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Menschen entschlüsseln: Die strukturliebende Persönlichkeit

Ordnung muss sein

Strukturliebende Menschen brauchen Ordnung und planen gern, Unvorhergesehenes bedeutet für sie Stress. Wie kommt das? Und was ist im Umgang mit ihnen zu berücksichtigen?

Niemand wird sie bei der Firmenfeier auf den Tischen tanzen sehen, denn sie halten sich lieber unauffällig im Hintergrund. „Deshalb sind strukturliebende Menschen auch eher selten unter Prominenten zu finden“, sagt der Kriminalpsychologe Jens Hoffmann. Er hat ein Buch darüber geschrieben, wie man Persönlichkeitsstile erkennen und dieses Wissen im Alltag einsetzen kann – im Umgang mit Kunden, Mitarbeitern oder Verhandlungspartnern zum Beispiel.

Erkennen: Wie verhalten sich „Strukturliebhaber“?
„Diese Persönlichkeiten brauchen Struktur. Für sie muss alles gut sortiert, gut geordnet sein, auch die Details müssen stimmen“, erklärt Jens Hoffmann. „Der Tagesablauf ist meist schon vorher festgelegt. Und wenn sie zum Beispiel in den Urlaub fahren, dann haben sie sich vorher genau die Route überlegt. Das heißt, sie sind gute Planer.“ Desweiteren bevorzugen sie Hoffmann zufolge klare Hierarchien und damit einhergehend eine klare Rollen- und Aufgabenverteilung.

Wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, eine Terminänderung, eine spontan anberaumte Besprechung, so sei das für „Strukturliebhaber“ oftmals purer Stress. Das Gleiche gelte für Veränderungen in der Organisation und somit in ihrem Arbeitsumfeld.

„Außerdem fallen strukturliebende Personen auch nicht gerne aus dem Rahmen, weil sie damit das sichere Territorium verlassen, das Berechenbare fällt weg“, sagt der Experte. „Sie ziehen zum Beispiel keine besonders auffällige Kleidung an, sind aber auch nicht nachlässig gekleidet, sondern so, wie man sich eben kleidet. Und sie wirken häufig nicht sehr emotional, weil dieses Aus-sich-Herausgehen eben auch bedeutet, aus dem Rahmen zu fallen.“

Warum sich diese Strukturliebe herausbildet, erfahren Sie auf Seite 2.

 Verstehen: Warum verhalten sie sich so?

„Wahrscheinlich liegt dieses Bedürfnis nach Ordnung und Struktur sehr stark in der Kindheit begründet“, meint Jens Hoffmann. Die Eltern haben eine feste Struktur vorgegeben. Veränderungen und Spontanität hingegen waren etwas Unheimliches. Wenn das so der Familiengeist ist, dann kann sich dieser Persönlichkeitsstil daraus entwickeln.“

Der Psychologe betont, dass strukturliebende Menschen „für das Funktionieren einer Gesellschaft wichtig und notwendig sind“. Sie seien es, die Dinge ordnen und den Details nachspüren. Deshalb seien sie zum Beispiel eher in den Finanzabteilungen von Unternehmen als in kreativen Berufen zu finden, denn Kreativität gehe häufig mit einem gewissen Chaos einher.

Handeln: Was ist im Umgang mit „Strukturliebhabern“ zu beachten?
Jens Hoffmann gibt zwei Tipps für den Umgang mit „Strukturliebhabern“: Zum einen rät er dazu, mit ihnen möglichst viele Details eines Sachverhaltes durchzugehen. Bei einem Kunden kann das zum Beispiel ein Angebot oder eine Rechnung sein. Hat der strukturliebende Kunde die Einzelheiten genau durchdrungen, so führt das bei ihm zu einem Gefühl der Sicherheit. Tipp 2: Wenn man sich verspätet oder es zu Terminänderungen kommt, so sollte man das möglichst rechtzeitig kommunizieren, damit sich der andere besser darauf einstellen kann.

Lesen Sie auf Seite 3, welche extremen Formen die Strukturliebe annehmen kann (mit Podcast).

Extremform: Die zwanghafte Persönlichkeit

Schwer wird es für das Umfeld allerdings, wenn dieser Persönlichkeitsstil in Zwanghaftigkeit umschlägt. Hoffmann beschreibt zwanghafte Menschen so: Sie sind kleinlich, bestehen auf Formalitäten und blockieren Veränderungsprozesse. Alles muss exakt so geschehen, wie es aus ihrer Sicht richtig ist. „Ihr Verhalten kann manchmal auch eine unterdrückte aggressive Komponente haben“, sagt der Kriminalpsychologe. „Das ist dann eine Extremform der Strukturliebe.“ (afu)

Dr. Jens Hoffmann ist Kriminalpsychologe und leitet das „Institut Psychologie amp; Bedrohungsmanagement“ (I:P:Bm) in Darmstadt. In seinem Buch „Menschen entschlüsseln“ erklärt er, wie man spezielle Analyse- und Profilingtechniken im Alltag nutzt.

Podcast:

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