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Ist der Chef erst fit, machen alle mit

Gesundheitsmanagement für die Mitarbeiter? Wer wirklich will, dass sich seine Leute fit halten, muss als Chef mit gutem Beispiel voran gehen. Oder auch joggen.

Tom Nietiedt investiert in die Zukunft seines Unternehmens. Doch nicht nur in Immobilien, Gerüste oder Kompressoren steckt der 43-Jährige derzeit Geld, sondern auch in Aerobic und Enzspannungsübungen, in Nordic Walking oder Akupunktur. "Wir fördern alle Aktivitäten, die der Fitness, der Entspannungsfähigkeit oder der gesunden Ernährung unserer Mitarbeiter dienen", berichtet der geschäftsführende Gesellschafter der Firmengruppe Nietiedt in Wilhelmshaven. Denn von der Gesundheit der fast 300 Mitarbeiter hängt nicht nur der Umsatz heute ab. "Es wird künftig immer schwerer, Facharbeiter zu finden. Darum tun wir alles dafür, unsere Mitarbeiter so lange wie möglich fit und im Betrieb zu halten." Keine leichte Aufgabe in einem Unternehmen, das sich auf Gerüstbau, Malerarbeiten und Oberflächenschutz spezialisiert hat. Darum möchte Nietiedt seine Leute mit einem möglichst breiten Angebot zu eigenen Aktivitäten motivieren. "Wir arbeiten mit den örtlichen Sportvereinen und Krankenkassen zusammen und fördern Kurse mit bis zu 80 Prozent der Kosten." Die Mitarbeiter nehmen das gut an. Als Nietiedt kürzlich das Gesundheitsprogramm an einem "Vital-Tag" vorstellte, kamen rund 260 Mitarbeiter und deren Angehörige auf das Firmengelände, um sich über Rückenschule, Sportabzeichen, Nichtraucherkurse und andere Angebote zu informieren.

Defizite in kleineren Firmen

Das ist nicht selbstverständlich. Vor allem in kleineren Firmen wird noch immer zu wenig für die Gesundheit der Mitarbeiter getan, fand das Deutsche Institut für kleine und mittlere Unternehmen (DIKMU) in einer gemeinsamen Studie mit der Techniker Krankenkasse heraus. Am erfolgreichsten seine Firmen, deren Chefs selbst einen gesunden Lebensstil pflegen. In den meisten anderen Betrieben werde vor allem getan, was gesetzlich vorgeschrieben ist oder wenig koste. Ein gesundheitsbewusstes Verhalten werde zu wenig gefördert.

Chef als Vorbild

Allerdings ist es auch nicht ganz leicht, erfolgreiche Angebote zu schaffen, berichtet der Sportpsychologe und Coach Cord Bitter aus Berlin. "Es reicht nicht aus, etwas anzubieten. Man muss die Mitarbeiter motivieren, davon Gebrauch zu machen." Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. Einen besonderen Stellenwert habe der Vorgesetzte: "Wer seine Mitarbeiter zu einem gesunden Verhalten animieren will, muss ein glaubwürdiges Vorbild sein", rät Bitter. Davon müssen sich unsportliche Chefs allerdings nicht abhalten lassen. Wer bereit sei, an sich selbst zu arbeiten, könne ebenfalls zum überzeugenden Vorbild werden. "Das bietet eine sehr gute Möglichkeit, sich auszutauschen und gegenseitig zu motivieren", sagt Bitter.

Auch Tom Nietiedt lässt nicht nur seine Mitarbeiter schwitzen. Ein paar "Unterlassungssünden als Selbstständiger" sollen für ihn nun der Vergangenheit angehören, er habe sich in den letzten Monaten "auch persönlich für eine Kurswechsel entschieden", berichtet der Unternehmer. Er will seine Ernährung umstellen, Rad fahren und Nordic Walking machen. "Ich will mehr für mich selbst tun", sagt Nietiedt. Ihn haben übrigens seine Mitarbeiter motiviert: Dass bei einer Umfrage im Betrieb viele Kollegen angaben, gerne mehr für ihre eigene Gesundheit tun zu wollen, war für ihn ein Stein des Anstoßes.

So motivieren Sie Ihre Mitarbeiter

Wer die Fitness der Mitarbeiter fördern will, kann dafür viel tun, weiß Sportpsychologe Cord Bitter:

Informieren: Sinnvoll sind alle Angebote, die die Mitarbeiter selbst wollen. Entscheidend ist, dass es ihnen Spaß macht. Dabei ist es egal, ob es sich um Fußball, Laufen oder Radfahren handelt. Darum sollten Sie sich informieren, für was sich Ihre Mitarbeiter begeistern könnten.

Motivieren: Für sportliche Aktivitäten gibt es viele Motive, nicht nur die Gesundheit. Für manche ist die Lust an der Bewegung wichtig, für andere die Aktivität in einer Gruppe, das wachsende Selbstvertrauen oder auch das gute Aussehen. Je mehr Sie über die Motive und die Fitness Ihrer Mitarbeiter wissen, desto leichter können Sie individuelle Angebote entwickeln, die Interesse und Leistungsstand entsprechen.

Austauschen: Optimal ist es, wenn sich Gruppenaktivitäten ergeben, die einen Erfahrungsaustausch ermöglichen und so der wechselseitigen Motivation dienen.

Interessieren:

Vorsicht, Widerstände!

Für den Sport lassen sich noch viel mehr gute Gründe aufzählen. Es reicht jedoch nicht, sich ständig die positiven Aspekte vor Augen zu führen, um das regelmäßige Training durchzuhalten. Mögliche Widerstände und Schwierigkeiten sollten von Anfang an in die Planung einbezogen werden, rät Sportpsychologe Cord Bitter: "Nur wer sich im Voraus auf Hindernisse wie zum Beispiel Hitze, Regen, oder Zeitprobleme einstellt und sich überlegt, wie er trotzdem zu seinem Sportprogramm kommt, hält auf Dauer durch."

So motivieren Sie sich selbst:

Sorgen Sie dafür, dass der Spaß an der körperlichen Bewegung nicht verloren geht.

Gestalten Sie das Training so, dass die Ziele mit so viel Spaß wie möglich erreicht werden.

Werden Sie sich bewusst, welche Bedingungen des Trainings besonders viel Freude bereiten.

Werden Sie sich darüber klar, was Sie an sich selbst oder an Ihrer körperlichen Verfassung verändern wollen, um zufriedener zu sein.

Setzen Sie sich möglichst konkrete, realistische und überprüfbare Ziele.

Informieren Sie sich darüber, wie diese Ziele erreicht werden können.

Sammeln Sie möglichst viel Wissen zu den Themen Körper, Bewegung und Gesundheit.

Überprüfen Sie immer wieder, ob Sie sich Ihren selbst gesteckten Zielen nähern.

Machen Sie sich über schon vorhandene oder mögliche Formen der Unterstützung Gedanken - und wie Sie diese durch Organisation, Absprachen und gezielte Planung realisieren können.

Erkennen Sie Behinderungen und Hindernisse und versuchen Sie, diese durch Umorganisation, Gespräche etc. zu beseitigen.

(jw)

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