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Beurteilung

Kein Verlass auf Arbeitszeugnisse

Arbeitszeugnisse müssen positiv ausfallen – sogar dann, wenn Arbeitgeber dazu in bestimmten Fällen "das Gegenteil" dessen hineinschreiben müssen, was sie mit einem Mitarbeiter tatsächlich erlebt haben.

Arbeitgeber dürfen sich nach einem Urteil des Landesarbeitsgericht Nürnberg nicht weigern, ein positives Arbeitszeugnis auszustellen, auch wenn sie dadurch alles andere als die Wahrheit schreiben müssen. Im konkreten Fall wollte ein Arbeitgeber seiner Beschäftigten kein "jederzeit einwandfreies Verhalten" gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden bescheinigen.

Zwar hatte der Arbeitgeber zuvor mit der Mitarbeiterin genau eine solche Formulierung vereinbart - doch dann machte er einen Rückzieher. Seine Begründung: Da die Formulierung nicht der Wahrheit entspreche, sei es sittenwidrig, sie in das Zeugnis aufzunehmen. Das Zeugnis wäre nicht nur grob unrichtig, es wäre in diesem Punkt vollständig das Gegenteil dessen, was Sachverhalt gewesen sei. Zudem fürchtete er, dass andere potenzielle Arbeitgeber, die Arbeitnehmerin aufgrund des falschen Zeugnisses einstellten, ihn haftbar machen könnten.

Die Richter am Landesarbeitsgericht Nürnberg gaben jedoch der Mitarbeiterin Recht: Die Absprache über die Formulierung ist gültig. Ein Zeugnis sei nur dann sittenwidrig, wenn es bei einem anderen Arbeitgeber einen "völlig falschen Eindruck bezüglich der Redlichkeit und Zuverlässigkeit" des Arbeitnehmers hervorrufe und Vermögen oder Eigentum des neuen Arbeitgebers zu gefährdet sei. Wenn wie in diesem Fall die Leistung des Arbeitnehmers objektiv falsch bewertet werde, sei das dagegen nicht sittenwidrig. Der neue Arbeitgeber könne schließlich selbst beurteilen, ob der Arbeitnehmer seinen Anforderungen genüge. Im Zweifelsfall könne er während der Probezeit leicht eine Kündigung aussprechen.

Landesarbeitsgericht Nürnberg:

Urteil vom 16. Juni 2009, Az. 7 Sa 641/08

(bw/jw)

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