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Bevor Sie in Arbeit ersticken

Jetzt den Arbeitsalltag aufräumen

1000 Pflichten. 1000 E-Mails. 1000 Termine. Auch eine Folge voller Auftragsbücher: Viele Chefs ersticken derzeit in Aufgaben. Eine Entrümpelungsaktion könnte hilfreich sein.

Nur ein durchschnittlicher Arbeitstag. Und nur Ihre Kernaufgaben. Wenn Sie aufschreiben würden, was Sie täglich übernehmen und abarbeiten, wie lang würde Ihre persönliche Liste werden?

Der Handwerksunternehmer Bernd Rogalski muss über diese Frage einige Sekunden nachdenken, er atmet tief ein, mit einem Seufzer wieder aus und sagt: "Unheimlich lang." Kein Wunder. Der Kopf der Erdbau Rogalski GmbH im niedersächsischen Gifhorn beschäftigt 31 Mitarbeiter, organisiert derzeit sieben Baustellen parallel, verhandelt mit Banken, telefoniert mit Kunden. Seine Sekretärin steht fragend hinter ihm und ein Wust von Terminen vor ihm. Rogalski ist ein ganz normaler Chef. Oder geht es Ihnen anders?

Überflüssiges entrümpeln: nicht einfach, aber gewinnbringend – lesen Sie Seite 2.

40 Aufgaben gleichzeitig – das schafft keiner

Dass oft eine "hübsche Liste" mit 15 bis 40 Posten dabei herauskommt, wenn Unternehmer über ihre Kernaufgaben nachdenken, berichtet Stefan Merath. Der Buchautor ("Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer") berät Inhaber und Geschäftsführer kleiner und mittlerer Firmen. "Kennen Sie irgendeine Person, die 40 unterschiedliche Aufgaben in Spitzenqualität ausführen kann und dabei zumindest noch gelegentlich Familie oder Bett zu Gesicht bekommt? Nein? Ich auch nicht", sagt Merath.

Aber ein Handwerksunternehmer muss nun einmal kreativ sein, Mitarbeiter motivieren, Entscheidungen treffen und Fristen einhalten. Gleichzeitig. Vielleicht drücken sogar noch zusätzlich Sorgen, weil ein Auftraggeber das Zahlungsziel extrem ausdehnt. Und dennoch, Überflüssiges entrümpeln und sich Zeit und Freiraum für effektives Handeln schaffen: Aus Meraths Sicht ist das "auch im Akutfall" essenziell wichtig: "Solange man keinen Freiraum hat, kann man nichts Neues beginnen."

Der E-Mail-Abruf alle zwei Minuten. Die permanente Zugangsmöglichkeit der Mitarbeiter zum Büro. Typische Dinge, die der Chef "mit einem dicken roten Filzstift" von seiner Liste streichen kann, sagt Merath. Einer der Seminarteilnemer in seiner Unternehmercoach GmbH habe "nach weniger als drei Monaten 80 Prozent seiner bisherigen Tätigkeiten" eliminiert.

80 Prozent? Kein realistischer Wert, meint Bernd Rogalski – lesen Sie die nächste Seite.

Mitarbeiter können entlasten – und kosten Geld

80 Prozent! Bernd Rogalski ist bei dieser Zahl skeptisch. Er wäre froh, wenn er nur ein Zehntel seiner täglichen Aufgaben delegieren könnte: "Das würde mich schon erleichtern. So stressig wie es jetzt abläuft, geht es tatsächlich nicht weiter." Allerdings müssten Experten wie Merath bedenken, dass ein Handwerksunternehmer der Dreh- und Angelpunkt seines Betriebes ist. Natürlich könne er diverse Aufgaben auf neue Mitarbeiter übertragen. Aber: "Die Leute müssen ja auch bezahlt werden." Die Entlastung auf der einen mit der finanziellen Belastung auf der anderen Seite abwägen – das sei "eine Kunst für sich" und verlange ein ausgeprägtes Fingerspitzengefühl, sagt der 44-Jährige.

Ein Beispiel aus der Praxis: Rogalski wollte unlängst eine "Abrechnerin" einstellen. Die junge Dame, die sich dann bei ihm vorstellte, erwies sich aber als Kalkulatorin. Der Dialog zwischen Chef und Bewerberin:
Rogalski: Ich benötige keine Kalkulatorin.
Bewerberin: Warum eigentlich nicht?
Gute Frage. Heute entlastet der neue und ungeplante Arbeitsplatz Rogalski "unheimlich".

Weil Stefan Merath weiß, dass die Umsetzung seiner Entrümpelungsaktionen vielen Betriebsinhabern schwerfällt, verweist er auf einen einfachen Trick: Der Chef könne das Blatt mit den unliebsamen Aufgaben als "Verpflichtungserklärung" an die Wand neben seinen Schreibtisch hängen. Denn alle überflüssigen Aufgaben hätten eines gemeinsam: "Sie werden den Unternehmer nicht zu dem Leben führen, das er sich erträumt." Und vielleicht wisse der Chef nicht einmal genau, was er sich erträumt, weil ihm für Träume schlicht die Zeit fehle.

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(sfk)

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