar im Januar gut zu tun, obwohl das klassisch ein ruhiger Monat ist.

"Es macht Spaß, hier zu arbeiten"

Den Erfolg verdankt der Betrieb nicht den Aktionen, sondern auch der Qualität und der Atmosphäre im Haarmäleon. Auf die Billig-Schiene wollte sich der Friseur von Anfang an nicht einlassen. So kann ein Friseur nicht auf Dauer arbeiten. Spaß macht das bestimmt nicht. Spaß sei wichtig auch für seine Mitarbeiter. Denn denen verlangt Lewandowski einiges ab: hohe handwerkliche Qualität, Selbstständigkeit und Einsatzbereitschaft. Bei den Events wird es eben später.

Was sie davon haben, sich so ins Zeug zu legen? Es macht Spaß, hier zu arbeiten, glaubt Lewandowski. Gute Musik und gute Bezahlung, freundliche Kunden. Und es gibt fast keine Regeln, zum Beispiel guckt hier keiner auf die Uhr, wenn jemand mal später kommt. Jeder weiß auch so, was zu tun ist. Ich sehe manchmal in anderen Betrieben, wie lange die Kunden da herumstehen, ohne dass sich jemand um sie kümmert, das hat nichts mit Kundenorientierung zu tun. Im Haarmäleon jedenfalls trauen sich die Gäste selbst dann durch die Tür, wenn sie nicht zum Friseur wollen. Einfach nur auf einen Cocktail und ein paar Takte Musik.

www.haarmaeleon.de

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