Handwerk Archiv
Foto: handwerk.com

Archiv

Schlauer Standortwechsel

Steht eine Betriebsverlagerung an, sollten Sie sorgfältig planen und Experten um Rat fragen. Das schont den Geldbeutel und Ihre Nerven.

von Martina Jahn

Mehr Platz und eine bessere Infrastruktur sind für viele Unternehmer ein Grund, umzuziehen. Damit sich am neuen Standort aber der erhoffte Erfolg einstellt, ist vor der Unterschrift auf dem Miet- oder Kaufvertrag eine gute Spürnase gefragt. Denn ohne eine genaue Prüfung des Grundstücks und der Gebäude sollten Sie den Stift noch nicht in die Hand nehmen.

Rechtliche Voraussetzungen

Vorsicht bei einer Nutzungsänderung", sagt Hans-Joachim Kuring, technischer Berater der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen. Doch wann muss ein Bauantrag zur Nutzungsänderung gestellt werden? Wenn eine Gewerbehalle den Besitzer wechselt und dieser aus der gleichen Branche ist, sollte es kein Problem sein", betont er. Sei aber beispielsweise vorher ein Bäckereibetrieb an einem Standort ansässig, an den jetzt ein metallverarbeitender- oder ein Sanitärbetrieb zieht, ist ein Antrag fällig. Feuerschutz und Schallschutz seien die Faktoren, die das Bauamt abfragt.

Vor allem in ländlichen Regionen habe Kuring die Erfahrung gemacht, dass landwirtschaftlich genutzte Gebäude zur Lager- oder Produktionshalle werden. In diesem Fall empfiehlt der technische Berater, eine Bauvoranfrage zu stellen. Die klärt die grundsätzliche Machbarkeit der neuen Nutzung." Schummeln könne man nicht. Die Bauämter sind da hinterher, sie kennen kein Pardon. Und dann wird es teuer." Und noch etwas rät Kuring: Verlangen Sie einen schriftlichen Bauvorbescheid und nicht etwa eine mündliche Äußerung eines Mitarbeiters der Gemeinde."

Und die Kosten? Um die 1000 Euro" sollten Unternehmer für einen Bauantrag bei Nutzungsänderungen einplanen.

Ein anderes Beispiel für Nutzungsänderung sind Gewerbe- oder Kellerräume in Wohnhäusern. Bei Gewerken, die weniger Platz brauchen, wie Friseure oder Kosmetiker, treffe das zu. Es sei zwar einfach, einen Raum umzugestalten. Aber: Es gelten strenge Auflagen, was die Raumhöhe, die Lüftung und zusätzliche Parkplätze für Mitarbeiter angeht." Um einen Bauantrag kommen diese Unternehmer nicht herum.

Technische Besonderheiten

Die Infrastruktur ist für Handwerksunternehmen eine der wichtigsten Komponenten eines neuen Standortes. Die Energieversorgung ist heutzutage besonders unter die Lupe20zu nehmen", sagt Kuring. Welche Strom- und Gasanschlüsse sind vor Ort? Welche Anbieter gibt es in der Region und was kostet die Energie? Qualität und Quantität müssen stimmen."

Auch die Wasserversorgung sollte von großem Interesse sein. Wieviele Anschlüsse gibt es und sind diese zeitgemäß? Welche Kosten kommen mit der Abwasserversorgung auf uns zu? Diese Fragen sind vor dem Umzug zu klären. Viele Unternehmer erleben nach der ersten Nebenkostenabrechnung eine böse Überraschung", berichtet der Berater. Das könne vermieden werden.

Nicht zuletzt muss die Kommunikation funktionieren. Telefon, Internet und Postzustellung sind für Betriebe lebenswichtig. Eine Vorab-Prüfung der Anschlüsse und Anbieter ist auch hier ratsam.

Organisatorische Herausforderungen

Wenn ein Unternehmen umzieht müssen auch Geschäftspartner davon wissen. Stellen Sie sicher, dass alle Kunden und Partner rechtzeitig informiert sind", rät Kuring. Dazu gehöre auch, Geschäftspapiere erneuern zu lassen, und die Fahrzeugpapiere umzuschreiben.

Institutionen wie das Gewerbeamt, die Handwerkskammer, das Finanzamt, Versorger (Strom, Gas, Wasser, Telefon), Versicherungen und Banken sollten ebenfalls die neuen Geschäftsdaten erfahren. Verhindern Sie, dass wichtige Post auf d er Strecke bleibt", unterstreicht der Experte.

Generell sollten sich Betriebsinhaber darüber im Klaren sein, welcher zeitlicher und finanzieller Aufwand eine Verlagerung des Standortes mit sich bringt. Manche Unternehmer sehen nur den reinen Kaufpreis der Immobilie und können nicht einschätzen, mit welchen Kosten sie rechnen müssen", sagt Wolfgang Miethke, Betriebsberater der Kammer Hildesheim-Südniedersachsen. Der hohe Planungsaufwand werde von vielen Handwerksunternehmern unterschätzt.

