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Foto: Dennis Gauert

Fahrtest

Mitsubishi L200: Mit der Kreissäge durchs Dickicht

Auf nivellierbarer Hinterachse finden in unserem Mitsubishi L200 Milwaukee-Werkzeuge hinter der Kabine Platz. Wir haben den Pick-up getestet.

Um den Mitsubishi L200 tummeln sich bereits Handwerker, die hoch hinaus wollen:  Erst über Stock und Stein, dann durch tiefe Wasserlöcher, und endlich die schlammigen Hügel mit allen Vieren hinauf. Manche Einsatzorte lassen sich nur mit speziellen Fahrzeugen erreichen. Für solche Fälle setzt Mitsubishi mit seinem Pick-up L200 an: In Kooperation mit US-Werkzeughersteller Milwaukee haben die Japaner ein Präsentationsfahrzeug zusammengestellt, das es in sich hat: Auf der Ladefläche dieses L200 wartet von Akkuschrauber bis Kreissäge alles, was notwendig ist, um an jedem Platz der Welt eine Holzhütte aus dem Hut zu zaubern.

Maistone-Luftfahrwerk an Bord

Um die Werkzeuge auch an entlegensten Orten zum Ziel zu bringen, holt sich der L200 Unterstützung von Maistone: Eine Luftfederunterstützung mit Nivellierungsfunktion (1.840 Euro; alle Preise netto zzgl. USt.) sowie ein bis zu 45 Millimeter höher gelegtes TJM-DC-Off-Road-Fahrwerk (1.950 Euro) geben dem Fahrer mehr Aussicht und dem Überhang mehr Platz. Das Steuerelement mit getrennten Hebeln ist unter dem Beifahrersitz verstaut und erlaubt es dem Abenteurer, die Hinterachse des Mitsubishi – links und rechts getrennt – höher oder tiefer zu legen.

150 PS reichen, aber schleichen

Der L200 ist als Club Cab ausschließlich mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe ausgerüstet und hat auch in der Basis-Variante ein zu 100 Prozent sperrbares Hinterachsdifferential sowie eine Untersetzung mit an Bord. Bei unserer Plus-Variante ist der Allradantrieb zudem permanent. Der 150-PS-Turbodiesel mit 2,3 Litern Hubraum liefert 400 Newtonmeter maximales Drehmoment und bringt den Handwerkerumbau im Praxistest in etwa 13,5 Sekunden auf Tempo 100 km/h. Im Gelände sind solche Daten zweitrangig, im Alltag wünscht sich aber auch mancher Pick-up-Fahrer sicher mehr Schub und außerdem die Kombination mit dem Automatikgetriebe (erhältlich für die Doppelkabine).

Besser mit Automatik bestellen

Ein Schaltgetriebe im Pick-up lohnt sich auch im Fall des L200 nur im Gelände. Durch das hohe Gewicht von unbeladen 2.100 Kilogramm muss die Kupplung stetig gegen die Schwungmasse ankämpfen, und schließlich dürfen ja noch 1087 Kilogramm transportiert werden. Der Selbstzünder tönt dazu in kehliger Marnier durch das Drehzahlband, um den japanischen Pick-up den Berg hochzuschieben. Den harmonischeren 2,4-Liter-Selbstzünder mit 181 PS hat die neue Abgasnorm 2019 vor die Tore Europas gesetzt. Schade drum.

Der Verbrauch von neun Litern inklusive Ausbau ist geradezu sparsam. Die Anhängerfreunde dürften aber stärkere Motoren bevorzugen. Hier muss Mitsubishi zugunsten der Verkaufszahlen einen Weg finden – zum Beispiel per elektrischem Turbolader.

Bequem, aber ganz Nutzfahrzeug

Wer sich mit dem Motor arrangieren kann, steigt ein in die Welt der Japaner: Das Vierspeichen-Lederlenkrad zeigt sportliche Kompaktwagen-Noblesse und kommt mit ergonomischen und logischen Multifunktionstasten daher. Auch die Mittelkonsole und das Infotainment stehen dem L200 gut. Die Vordersitze sind bequem gepolstert und bieten ausreichenden Seitenhalt. Die hinteren Notsitze hingegen machen ihrem Namen alle Ehre und erinnern an kuschelige jedoch viel zu klein geratene Sitzsäcke.

