Die Inflation verwässert den Wert des Geldes. Sollen wir jetzt einfach stumpf die Preise anheben?  
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Strategie

Preisstrategie in der Inflation: Einfach alles erhöhen?

Wie gehen Handwerker mit gestiegenen Preisen richtig um: Einfach alles weiterreichen? Das wird den wenigsten gelingen. Wir haben etwas Besseres für Sie!

Auf einen Blick

  • Ein besseres Produkt oder ein besserer Service? Höhere Preise als der Wettbewerb darf man für beides verlangen. Aber nur, wenn der Kunde darin auch einen Vorteil für sich erkennt.
  • Wer sich mit massiven Preiserhöhungen schwertut, hat laut Handwerksberater Uwe Engelhardt noch weitere Möglichkeiten, um lukrativer zu arbeiten.
  • Ein ganz wichtiger Punkt: Hören Sie auf ,Teilleistungen umsonst zu erbringen.
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    Meine Energiepreise haben sich vervielfacht, mein Material wurde teurer, mein Team will mehr Geld. Kann ich jetzt einfach zehn Prozent auf meine Preise aufschlagen? Diese Frage dürfte aktuell einige Betriebe umtreiben. Zwei Antwortmöglichkeiten gibt es darauf: „Ja“ und „Nein“. Und leider sind beide richtig.

    „Der Handlungsspielraum bei Preiserhöhungen ist absolut abhängig vom Betrieb, seinen Leistungen, seinen Kunden und seinem Marktumfeld. Er kann bei 0 oder auch bei 100 Prozent liegen“, sagt Uwe Engelhardt. Der Handwerksberater der Erfolgsmeisterei ist selbst im Bauhandwerk im heimischen Familienbetrieb aufgewachsen, ist ausgebildeter Gas-/Wasserinstallateur und hat in leitenden Positionen als Projektleiter sowie technischer Leiter umfangreiche Einsichten in Bauabläufe bekommen.

    Engelhardts gute Nachricht für Betriebe lautet: Preiserhöhungen sind nicht das einzige Mittel, um bei steigenden Kosten lukrativ zu bleiben. Der Berater nennt 5 Bereiche, in denen Handwerksunternehmen sich wirtschaftlich besser aufstellen können.

    1. So entwickeln Sie einen Spielraum für Preiserhöhungen

    Die harte Wahrheit bei Preiserhöhungen lautet: „Wer zu 100 Prozent dasselbe Produkt verkauft wie der Wettbewerb, hat kein Argument es teurer zu verkaufen“, sagt Uwe Engelhardt. In so einem Umfeld gibt der günstigste Anbieter den Preis vor. „Allenfalls für meinen besonderen Service kann ich dann noch einen etwas höheren Preis beim Kunden durchbringen“, sagt der Berater.

    Egal ob meine Produkte oder mein Service sich vom Wettbewerb abheben, ein Grundsatz gilt für alle, die für die Leistung einen angemessenen Preis erzielen wollen: Sie müssen die Vorteile dieser Leistung für den Kunden herausstellen. „Handelt es sich um ein besseres Produkt, muss ich die Höherwertigkeit und den damit verbundenen größeren Nutzen für den Kunden deutlich machen. Wenn ich den Nutzen einer größeren Höherwertigkeit nicht erklären kann, gibt es keinen Grund für einen Kunden, das höherwertige Produkt zu kaufen“, betont Engelhardt. Ist die bessere Verarbeitung optisch erkennbar, so dass der Kunde sie stolz seinen Nachbarn zeigen kann? Bringt sie eine längere Lebensdauer oder besseren Bedienkomfort? Dann seien Kunden bereit, für höhere Qualität mehr Geld auszugeben.

    Handwerker hätten die Aufgabe sich mit ihrer Leistung auseinandersetzen, damit sie einem Kunden  erklären können, warum er für ihre Leistung mehr bezahlen soll. Engelhardts Tipp: „Ein hoher Preis braucht einen hochwertigen Verkaufsstil. Verkaufen Sie Ihren Preis mal einem Freund. Das gibt Sicherheit in der Verhandlung.“

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    2. Die Basis legen: Welchen Preis brauche ich?

    Foto: privat Uwe Engelhardt ist ausgebildeter Handwerker und Unternehmensberater im Handwerk. 

    „Viele Betriebe wissen gar nicht, was sie verdienen, bevor das Jahr zu Ende ist und der Steuerberater ihre Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) erstellt hat“, sagt Engelhardt. Das Problem: Wer aufgrund gestiegener Kosten nach einem Jahr feststellt, dass er seit Monaten nicht mehr kostendeckend gearbeitet hat, hat es schwer, die Lücke zu schließen. „Ich empfehle jedem Unternehmen, dringend ein monatliches Kurzcontrolling zu machen. Nur so kann ich rechtzeitig auf veränderte Kosten reagieren“, erklärt der Berater.

    Ein zusätzliches Mittel, um auf künftige Kostenentwicklungen zu reagieren, sei eine Preissimulation: „In so eine Finanz- und Budgetplanung gebe ich die Erlöse und Kosten meines letzten Jahres ein und ändere dann einzelne Parameter“, erklärt Engelhardt. Was passiert beispielsweise mit meinem Gewinn, wenn sich meine Nebenkosten um 30 Prozent erhöhen? Oder wenn ich die Gehälter um drei Prozent anhebe?

