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Menschen entschlüsseln: Die dramatische Persönlichkeit

Jauchzend und zu Tode betrübt

Menschen mit Hang zum Drama sehnen sich nach Aufmerksamkeit und fahren ständig Gefühlsachterbahn. Was im Umgang mit Ihnen zu beachten ist, lesen Sie hier.

Sie präsentieren sich gerne vor anderen und viele zieht es auf die Bühne, ins Rampenlicht. „Deshalb sind Menschen mit einem dramatischen Persönlichkeitsstil auch relativ häufig unter Schauspielern oder Fernsehmoderatoren zu finden“, sagt Jens Hoffmann. Er ist Kriminalpsychologe und hat ein Buch darüber geschrieben, wie man verschiedene Persönlichkeitsstile erkennen und diese Erkenntnisse im Alltag für sich nutzen kann – im Umgang mit Kunden, Mitarbeitern oder Verhandlungspartnern zum Beispiel.

Worin zeigt sich eine dramatische Persönlichkeit?
Eine „dramatische Person“, die zu spät zu einem Meeting kommt, wird sich Hoffmann zufolge so auffallend unauffällig in den Raum schleichen, dass sofort alle Augen auf sie gerichtet sind. Und er nennt noch eine weiteres Merkmal des dramatischen Stils: „Diese Personen sind sehr emotional. Dadurch bringen sie viel Energie in einen Raum, sie können sehr lebendig erzählen und verteilen gern Komplimente. Das kann unterhaltsam und anregend sein, aber wenn der Stil sehr stark ausgeprägt ist, gibt es so ein Auf und Ab. Sie sind dann hin- und hergerissen zwischen heller Begeisterung und tiefer Verzeiflung, es gibt schlimme Krisen und ganz große Glücksmomente.“

Auf Seite 2 erfahren Sie, warum sich ein solcher Stil herausbildet und wie Sie damit umgehen.

Warum verhalten sich die „Dramatiker“ so?

Weil sie ein großes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit haben, lautet die Antwort von Hoffmann. Es sei häufig so, dass sie als Kinder um Aufmerksamkeit ringen und dafür einiges in die Waagschale werfen mussten. Sei es, weil sie Geschwister hatten, die ihnen die „Show“ zu stehlen drohten, oder dass ihre Eltern sehr mit sich selbst beschäftigt waren. Auch ihre Gefühlsausbrüche dienen laut Hoffmann dazu, die Aufmerksamkeit der anderen auf sich zu lenken.
„Dramatische Personen wollen geliebt und gemocht werden, während Narzissten eher darauf aus sind, über den anderen zu stehen – wobei es aber auch Persönlichkeiten gibt, die beide Züge haben“, erklärt der Profiling-Experte. „Manche spielen auch mit ihrer Anziehungskraft, mit ihrer Sexualität – sowohl Frauen als auch Männer.“

Was ist im Umgang mit ihnen zu berücksichtigen?
Wichtig ist Jens Hoffmann zufolge, sich von all der Dramatik nicht anstecken zu lassen. Seine Empfehlung: Ruhig bleiben, innerlich eine Grenze ziehen, den anderen nicht durch verbales oder nonverbales Verhalten bestärken und sich nicht auf Konflikte einlassen. Das sei zum Beispiel hilfreich, wenn ein Kunde ständig zwischen Begeisterung und harscher Kritik an den Leistungen des Unternehmens schwankt. „Wenn man da zu sehr einsteigt, provoziert man einen Konflikt, der eigentlich gar nicht nötig ist und die Kundenbeziehung vielleicht wirklich belastet.“

Seite 3: Unterhaltsame Extrembeispiele und ein Podcast zum Thema

Extrembeispiele: Vom Drama zur Hochstapelei

Einige der dramatisch veranlagten Menschen schlüpfen nach Angaben von Hoffmann gern in Verkleidungen, verstellen sich und probieren andere Identitäten aus, die Aufmerksamkeit versprechen. Ein Teil davon nutze diese Neigung dann auch für Betrügereien. Er nennt das Beispiel eines Hochstaplers, der sich unter anderem als US-Major ausgab und es in dieser Rolle schaffte, eine fingierte Nato-Konferenz in Norddeutschland auf die Beine zu stellen. Außerdem fällt ihm dazu der 1842 geborene Schriftsteller Karl May ein, Erfinder von Winnetou und Old Shatterhand: Wegen Betrugs und Hochstapelei landete er mehrmals im Gefängnis. Er trat zum Beispiel als reicher Sohn eines Plantagenbesitzers von der Insel Martinique auf, führte einen falschen Doktortitel und behauptete schließlich sogar, selbst Old Shatterhand zu sein.
(afu)

Podcast:

Dr. Jens Hoffmann ist Kriminalpsychologe und leitet das „Institut Psychologie amp; Bedrohungsmanagement“ (I:P:Bm) in Darmstadt. In seinem Buch „Menschen entschlüsseln“ erklärt er, wie man spezielle Analyse- und Profilingtechniken im Alltag nutzt.

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