Der L200 ist ein echter Förster

Fahrten im L200 sind vor allem gemütlich und authentisch. Hier muss man eine Spurrille korrigieren, dort schaukelt man die enge Abbiegung herum. Pick-up-Fahren ist auch bei den Japanern von typischer Leiterrahmen-Charakterstik, also einem leichten Zittern, geprägt. Durch die Höherlegung und die härteren Federraten, sowie das höhere Gewicht auf der Hinterachse addieren sich die Effekte beim Handwerker-Club-Cab freilich auf. Solange der L200 nicht hochgepumpt ist, fährt er stabil und gutmütig. Das Nivellierungssystem ist fürs Gelände gedacht.

Permanenter Allrad und Hinterachssperre

Durch den Morast kann der L200 sich trotz seines modernen Scheins wie ein traditioneller Pick-up wühlen. Das Hinterachsdifferential ist schnell gespannt und schon zieht sich der L200 auch seitlich am Hang schlammige Felder wieder hinauf. Die erhöhte Bodenfreiheit kommt so schnell an keine Grenze, der Kippwinkel liegt bei 45 Grad. Lediglich die Steigfähigkeit ist mit 70 Prozent nicht ganz auf dem Niveau des technisch Machbaren. Als Fahrzeug fürs Grobe ist der L200 dennoch uneingeschränkt zu empfehlen.

Fazit

Er ist etwas langsamer, er sieht etwas mehr aus wie ein Transformer und man kann das Navi auch ohne Navigation bestellen. Die Japaner sind eigenwillig. Als Freizeitauto oder Servicefahrzeug funktioniert der Megatron unter den Pick-ups gut – als Doppelkabine mit Automatikgetriebe noch besser. Der Ausbau macht in jeder Hinsicht einen hochwertigen Eindruck. Auch das höhergelegte Fahrwerk hält den Pick-up gut in der Spur. Umständlich gestaltet ist jedoch die Nivellierung unter dem Beifahrersitz.

Foto: Dennis Gauert Praktisch kostet: Der L200 bekommt über 15.650 Euro ohne Montage für die nachträglichen Veränderungen oben drauf.
Foto: Dennis Gauert Typisch Mitsubishi: Fans der Marke erkennen hier typische Elemente wieder. Das Lederlenkrad macht eine gute Figur, die Mittelkonsole ist übersichtlich und intuitiv gestaltet.
Foto: Dennis Gauert Schienenverkehr: Der Auszug beherbergt verschiedene Werkzeuge in eingeteilten Sektionen. 
Foto: Dennis Gauert „Ich hab noch einen Schraubenschlüssel im Auto“: Im Fall des Milwaukee-Umbaus ist gleich ein halbes Eisenwarengeschäft an Bord.
Foto: Dennis Gauert Überhang? Kein Problem: Die Hinterachse des Pick.-up kann per Luftkissen angehoben werden, um Bodenkontakt zu vermeiden.
Foto: Dennis Gauert Designikone: Die Aufmachung des L200 als Raumschiff mit Hamsterbacken ist nicht jedermanns Sache, aber eine interessante Abwechslung.
Foto: Dennis Gauert Rampensau: Der Ausbau des Mitsubishi ermöglicht 450 Kilogramm auf dem hinteren Auszug, Seitlich gelangt man zu den kleineren Werkzeugen.
Foto: Dennis Gauert Breitling: Der L200 plustert sich im Rückspiegel auf wie ein Kugelfisch, kommt mit seinen 150 PS aber nicht näher.
Foto: Dennis Gauert Hüttenzauber: Das Club Cab ist dank Selbstmördertüren leicht zugänglich und gut aufgeräumt. Die Notzsitze tragen ihren Namen zu Recht. 
Foto: Dennis Gauert Pustefix: Die Nivellierung der Hinterachse erfolgt seitlich getrennt unter dem Beifahrersitz.
Foto: Dennis Gauert Für jeden Anlass: Mit Heckantrieb, permanentem Allrad und Differenzialsperre trumpft der Japaner voll auf.

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