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Mahnverfahren per Kettensäge

Mahnverfahren per Kettensäge

Spektakulär und illegal: Weil der Bauherr nicht zahlen wollte, hat ein niedersächsischer Zimmermeister einen Dachstuhl zu Kleinholz verarbeitet.

Fünf Mitarbeiter, zwei Kettensägen, ein Ziel: der Dachstuhl einer Doppelhaushälfte in Hamburg. Der Zimmermeister Hans Hinrich Kolodzy aus Artlenburg (Niedersachsen) hat seinen Forderungen auf drastische Weise Nachdruck verliehen. Anders ausgedrückt: Nachdem er länger als drei Monate vergeblich auf eine Rate über 14.400 Euro gewartet hatte, zerlegte er seine Arbeit fachgerecht in Kleinteile.

Nein, durchgedreht sei er nicht, sagt Kolodzy. Im Gegenteil, er habe seine Handlung bewusst durchdacht: #132;Glauben Sie ernsthaft, ich bin mit blutunterlaufenen Augen in Hamburg eingefallen? Schwierigkeiten mit Leuten, die nicht zahlen, sind handwerklicher Alltag. #147; Er leite seinen Betrieb in der dritten Generation. Und seine beiden Vorgänger hätten sich schon mit den gleichen Sorgen abplagen müssen.

BGB-Regelung ein Grundübel

Wer etwas einbaut, verliert das Eigentum an den eingebauten Gegenständen #150; ob er dafür bezahlt wird oder nicht. Für Kolodzy ist diese Regelung aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) #132;ein Grundübel #147;. Eine Gesetzesänderung steht indes nicht zur Debatte. #132;Letztlich wäre das auch nicht praktikabel. In der Regel fallen die Löhne mehr ins Gewicht, ihr Anteil ist wesentlich höher als die Materialleistungen #147;, sagt ZDB-Rechtsexperte Elmar Esser.

Ein Problem aus Essers Sicht: #132;Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen ist #150; wie erwartet #150; ein Papiertiger geblieben. #147; An sich sei die Sicherheitsleistung nach BGB-Paragraf 648a ein #132;gutes Instrument #147;, das allerdings nicht genutzt werde, weil Bauhandwerker mit ihrer Forderung nach einer Bürgschaft permanent bei den den Auftraggebern anecken würden.

Wie aber können sich Unternehmern wie Kolodzy helfen? Bei der Beantwortung dieser Frage schickt der ZDB einen neuen Entwurf ins Rennen: das Gesetz zum Schutz von Bauforderungen. #132;Wer heutzutage baut, der investiert in den seltensten Fällen sein eigenes Geld. Da sehen wir einen Hebel: Die Kredite sollten gar nicht erst ausgezahlt, sondern gleich an die Vertragspartner der Bauherren überwiesen werden #147;, verdeutlicht Esser. Ein wenig erinnert dieses System an die Zahlungsabläufe beim Autokauf. #132;Und es ist bereits erfolgreich erprobt worden #147;, fügt Esser hinzu. In Frankreich werde das Modell, das der ZDB favorisiert, seit Jahren gepflegt.

#147;Schwer überhörbarer Aufschrei #147;

Wie stehen die Chancen für eine zügige Umsetzung des ZDB-Vorschlags? Darüber berate die #132;Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft-Zahlungsmoral #147;. Der Abschlussbericht werde #132;voraussichtlich #147; noch in diesem Jahr vorliegen, sagt BMJ-Pressesprecher Ulf Gerder. Er sieht vor allem #132;wirtschaftliche Faktoren #147;, die Bauhandwerker davon abhalten, ihre Position durchzusetzen: #132;Der gesetzliche Rahmen passt. Die Unternehmen müssen nur einheitlich auf die Sicherheitsleistungen bestehen. #147;

#132;Das soll der mal in einem Zeitfenster versuchen, das den gegenwärtigen Bauabläufen entspricht #147;, kontert Kolodzy. Wenn innerhalb von einer Woche ein Dachstuhl geliefert werden soll, könne er den Auftraggebern nicht mit Vertragserfüllungsbürgschaften kommen: #132;Die legen auf und suchen sich den nächsten. #147;

Das Bundesjustizministerium erkenne offensichtlich nicht, wie sehr die Probleme den Unternehmern unter den Nägeln brennen, sagt Esser. Dass Bauhandwerker ihre bereits geleistete Leistung wieder abreißen, sei ein Aufschrei, den man nur schwerlich überhören könne: #132;Das sind Verzweiflungstaten, die ich keinesfalls gutheißen will. Verstehen kann ich die Betriebsinhaber aus unternehmerischer Sicht schon. #147;

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