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Christine Ax

Individualität statt Masse

Christine Ax, eine der profiliertesten Handwerksforscherinnen im deutschsprachigen Raum, hat ein neues Buch herausgebracht. „Die Könnensgesellschaft“ bezieht klar Position gegen die Massen­­produktion.

von Dr. Sabine Wilp

Die Könnensgesellschaft“ ist das neue Buch von Christine Ax überschrieben, ein Titel, den die Autorin ganz bewusst gewählt hat, um der immer wieder beschworenen wissensbasierten Gesellschaft ein starkes Signal entgegenzusetzen.

In ihrem Buch wendet sich Ax gegen die für die industrielle Produktionsweise so typische, in monotone Einzelschritte zerlegte, sinnentleerte Arbeit und setzt sich entschieden für eine neue Philosophie von Tätigsein ein, bei der Arbeit mehr ist als bloßer Broterwerb. Ihr geht es darum, eine Lanze zu brechen für eine Arbeit, die „gut“ ist und sich wirklich lohnt. Für eine Arbeit, die auf Könnerschaft beruht, auf praktischem Wissen und Erfahrung. Für eine postindustrielle, neoanaloge Form von Arbeit, die nicht entfremdet ist, sondern ihren Sinn in sich selbst findet und Selbstverwirklichung ermöglicht.

Am ehesten sieht Christine Ax diese Form der Arbeit noch im Handwerk verwirklicht. Das mag auf den ersten Blick wie ein Rückfall in vorindustrielle Zeiten und damit allen kritiklos Zukunftsgläubigen höchst verdächtig und höchst altmodisch erscheinen. Aber Ax macht auf überzeugende Weise deutlich, dass die Massenproduktion ein irrsinniges Wirtschaftsprinzip ist, weil ein hoher Prozentsatz der Produkte niemals einen Abnehmer findet und entsorgt werden muss, und dass das Credo vom Wirtschaftswachstum um jeden Preis zunehmend unsere Lebensgrundlagen zerstört.

Sie fordert stattdessen eine Ökonomie der Nähe und ein nachhaltiges Unternehmertum, das individuelle, maßgeschneiderte und regional verankerte Produkte auf den Markt bringt. Und sie führt eine Fülle von Beispielen als Beleg dafür an, dass eine solche Art des Wirtschaftens an vielen Stellen in Europa bereits erfolgreich umgesetzt wird. Für sie steht fest, dass es aus dem ökologischen und sozialen Dilemma, in dem wir uns heute befinden, nur einen Ausweg gibt: „gute Arbeit, gute Produkte und eine nachhaltige Wirtschaft von unten“.

„Die Könnensgesellschaft“ von Christine Ax ist ein kluges Buch, ein gut geschriebenes, für jeden verständliches Buch, ein radikales Buch mit einer deutlichen Vision, das viele Leserinnen und Leser finden sollte.

Christine Ax: „Die Könnensgesellschaft. Mit guter ­Arbeit
aus der Krise.“ Rhombos Verlag ­Berlin, 2009, ­
276 Seiten, 29,80 Euro,
ISBN 978-3-938807-96-5

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