Handwerk Archiv
Foto: handwerk.com

Strommarkt

Offenbarungseid am Strommarkt

Der Bundesverband der Energieabnehmer (VEA) macht Rot-Grün verantwortlich für die zum Jahreswechsel drohenden Höchstpreise auf dem Energiemarkt.

Zum Jahreswechsel rechnet der VEA damit, dass die Strompreise um weitere 15 Prozent nach oben schnellen. Damit wäre dann wieder das Niveau erreicht, das seinerzeit auf einem von Versorgungsmonopolen geprägten Markt vorhanden war, moniert Manfred Panitz, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des in Hannover ansässigen Verbandes: "Fünf Jahre so genannte Liberalisierung haben uns keinen Meter voran gebracht."

Die Schuld sieht Panitz bei der Bundesregierung: "Es war eine krasse Fehlentscheidung der Regierung, das Aushandeln der Liberalisierung den Marktbeteiligten selbst zu überlassen. Durch diesen deutschen Sonderweg haben wir fünf wichtige Jahre verloren."

Gefährlich seien die steigenden Strompreise vor allem für das energieintensiv produzierende Gewerbe. Anstelle von Impulsen zur Entlastung werde "diesen Unternehmen immer weiter der Hals zugeschnürt", kritisiert Panitz. Ganz ähnlich schätzt das auch Dr. Frank-Peter Ahlers, Umweltberater der Handwerkskammer Hannover, ein. "Für einen Betrieb wie eine größere Tischlerei oder eine Fleischerei mit eigener Produktion, die rund 140.000 Kilowattstunden pro Jahr verbraucht, bedeutet die derzeitige Entwicklung Mehrkosten in Höhe von rund 1500 Euro und das ist noch konservativ gerechnet", gibt der Experte zu bedenken.

"Der Verdacht, dass einige Netzbetreiber vor Einführung der Regulierungsbehörde noch einmal Geld verdienen wollen, liegt nahe", meint Ahlers. Ganz ähnliche Entwicklungen habe es auch gegeben, als vor fünf Jahren der Startschuss zur Liberalisierung gegeben wurde, erinnert der Experte.

Hoffnung setzt er ebenso wie der VEA nun auf die für das kommende Jahr angekündigte Regulierungsinstanz. Rot-Grün hatte sich nach langem, zähen Ringen und nicht zuletzt erst durch den Druck der EU darauf verständigt, eine Regulierungsinstanz zu schaffen. Diese soll bis zum 1. Juli 2004 die Arbeit aufnehmen und für mehr Wettbewerb und Transparenz auf dem Energiemarkt sorgen.

Doch sonderlich optimistisch ist Panitz auch hier nicht. Denn: Die Rahmenbedingungen für die Arbeit des Regulierers stecke die Regierung ab, mahnt der Experte und zweifelt daran, dass Rot-Grün "nach fünfjährigem Rumeiern jetzt endlich den Mut für wirkliche Reformen aufbringt". Hinzu komme, dass viel Zeit ins Land gehen wird, ehe die Arbeit der Regulierungsinstanz in Form von preislichen Entlastungen bei den Unternehmen ankommt, meint Ahlers.

Er rät Handwerksbetrieben in Anbetracht der kletternden Strompreise, die Verträge mit dem jeweiligen Versorgen zu kontrollieren und gegebenenfalls nachzuverhandeln. Auch könnten von Kreishandwerkerschaften, Innungen oder Branchenvertretungen ausgehandelte Rahmenverträge zur Senkung der Stromkosten beitragen. Produzierende Unternehmen seien zudem gut beraten, wenn sie die Erlaubnisscheine für den ermäßigten Ökosteuersatz für wirklich alle Stromabnahmestellen einreichen.

Das könnte Ihnen auch gefallen: