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Diese Gefahren sollten Sie kennen

So haften Sie persönlich in der Insolvenz

Eine Insolvenz ist schlimm. Noch schlimmer wird es, wenn dabei auch das private Vermögen draufgeht. Die größten Fehler und Gefahren in der Insolvenz: Teil 2 – so leicht geraten Sie in die persönliche Haftung!

Der Betrieb ist eigentlich insolvent, doch der Chef will das Ruder noch herumreißen? Schlagen alle Versuche fehl, dann drohen nicht nur Strafverfahren. Auch für die persönliche Haftung kann das weitreichende Folgen haben.

Die größten Fehler und Risiken, die zu persönlicher Haftung führen, kennt Dr. Andreas Ringstmeier, Fachanwalt für Insolvenzrecht aus Köln:

1. Einzelunternehmer haften immer!

Die schlechte Nachricht vorweg: Viele Handwerker sind Einzelunternehmer und die haben es im Insolvenzfall besonders schwer. "Einzelunternehmer haften grundsätzlich immer vollständig persönlich für ihre Schulden, da gibt es keine Ausnahmen", warnt Ringstmeier. Je länger ein Einzelunternehmer bei Zahlungsunfähigkeit den Insolvenzantrag hinauszögert, desto weniger wird am Ende vom privaten Vermögen übrig bleiben.

2. Fallen für Geschäftsführer

Das Risiko besteht allerdings auch für GmbH-Geschäftsführer. Geschäftsführer haften in zwei Fällen persönlich:

  • Hat der Geschäftsführer persönliche Verpflichtungen wie zum Beispiel Bürgschaften für die GmbH übernommen, dann haftet er in deren Umfang auch für die Schulden der GmbH.
  • Stellt der Geschäftsführer den Insolvenzantrag zu spät und schmälert dadurch die Insolvenzmasse, dann haftet er persönlich für daraus entstehende Schäden der Gläubiger.

3. Haftung durch verspäteten Insolvenzantrag

Bei einem verspäteten Insolvenzantrag hängt die Höhe der Haftung davon ab, wann die Ansprüche der Gläubiger entstanden sind. Stichtag ist der Tag der Insolvenzreife.

Neue Schulden: volle Haftung

Für Ansprüche, die nach diesem Stichtag entstehen, haftet der Geschäftsführer voll persönlich. Das gilt für Forderungen von Lieferanten und Dienstleistern aus Bestellungen und Aufträgen, aber auch für Kredite, die nach dem Stichtag aufgenommen wurden, oder für von Kunden geleistete Vorauszahlungen, falls für diese keine Leistung mehr erbracht wird.

Alte Schulen: Teilhaftung

Für alle Ansprüche, die vor diesem Stichtag entstanden sind, haftet der Geschäftsführer nur teilweise persönlich – für den Quotenschaden. "Dadurch, dass der Geschäftsführer den Betrieb aufrechterhält, könnte die Insolvenzmasse geringer werden. Das nennt man einen Quotenschaden, weil sich damit auch die Quote verringert, mit der die Gläubiger an der Masse beteiligt werden", erläutert Ringstmeier. Das gilt auch für Forderungen des Finanzamts und die Arbeitnehmer-Anteile an den Sozialversicherungsbeiträgen, die vor der Insolvenzreife fällig waren.

Wen dürfen Sie bei Insolvenzreife noch bezahlen?

4. Haftung durch verbotene Auszahlungen

Quotenschäden entstehen durch Zahlungen ab dem Zeitpunkt der Insolvenzreife. "Leistet ein Geschäftsführer ab diesem Zeitpunkt keine Zahlungen mehr, dann kann er auch nicht persönlich für die Ausfälle der Lieferanten haftbar gemacht werden", sagt Ringstmeier. Die Praxis sieht allerdings anders aus: "Verbotene Auszahlungen kommen extrem häufig vor und sind für den Insolvenzverwalter leicht nachzuweisen. Für diese Zahlungen haftet der Geschäftsführer, unabhängig davon, ob er den Insolvenzantrag schon gestellt hat oder nicht – es kommt nur darauf an, ob Insolvenzreife besteht."