    „So bekomme ich ein besseres Gefühl dafür, was steigende Kosten mit meinem Gewinn machen“, sagt der Handwerksberater. Wer das wisse, dem falle es auch leichter, ungesunde Glaubenssätze abzulegen. Denn: „Sehr häufig ist mit dem Nennen eines Preises eine inneren Barriere verbunden“, sagt Engelhardt. „So lange ich im Kopf habe: ‚Was ist das schon groß wert, was ich da mache‘ werde ich nicht zu gesunden Preisen finden“, gibt er zu bedenken. Abbauen könnten Chefs solche Glaubenssätze indem sie sich bewusst machen, welche Kosten sie decken müssen, um überlebensfähig zu sein.

    3. Kein Geld fahrlässig liegenlassen

    „Ich habe mal einen Betrieb betreut, der hatte 1,5 Jahre kaum Rechnungen geschrieben“, sagt Berater Uwe Engelhardt. Doch woran lag es? Am schlechten Zeitmanagement! „Das ist keine Vergesslichkeit oder gar Unfähigkeit, die Rechnungen nicht rauzuschicken“, urteilt der Berater. „Die Leute setzen einfach ihre Prioritäten falsch.“ Betroffene Handwerker müssten die Disziplin entwickeln, erst dann zum nächsten Kunden zu fahren, wenn der Rechnungsausgang dem Leistungsstand der Baustellen entspricht. „Manch kleinere Betriebe handeln da fast leichtsinnig“, meint der Berater.

    Als zweite wichtige Stellschraube nennt Engelhardt die Zahl der produktiven Stunden: „Meistens muss ich meinen Umsatz gar nicht steigern, um mehr Gewinn zu machen.“ Es genüge häufig schon die Produktivität zu erhöhen. „Die Mitarbeiter sind da oft die besten Berater“, sagt Engelhardt. Grund: Sie sind draußen auf den Baustellen und wissen, wo es länger dauert, wo man aufgehalten wird. Mal fehle Material, mal fehlten Informationen. „Und das nervt das Team. Auch weil wertvolle Zeit verloren geht. Handwerker machen ihr Handwerk, weil sie etwas erschaffen wollen“, sagt Engelhardt. „Muss ich dagegen jedes Mal meinen Chef fragen, um weiterzukommen, frustriert mich das.“ Wer seine Mitarbeitenden fragt, was sie in ihrer Arbeit stört und aufhält, werde wertvolle Antworten erhalten, ist sich Uwe Engelhardt aus 20-jähriger Beratungserfahrung sicher.

    4. Alle Leistungen abrechnen

    „Wenn ich zum Kunden fahre, ihn berate und vier Stunden Zeit investiere, muss ich das abrechnen“, sagt Engelhardt. Wer so eine Leistung nicht in der Kalkulation berücksichtigt, habe für einen gelieferten Wert keinen Gegenwert erhalten.

    Noch ein Beispiel: Der Betrieb übernimmt die Bauleitung, organisiert Elektriker, Maler, etc. – und nimmt dafür nichts extra. „Wenn dagegen ein Architekt die Bauleitung übernimmt, ist für alle Beteiligten völlig klar, dass die etwas kostet“, sagt Engelhardt. Für ihn zählt es zu den größten Problemen im Handwerk, dass oft Leistung erbracht werde, die nicht vergütet wird.

    Wie kommt man Gratisleistungen auf die Schliche? „Ich lasse mir gerne von unseren Kunden erklären, was genau vom Auftragseingang bis zur Abrechnung in ihrem Unternehmen passiert und welche Prozesse durchlaufen werden – um dann zu sehen, wofür gar nichts berechnet wurde“, sagt Engelhardt.

    Wie kommuniziere ich den Preis für eine Bauleitung? „Ich würde den Punkt Bauleitung beim Kunden ansprechen und fragen: ‚Soll ich das machen oder übernehmen Sie das? Wir sind darin erfahren und veranschlagen dafür X Stunden. Wenn die Koordination nicht stimmt, kann das den Zeitplan durcheinanderbringen und die Kosten hochtreiben.‘“

    Chefs, die allzu leichtfertig ihre Zeit an andere verschenken, empfiehlt der Berater: „Halten Sie sich vor Augen, dass Sie in der Zeit in der Sie gerade umsonst arbeiten, auch einen großen Auftrag an Land ziehen oder sich einfach mal eine Pause gönnen könnten.“

    5. Keine Rabatte, keine Nachlässe

    „Wenn ich meine Kosten kenne und weiß, was ich mindestens verlangen muss, um kostendeckend zu arbeiten, habe ich eigentlich gar keinen Spielraum für Nachlässe“, sagt Uwe Engelhardt. Das sei etwas, das man auch trainieren müsse: Zu seinem Preis stehen. „Man gibt zu schnell Geld letztendlich von seinem Gewinn weg“, meint der Handwerksberater. 

    Damit müsse in der aktuellen Situation Schluss sein. Da Investitionen zurückgehen, Aufträge teils bereits storniert werden, ist Engelhardt überzeugt, dass Handwerker künftig wieder stärker für ihre Preise kämpfen müssen um zu überleben: „In den zurückliegenden fetten Jahren dürften viele das zwangsläufig verlernt haben.“

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