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Handwerker oder wandelnder Info-Terminal?

Neue Regeln für Verbraucherverträge

Vorsicht bei Verträgen, die Sie außerhalb Ihrer Geschäftsräume abschließen: Verbraucher haben künftig mehr Informationsrechte und können auch widerrufen. Es gibt aber Ausnahmen, die das Ganze entschärfen.

„Das ist für Handwerker eine harte Nuss“, sagt Jan Frerichs. „Statt sich um ihre Kunden zu kümmern, müssen sie sich nun mit noch mehr Regelungen befassen.“ Der Rechtsberater der Handwerkskammer Oldenburg meint die neuen Vorschriften für Verbraucherverträge, an die sich die Unternehmen hierzulande vom 13. Juni 2014 an halten müssen. Deutschland folgt damit den Vorgaben der europäischen Verbraucherrechte-Richtlinie.

Wann greifen die neuen Vorschriften?
Wer mit Verbrauchern Verträge schließt, muss stets überprüfen, ob besondere Verbraucherrechte – wie etwa das Widerrufsrecht – zu beachten sind. Grundsätzlich trifft das für die folgenden beiden Fälle zu, nämlich erstens für Verträge, die mit Hilfe von Fernkommunikationsmitteln wie Telefon, Fax, Brief oder E-Mail zustande kommen und zweitens für Verträge, die das Unternehmen außerhalb der eigenen Geschäftsräume abschließt – und das ist die wesentliche Neuerung. Die neuen Regelungen betreffen also keineswegs nur Handwerksbetriebe, die Online-Shops betreiben oder in anderer Weise im Fernabsatz tätig sind.

Was ändert sich dadurch für die ­Betriebe?
Zum einen steigt die Unsicherheit, denn die Verbraucher haben jetzt in noch mehr Situationen ein Widerrufsrecht. Das bedeutet, dass sie sich innerhalb von 14 Tagen und ohne Angabe von Gründen vom geschlossenen Vertrag lossagen können. Zum anderen kommt mehr Papierkram auf die Betriebe zu: Sie müssen ihre Kunden vor Abschluss eines Vertrages noch genauer mit Informationen versorgen als bei „gewöhnlichen“ Verbraucherverträgen (sogenannte vorvertragliche Informationspflichten).

Das betrifft zum Beispiel Auskünfte über außergerichtliche Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, derer sich der Handwerker zur Streitschlichtung bedient und die der Verbraucher nutzen kann. Außerdem müssen die Betriebe ihre Kunden über deren Widerrufsrechte aufklären. Grundsätzlich sind sie dazu verpflichtet, die Informationen in Papierform herauszugeben, es sei denn der Verbraucher hat einer elektronischen Übermittlung zugestimmt. Das gleiche gilt für eine Kopie des Vertragsdokuments oder eine Vertragsbestätigung.

Wann das Widerrufsrecht nicht gilt, erfahren Sie auf Seite 2.

Wann gilt das Widerrufsrecht nicht?

Allerdings können Sie eine Reihe von Ausnahmeregelungen ausschöpfen, um nicht zu tief in den Bürokratiesumpf zu geraten. In den folgenden Fällen greift das Widerrufsrecht nicht:

  • Bei Verträgen, für die der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparaturen oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen. Die Ausnahme gilt aber nicht für Zusatz- und Folgeaufträge, die bei dieser Gelegenheit abgeschlossen werden.
  • Bei Kaufverträgen über Waren, die nicht vorgefertigt sind oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind.
  • Wenn die Ware nach ihrer Lieferung untrennbar mit andern Gütern vermengt wird.
  • Sobald der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat. Hierfür muss der Verbraucher jedoch – anders als bisher – vor Ausführung der Arbeiten ausdrücklich bestätigen, dass er über das Erlöschen seines Widerrufsrechts informiert wurde und dass der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen soll.
  • Lesen Sie auf Seite 3, wie Sie den Aufwand möglichst gering halten können.

    Wann ist die Informationspflicht geringer?

    Bei Verträgen über Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten gelten erleichterte Informationsanforderungen, und zwar unter den folgenden Bedingungen: 1. Wenn der Privatkunde seine Dienste ausdrücklich angefordert hat, 2. wenn er die vertragliche Leistung sofort erbringt und der Kunde sofort zahlt und 3. wenn der Rechnungsbetrag 200 Euro nicht übersteigt. In diesen Fällen beschränken sich die zu erteilenden Informationen auf die Kontaktdaten des Unternehmers, Angaben zu den wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung, zum Gesamtpreis und zum Widerrufsrecht.

    Wie können Sie dem Aufwand entgehen?
    „Wann immer möglich, sollte man die Verträge im eigenen Büro abschließen, das ist der einfachste Weg“, sagt Rechtsberater Jan Frerichs. Aus dem Schneider sind Sie als Unternehmer auch dann, wenn Sie beim Kunden das Aufmaß nehmen und dann aber erst im Nachgang per Brief, Telefon, Fax oder E-Mail ein Angebot verschicken und den Vertrag abschließen. Allerdings setzt das voraus, dass die Kontaktaufnahme vom Verbraucher ausging. War es hingegen umgekehrt, so gilt das Widerrufsrecht.

    Wie Sie sich bei einem Widerrufsrecht des Verbrauchers absichern können, lesen Sie auf Seite 4.

    Wie sichern Sie sich beim Widerrufsrecht ab?

    Wenn Sie als Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist mit den Arbeiten starten sollen, können Sie sich wie folgt absichern:

  • Lassen Sie sich schriftlich vom Kunden bestätigen, dass Sie bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Arbeiten beginnen sollen.
  • Informieren Sie den Kunden schriftlich darüber, dass er im Fall eines Widerrufs vor Beendigung der Vertragsleistung den bisherigen Wert ersetzen muss und dass sein Widerrufsrecht erlischt, wenn die vollständige Leistung erbracht ist.
  • Andernfalls laufen Sie Gefahr, am Ende trotz teilweise oder ganz erbrachter Leistung mit leeren Händen dazustehen.
  • Wer berät zum Thema?
    In allen Detailfragen können Sie sich an die Betriebs- und Rechtsberater der Handwerkskammern wenden.

    Wo bekommen Sie weitere Informationen?
    Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat auf seiner Homepage Informationen zum Download bereitgestellt. Hier sind die Links dorthin:

    Neue Regeln für Verbraucherverträge
    Anlage 1: Informationspflichten
    Anlage 2: Musterformular der Widerrufsbelehrung

    (afu)

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