Rückzahlung von Darlehen an Gesellschafter

Haftbar gemacht werden kann der Geschäftsführer hingegen auch dann, wenn er noch kurz vor der Insolvenzreife Darlehen an Gesellschafter zurückzahlt und die GmbH erst dadurch zahlungsunfähig wird. "Das gilt ganz besonders dann, wenn der Geschäftsführer Gesellschafter ist und sich selbst ein Darlehen zurückzahlt."

Ausnahmen bei Auszahlungen

Allerdings gibt es Ausnahmen: Keine Folgen hat es, wenn der Geschäftsführer trotz Insolvenzreife die Lohnsteuer und die Arbeitnehmer-Anteile an den Sozialabgaben auszahlt. "Strafrechtlich ist der Geschäftsführer dazu gezwungen, diese Beträge zu zahlen. Darum hat die Zahlung auch keine Haftungsfolgen für ihn", sagt Ringstmeier. Unternehmer sollten dabei beachten, dass sie Lohnsteuer nur zahlen müssen, solange sie Löhne zahlen. Die Arbeitnehmer-Beiträge zu Sozialversicherung sind unabhängig davon fällig.

5. Grauzone in der Insolvenz: auszahlen oder nicht?

Zwischen den grundsätzlichen verbotenen und den wenigen erlaubten Auszahlungen "gibt es eine sehr große Grauzone", berichtet der Jurist:

Löhne und Gehälter:

Zahlt ein Arbeitgeber in einer Krise noch Löhne und Gehälter aus, dann sei unklar, ob er dafür haftet. "Mehrheitlich vertreten Juristen und Gerichte die Ansicht, dass die Auszahlung nicht erlaubt ist", sagt der Anwalt. Der Grund: "Der Unternehmer könnte einen Insolvenzantrag stellen und damit für seine Mitarbeiter Insolvenzgeld in Anspruch nehmen, was die Insolvenzmasse nicht belasten würde.

Einkäufe bei sofortiger Bezahlung:

Strafrechtlich sind Einkäufe gegen sofortige Bezahlung eindeutig unproblematisch. Ob sich ein Geschäftsführer damit auch gegen Haftung schützt, sei jedoch umstritten, berichtet Ringstmeier. "Nach meiner Ansicht entsteht dadurch keine Haftung, weil sich die Insolvenzmasse nicht verändert. Wenn ich für 1000 Euro Material einkaufe, dann sinkt zwar mein Kassenbestand, dafür steigt jedoch mein Warenbestand. Also hat sich das Vermögen der GmbH nicht verändert."

Zahlungseingänge auf überzogene Konten:

Zahlt ein Kunde auf ein GmbH-Konto ein, das sich im Soll befindet, dann könnte auch das als "verbotene Zahlung" behandelt werden, warnt Ringstmeier. "Durch den Zahlungseingang wird der Saldo bei der Bank zurückgeführt. Also ist es eine Zahlung an die Bank, und die müsste der Geschäftsführer unterbinden." In der Praxis sei es allerdings oft schwer, Zahlungen auf ein Haben-Konto umzuleiten. Daher würden solche Fälle von Insolvenzverwaltern nur selten verfolgt.

6. Keine Haftung für Löhne und Arbeitgeber-Anteil an den Beiträgen

Und was passiert, wenn sich ein Geschäftsführer vollkommen korrekt verhält und ab der Insolvenzreife weder Löhne noch Rechnungen oder den Arbeitgeber-Anteil an den Sozialbeiträgen bezahlt?

"Wenn er dann auch noch rechtzeitig Insolvenzantrag stellt, ist er auf der sicheren Seite, dafür kann der Geschäftsführer nicht haftbar gemacht werden", betont Ringstmeier. Mitarbeiter können dann zunächst auf Insolvenzgeld vom Arbeitsamt hoffen. Ansonsten gilt für sie das Gleiche wie für Lieferanten und Banken: Für sie bleibt nur die Insolvenzmasse.

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