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Letzte Mahnung per Kettensäge

Letzte Mahnung per Kettensäge

Horrende Außenstände, endlose Briefwechsel, beschwichtigende Ausreden – angesichts der miserablen Zahlungsmoral der Auftraggeber ist schon so mancher Handwerker durchgedreht. Hat das "Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen", das vor einem Jahr auf den Weg gebracht wurde, etwas an dieser Situation geändert? Schildern Sie handwerk.com Ihre Erfahrungen.

Außenstände über 140.000 Mark, keine Reaktion auf die Mahnungen, beschwichtigende Ausreden #8211; schließlich platzte dem westfälischen Tischler Uwe H. der Kragen. Mit der Kettensäge in der Hand stürmte er in das Juweliergeschäft seines Auftraggebers und zerlegte die nagelneue Ladeneinrichtung. Fachgerecht und vor den Augen der verdutzten Angestellten.

Der Fall rauschte Ende Januar durch den bundesdeutschen Blätterwald. Neben einer Strafanzeige wegen Sachbeschädigung brachte der spektakuläre Auftritt dem Tischler nicht wenige Sympathien ein, unter den Handwerkern zwischen Flensburg und Freiburg hatte Uwe H. zahlreiche und verständnisvoll nickende Kollegen auf seiner Seite. Denn soviel steht fest: Mit der Zahlungsmoral der Bauherren ist es in Deutschland nicht zum Besten bestellt - #8211; und daran scheint auch das "Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen", das vor einem knappen Jahr auf den Weg gebracht wurde, nichts verändert zu haben.

Ein wichtiger Grund für die schlechte Finanzsituation vieler Bau- und Ausbaubetriebe ist eine zweifelhafte Taktik der Auftraggeber: Häufig wird der Geldfluss mit vorgeschoben Mängeln verzögert. "Die Zahlungsmoral im privaten und öffentlichen Bereich ist nach wie vor katastrophal", konstatiert der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) in einer aktuellen Stellungnahme. Die Schere zwischen der Vorleistung der Unternehmer und der Erfüllung ihrer berechtigten Forderungen klaffe #8211; insbesondere im Bau- und Ausbaugewerbe der neuen Bundesländer #8211; immer weiter auseinander. Die Folge ist nach ZDH-Darstellung ein alarmierender Anstieg der Betriebszusammenbrüche. Für die Unternehmen komme erschwerend hinzu, dass sich die Krise am Bau zuspitze: "Die Auftragseingänge im ersten Quartal 2001 signalisieren keine Besserung."

Die Handwerksorganisation will in kürze eine Zwischenbilanz des

Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vorlegen. Schon jetzt zeichne sich jedoch ab, dass eine Verbesserung der gesetzlichen Position der Unternehmen so schnell wie möglich umgesetzt werden müsse. "Die Praxis bestätigt die Zweifel, die wir schon vor einem Jahr hatten", sagt ZDH-Pressesprecher Stefan Koenen. Fertigstellungsbescheinigungen durch Gutachter, Bürgschaften der Bauherren, Eigentumsvorbehalt und beschleunigte Gerichtsverfahren #8211; für diese Knackpunkte seien dringend neue Regelungen erforderlich.

Und wie lautet Ihre Meinung zum Thema Zahlungsmoral? Welche Erfahrungen haben Sie mit säumigen Auftraggebern gemacht? Die Redaktion von handwerk.com interessiert sich für Geschichten aus dem Alltag der Betriebe. Sie erreichen uns unter redaktion@handwerk.com oder unter Telefon (05 11) 85 50-24 17 (Heiner Siefken).

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