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"Firma Großaufträge zugeschustert"

Schneidermeisterin stichelt gegen Steinbrück

Wir haben die Handwerksmeister im Bundestag gefragt, wie sie zur "Offenlegung der Honorare von Abgeordneten" stehen. Schneidermeisterin Lena Strothmann nutzt die Gelegenheit für eine scharfe Attacke gegen den SPD-Kanzlerkandidaten.

Zugegeben, die Anfrage war (ein bisschen) gemein. Denn der aktuelle Vorschlag zur Offenlegung der Honorare stammt von der SPD. Und die 9 Handwerksmeister im Parlament gehören allesamt der Regierungskoalition an. 3 sind in der FDP, 2 in der CSU, 4 in der CDU. Der Diskussion gestellt haben sich 4 der 9.

Dass sich das politische Deutschland im Wahlkampf befindet, wurde deutlich, als wir uns durch die Vorzimmer der Abgeordneten gewühlt haben. Der Sprecher einer der Meister-Parlamentarier, die unsere Anfrage nicht beantworten, hat die Diskussion als „hanebüchen“ abgekanzelt. Es sei merkwürdig, dass rot-grün gerade dann mit einem Eckpapier um die Ecke kommt, wenn „der SPD-Kanzlerkandidat selbst wegen seiner Vortragshonorare im Regen steht“.

Die CDU-Bundestagsabgeordnete und Schneidermeisterin Lena Strothmann formuliert diese Sicht der Dinge härter. Das Brisante an der "Causa Steinbrück" sei nicht, wie viel ihm für seine Vorträge gezahlt wurde, sondern "dass womöglich ein Zusammenhang zwischen ihm vergüteten Leistungen und seiner früheren Tätigkeit als Bundesfinanzminister besteht".

Und Lena Strothmann sticht noch fester zu – lesen Sie Seite 2.

"Steinbrück hat Firma Großaufträge zugeschustert"

Strothmann schreibt in ihrer Stellungnahme: "Der SPD-Kanzlerkandidat hat nach seiner Amtszeit Geld von einer Firma erhalten, welcher er in den Jahren 2008 und 2009 Großaufträge über zentrale Anliegen seiner Politik zugeschustert hat. Hier, und nicht bei der Höhe der Bezüge, sollte man genauer hinschauen."

Starker Tobak. Vielleicht ist es an dieser Stelle hilfreich, einen Schritt zurückzutreten und zu verdeutlichen, um was es eigentlich in unserer Anfrage ging. Im SPD-Eckpapier "Auf Euro und Cent" steht unter anderem, dass

  • Bundestagsabgeordnete Honorare aus Nebentätigkeiten in voller Höhe veröffentlichen sollen.
  • Name und Sitz des Auftraggebers oder Vertragspartners genannt werden müssen.
  • die Transparenzregeln besser durchgesetzt werden sollen. Wer Einkünfte verschweigt, dem sollen die Honorare von der Abgeordnetendiät abzogen werden.
  • schutzwürdige Interessen Dritter gewahrt bleiben müssen. Dazu gehören beispielsweise Rechtsanwälte, die der Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Sie sollen nicht jeden einzelnen Mandanten nennen müssen.

In der

aktuellen handwerk.com-Umfrage

befürworten mehr als die Hälfte der Leser die völlige Offenlegung der Nebeneinkünfte: "Wir bezahlen unsere Abgeordneten – da können wir Transparenz verlangen!“



Das sehen die Handwerker im Parlament offenbar anders. Wir haben "unsere" Abgeordneten gefragt, wie Sie „persönlich – also unabhängig von der Fraktionsdisziplin – zu den SPD-Vorschlägen“ stehen.



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Manfred Todtenhausen: "Vollständige Offenlegung kann töricht sein"

Dass Transparenz vor allem dort greifen solle, wo die Nebentätigkeit mit dem Mandat in Zusammenhang steht, meint der Elektromeister und FDP-Bundestagsabgeordnete Manfred Todtenhausen.

Und er formuliert eigene Fragen: "Soll ein Unternehmer oder der Geschäftsführer eines Handwerksbetriebes alles über seine Firma offenlegen, nur weil er Bundestagsabgeordneter ist? Sollen seine Konkurrenten alles über Auftragslage, Umsätze und Gewinne seines Betriebes erfahren?"

In Deutschland sei es nicht üblich, seinem Konkurrenten oder Nachbarn die Höhe seiner Einkünfte bekannt zu geben: "Bei Firmen im Wettbewerb kann es mitunter töricht sein, die Einkommenssituation offen zu legen."

Ernst Hinsken (CSU) unterscheidet: Hält ein Abgeordneter Vorträge oder erhält er den Betrieb?

Ernst Hinsken: Warnung vor „Funktionärs- und Beamtenparlament“

Für den Bäckermeister Ernst Hinsken (CSU) ist diese Unterscheidung wichtig: Hält ein Abgeordneter Reden und Vorträge oder erhält er den bisherigen Betrieb und die daran hängenden Arbeitsplätze?

Die Höhe der Einnahmen sollte in weiteren Stufen angegeben werden, damit "sich die Mitbürger ein genaueres Bild machen können, als dies bisher möglich ist", schreibt Hinsken.

Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass es Selbstständigen nicht mehr möglich ist, Mitglied des Deutschen Bundestages zu sein: "Dann hätte die Bundesrepublik Deutschland ein reines Funktionärs- und Beamtenparlament – und das möchte ich nicht.“

Eckhard Pols (CDU): "Datenschutz muss gewahrt bleiben" – lesen Sie die nächste Seite.

Eckhard Pols: Unabhängige Kommssion soll entscheiden

Auch Glasermeister Eckhard Pols verweist darauf, dass "Beamte, Angestellte des öffentlichen Dienstes und Lehrer" nach ihrer Abgeordnetenzeit an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können. Handwerksunternehmer seien darauf angewiesen, dass ihr Betrieb weiter besteht.

Pols ist "grundsätzlich für Transparenz" bei Höhe der Nebeneinkünfte. Aber: "Ab welcher Höhe oder Staffelung die Bekanntgabe der Nebeneinkünfte geregelt wird, sollte eine unabhängige Kommission festlegen."

Lena Strothmann: "Entscheidender ist, wo das Geld herkommt." Lesen Sie die letzte Seite.

Lena Strothmann: Eckpapier enthält Widersprüche

Dass die vollständige Veröffentlichung der Honorare von Nebentätigkeiten "für eine Vergrößerung der Transparenz keinerlei Mehrwehrt" hat, meint Lena Strothmann. Viel entscheidender als die Frage, wie viel Geld jemand bekommt, sei nämlich, wo das Geld eigentlich herkommt.

Eine Veröffentlichung auf Euro und Cent berge für Selbstständige, Berater und Rechtsanwälte erhebliche Risiken: "Schließlich will nicht jeder Kunde oder Mandant, dass die ganze Welt sehen kann, was er für bestimmte Aufträge zahlt." Die Forderung der SPD, dass jedes Honorar bis auf die Kommastelle genau offengelegt werden soll und gleichzeitig die Interessen Dritter zu schützen seien, ist aus Strothmann Sicht ein "Widerspruch in sich".

Einer Verschärfung der Stufenregelung steht Strothmann offen gegenüber: "Eine vollständige Offenlegung der Nebeneinkünfte lehne ich […] jedoch ab."

(sfk)

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