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Jobsuche im Schnellverfahren

Lohnt sich Speed-Dating mit Arbeitslosen?

Speed-Dating beim Arbeitsamt: Bewerbungsgespräche im Sechs-Minuten-Takt. Mit Arbeitslosen jenseits der 50. Kann das funktionieren? Ein Erfahrungsbericht.

Speed-Dating im Jobcenter in Hameln: Arbeitssuchende der Zielgruppe 50 plus treffen auf Unternehmen. Sechs Minuten Zeit hat jeder für ein kurzes Gespräch mit einem potenziellen Chef, dann klingelt eine Glocke und weiter geht es zum nächsten Stand mit dem nächsten Arbeitgeber. Ein schnelles Kennenlernen also, im Idealfall das Vorspiel zu einem richtigen Vorstellungsgespräch.

In den Arbeitsagenturen ist Speed-Dating derzeit angesagt: Mal geht es um Ausbildungsstellen, mal um die Vermittlung von Arbeitslosen.

Doch was bringt das aus Sicht eines Handwerksbetriebs?

Praxis: Ablauf eines Speed-Datings
Handwerksunternehmerin Jasmin Sielemann von der Oekoenergie Vertriebs GmbH aus Hameln ist dabei. Sie sucht einen Hausmeister, führt gerade ein Gespräch. Vor ihrem Stand wartet Gunter Maas. Um was für einen Job es hier geht, weiß der 55-Jährige noch nicht.

Die Glocke ertönt. Bewerberwechsel. Maas gibt der Arbeitgeberin die Hand, stellt sich vor und überreicht ihr einen Flyer mit seinen Bewerberdaten. Dann geht es los:

"Wir suchen einen Hausmeister, was sagt Ihnen das?"
"Na, ein Hausmeister sollte handwerklich begabt sein und organisieren können."

"Was machen Sie, wenn der Heizkörper nicht geht?" 
"Hm, ich überprüfe den Thermostat, denke ich mal."

"Und können Sie die Heizung auch entlüften?"
"Na selbstverständlich." Maas lächelt.

"Wie steht es mit Trockenbau?"
 "Rigipsarbeiten kann ich."

"Elektroarbeiten?" 
"Ich wechsele Glühlampen, Leuchtstoffröhren – was Sie möchten."

"Malerarbeiten?" 
"Ich bin gelernter Handwerker, Betonbauer. Ich tapeziere Ihnen alles."

"Wissen Sie, wo die Zündkerzen beim Rasenmäher sind?" 
"De werde ich schon finden!" Maas ist zuversichtlich.

"Haben Sie körperliche Beeinträchtigungen, können Sie zum Beispiel heben oder auf einer Leiter stehen, ohne dass ihnen schwindlig wird?"
"Im Großen und Ganzen habe ich keine. Ein bisschen hab ich‘s im Rücken. Aber ich kenne meine Wirbelsäule ganz gut."

"Das hört sich gut an", lautet Sielemanns Fazit nach sechs Minuten. "Ich würde Sie gern bitten, uns in der nächsten Woche anzurufen – und einen Termin zu vereinbaren." Sie reicht eine Visitenkarte über den Tisch.“

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Zwischenbilanz nach dem Speed-Dating

Maas ist an diesem Nachmittag einer von zehn Bewerbern, die sich bei Jasmin Sielemann vorstellen.

Nicht bei jedem läuft das Gespräch so rund. Der eine hat kaum handwerkliche Erfahrungen, der Nächste will hauptsächlich viel verdienen.

Dennoch: Am Ende hat die Unternehmerin drei Visitenkarten vergeben. Die Empfänger sollen den Betrieb kennenlernen und ein, zwei Tage zur Probe arbeiten. "Ich bin zuversichtlich, dass der Richtige für unsere Vollzeitstelle darunter ist", sagt Sielemann.

Seit Januar dieses Jahres sucht sie nach einem Hausmeister. Für den Posten eigne sich ein älterer Mitarbeiter mit Verantwortungsgefühl besonders gut, meint sie.

Das Speed-Dating empfindet sie als Erleichterung. "Ich habe weniger Aufwand, als wenn ich eine Anzeige schalte. Ich investiere zwei Stunden, und das, wie ich hoffe, mit gutem Erfolg."

Ziel des Speed-Dating: Förderung für Mitarbeiter 50 plus
Aufgrund des demografischen Wandels wird in Deutschland zukünftig eine längere Lebensarbeitsdauer erforderlich sein. Ältere Mitarbeiter können neben Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Motivation wertvolle Berufserfahrung mitbringen.
 
Sie sollen gezielt durch die Speed-Datings neue Arbeitsplätze finden. "Speed-Datings für Arbeitsplätze liegen im Trend", sagt Michael Köster, Leiter Stab Presse und Marketing bei der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit. Der Ursprung liege im Azubi-Speed-Dating, doch auch für ältere Mitarbeiter werde diese Form des Kennenlernens immer beliebter. Beim zweiten Job-Speed-Dating für Ältere in Hameln stellten sich rund 70 Bewerber bei zwölf Arbeitgebern vor. Im März 2012 konnten bei einer solchen Veranstaltung acht sozialversicherungspflichtige Stellen vermittelt werden.
 
Das Speed-Dating wird in Hameln gemeinsam von der Arbeitsagentur und der Allianz 50 plus veranstaltet, einem regionalen Beschäftigungspakt. Allianz 50 plus ist Teil des Bundesprogramms "Perspektive 50plus", das Arbeitgeber fördert, die offene Arbeitsplätze mit Mitarbeitern ab 50 Jahren besetzen.

(bw)

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