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Interview

Soka-Bau: Gut gemeint, schlecht gemacht?

Dass ausgerechnet die Sozialkasse Bau immer wieder das Überleben von Baubetrieben gefährdet, behauptet Ingrid Claas. Die Rechtsanwältin nennt aber auch einen Ausweg aus dem Dilemma.

Ingrid Claas ist Rechtsanwältin in Wiesbaden, mit ihrer Kanzlei ist sie auf Sozial- und Versicherungsrecht spezialisiert. Sie vertritt zahlreiche Mandanten gegenüber der Sozialkasse Bau. Im handwerk.com-Interview erklärt Claas den Soka-Bau-Verantwortlichen, wie die ihre Einrichtung ganz leicht verbessern könnten.

Frau Claas, Sie kritisieren mit der Soka-Bau eine Einrichtung, die positive Ziele hat. Wie passt das zusammen?

RA Claas: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Die Idee ist gut, die Ausführung vernichtet teilweise Existenzen. Viele kleine Firmen wissen nicht, dass es die Soka-Bau überhaupt gibt. Werden sie zufällig gefunden, müssen sie rückwirkend für vier Jahre Beiträge entrichten. Da kommen schnell 50.000 Euro zusammen, die in einer Summe bezahlt werden sollen. Das kann niemand. Eigentlich gibt es Geld zurück, wenn das Unternehmen seinen Mitarbeitern bezahlten Urlaub gegeben hat. Bei anderen Kassen wird mit wenig Aufwand verrechnet, bei der Soka-Bau muss der gesamte Beitrag bezahlt sein, um die Urlaubsbeträge zurück zu erhalten. Und alle sechs Monate werden Zinsen für die gesamte Forderung erhoben. Auf die einbehaltenen Urlaubsgelder gibt es keine Zinsen. Seit 2009 gibt es von diesem Verfahren auch keine Ausnahmen mehr.

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"Fünf Insolvenzen kann ich nennen"

Das Problem hat sich also noch verschärft?

Ja, früher war das alles nicht so dramatisch. Doch die Rechtsprechung hat sich geändert, die Tarifverträge werden immer weiter ausgelegt – dadurch sind immer mehr Unternehmen betroffen. Viele können nicht verstehen, dass sie unter den Bautarifvertrag fallen sollen. Die Differenzierung wird schwieriger. Viele Unternehmen leisten sich Subunternehmer. Das Problem Soka-Bau wird dann gleich mit ausgelagert. Die kleinen Firmen werden von ihren Auftraggebern oft nicht informiert, dass sie abgabepflichtig sind – und in der Kalkulation kommt der Posten nicht vor. Wird der kleine Subunternehmer dann gefunden, ist er oft sofort zahlungsunfähig. Mit dem nächsten Subunternehmer geht das Spiel neu los.

Können Sie Fälle belegen, in denen Betriebe in die Insolvenz geschlittert sind, nachdem sie rückwirkend Soka-Bau-Beiträge zahlen mussten?

Ja, fünf Insolvenzen kann ich exakt nennen. Andere Mandanten haben auch „nur“ alle Arbeitnehmer entlassen ohne insolvent zu werden. Und viele Fälle werden einfach nicht bekannt. Meistens ist es auch nicht allein die Forderung der SOKA-BAU, die zum Konkurs führt. Hinzu kommen die schwierige Konjunktur und der extrem harte Konkurrenzkampf.

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"Weg mit dem Aufrechnungsverbot"

Das größte Problem dürfte die Zahlungsmoral sein.

Während Auftraggeber über Monate nicht bezahlen, weil angeblich gerade kein Geld da ist, müssen Sozialkassenbeiträge immer sofort bezahlt werden. Nur wenn jeder seine Rechnungen immer sofort oder wenigstens so schnell wie möglich begleicht, funktioniert das System vom Geldkreislauf. Gerade Handwerker sind auf schnelle Zahlungen angewiesen, damit sie ihre Mitarbeiter und Lieferanten bezahlen können. Viele Konkurse könnten vermieden werden, wenn dies beachtet würde.

Was muss und was kann die Soka-Bau aus Ihrer Sicht ändern?

Das größte Problem ist das Aufrechnungsverbot und die Zinsfolgen, die damit verbunden sind. Viele meiner Fälle könnten sehr viel schneller erledigt werden, wenn die Mandanten nur die Differenz zwischen Beitrag und Urlaub bezahlen müssten. Dann würden auch die großen Zinsforderungen wegfallen, die immer verlangt werden. Ein weiteres Problem ist das oben schon genannte Subunternehmernwesen. Ein Mandant hat es auf den Punkt gebracht: Es gibt zwar Mindestlöhne, aber keine Mindestbeträge bei der Auftragsvergabe. Wer mit allen Kosten inklusive Soka-Bau kalkuliert, bekommt keinen Auftrag, weil er zu teuer ist. Wer seine Subunternehmer ins offene Messer laufen lässt, sollte mehr als bisher dafür haften müssen.

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(sfk)

Die Homepage von Ingrid Claas finden Sie hier.

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