Holen Sie sich Experten dazu", rät Miethke. Die professionelle Planung und der Transport seien das Herzstück einer Betriebsverlagerung. Oft helfe die Erfahrung und das Know-how der Kollegen und der Handwerkskammern.

Praxisbericht: Umziehen nach Plan

Am Flugplatz in Hildesheim fühlt sich Hans-Günter Mundhenke wohl. Mit seinem Feinblechunternehmen ist er dort in eine neue Gewerbehalle gezogen.

Aus den Fehlern des ersten Umzugs hat Hans-Günter Mundhenke gelernt. Vor einigen Monaten zog das Unternehmen Feinblechtechnik Mundhenke von einem Mischgebiet an einen Standort in zentraler Lage": In das Gewerbegebiet NordLechenkamp am Hildesheimer Flugplatz.

Glücklicherweise habe ich aus den Fehlern des ersten Umzugs gelernt", sagt Mundhenke. Beim zweiten Mal sei alles viel leichter gewesen. Vor allem wusste ich, wann ich was planen muss." Acht Wochen vorher empfiehlt der Unternehmer mit den Planungen zu beginnen. Die finanziellen Mittel müssten schon eher überprüft und genau eingetaktet werden.

Das Wichtigste für den Handwerksbetrieb war, ein Spezial-Unternehmen für den Firmenumzug zu beauftragen. Ohne professionelle Hilfe ist jeder verloren", sagt Mundhenke. Denn wenn irgend etwas schief geht, sitzt der Auftraggeber auf den Kosten und der Betrieb liegt brach. Das könne sich niemand leisten.

Die so genannte Haken-Versicherung habe ihm das Leben leichter gemacht: Hängen Maschine oder Bauteile einmal am Haken eines Krans, haftet die Umzugsfirma für eventuelle Schäden. Damit spart man sich im Ernstfall großen Ärger.

Und man ist in dieser ohnehin stressigen Zeit viel entspannter."

Bei seinem ersten Umzug mit der Firma hat Mundhenke nicht an alles gedacht. Als ich meine leistungsstärkste Maschine anschließen wollte, musste ich feststellen, dass die Stromabnahme bei weitem nicht ausreichte." Die Konsequenz: Der Metallbauermeister musste eine neue Stromleitung verlegen lassen. Die Zeit rannte und die Maschine war nicht einsatzbereit, als sie gebraucht wurde.

Als Mieter von Hallen hat der Handwerksmeister gute Erfahrungen damit gemacht, eine Klausel im Mietvertrag zu verankern. Ich habe alle Maschinen aufgeführt und mir bestätigen lassen, dass ich befugt bin, damit an diesem Standort zu produzieren", berichtet Mundhenke. Beschwerden über große Erschütterungen während der Produktion und andere Probleme hat er von vorn herein ausgeschlossen.

Vermieter wüssten oft nicht, wie tragfähig ihre Gewerbeimmobilien sind. Oder sie preisen etwas an, was sich dann als nicht umsetzbar herausstellt. Mundhenke rät allen Betriebsinhabern mit Umzugsplänen, das neue Gebäude auf Herz und Nieren zu prüfen. Sind die Kisten gepackt und die Maschinen unterwegs, kann es zu spät sein." Und dann drohten unnötige Verluste.

Doch die gemietete Halle ist in Hildesheim Vergangenheit. Der jetzige Standort des Unternehmens mit momentan zehn Mitarbeitern am Flughafen ist eine gekaufte Gewerbehalle. Dort hat Mundhenke viel Platz: Die Hälfte der Gesamtfläche von 4000 Quadratmetern nutzt er für die Produktion. Das Gute an seinem neuen Eigentum: Ich kann Veränderungen vornehmen, wann und wie ich will", freut sich der Unternehmer. Mit seinen 48 Jahren wolle er mit dem Betrieb schließlich nicht noch einmal umziehen.

Vor zehn Jahren hat Mundhenke seinen Ein-Mann-Betrieb eröffnet und kam mit 200 Quadratmetern aus. Das ist heute unvorstellbar." Jetzt lebt der Unternehmer mit der Sicherheit, dass er die Produktionsfläche vergrößern kann, wenn es sich ergibt. Ohne, dass ich um Erlaubnis fragen muss."

Wer sich aufgrund eines bevorstehenden Betriebsumzugs unsicher ist, wie alles am einfachsten zu regeln ist, sollte andere Unternehmer fragen. Der Austausch mit den Kollegen war Gold wert", berichtet Mundhenke. Auch die Berater der Handwerkskammern hatten viele nützliche Hinweise parat.

Und die Kunden? Die finden den Feinblechbetrieb auch weiterhin. Mit umfassenden Mailings und vorheriger persönlicher Ansprache hat Mundhenke über seinen Umzug informiert. Das spri cht sich schnell rum." Die Telefon- und Faxnummer hat er mitgenommen. Jetzt ist er auch für andere Unternehmer erreichbar, die ihn zu seinen Umzugserfahrungen befragen wollen.

Das könnte Ihnen auch gefallen: