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Branchenverzeichnis Gewerberegistrat.de

Und dann kommt die Rechnung

Ein Malermeister hat einfach mal den Schwiegermuttertest gemacht: Sie hätte das Formular der GES Registrat GmbH sofort unterschrieben – weil es ausgesprochen amtlich aussieht. Andere haben das Gleiche gedacht und sich damit eine Menge Ärger eingehandelt.

„Was für eine dreiste Masche“, sagt Burkhard Tschorr. Vor ihm liegt das Schreiben der GES Registrat GmbH. „Erfassung gewerblicher Einträge“ steht im Briefkopf. Daneben der Schriftzug „Gewerberegistrat“ mit zwei geflügelten Wappenlöwen. Firmensitz: Gerichtstraße in Berlin.

„Ergänzen oder korrigieren Sie bei Annahme fehlende oder fehlerhafte Daten“, lautet die fettgedruckte Aufforderung an Tschorr. Geschäftsadresse, Telefonnummer und seine „Registrat-Nummer“ stehen dort bereits.

Vorsicht: Die Schreiben sehen nach Amtsstube aus!
„Das macht durch diese Aufmachung so einen amtlichen Eindruck“, sagt der Malermeister aus Großenkneten. Erst im Kleingedruckten erfährt man, dass der „Standardeintrag“ unter www.gewerberegistrat.de 588 Euro pro Jahr kostet und dass der Unterzeichnende ihn „für zwei Jahre verbindlich bestellt“.

Die Schwiegermutter ahnt nichts Böses...
Burkhard Tschorr hat nicht unterzeichnet, weil er sich solche Schreiben immer sehr genau anschaut. Doch dann hat er den Brief seiner Schwiegermutter gezeigt, nur so als Test. Die Schwiegermutter ist durchgefallen. Sie hätte das Formular nach flüchtigem Lesen ausgefüllt und unterschrieben. Und wenig später hätte sie zu ihrer Überraschung eine Rechnung bekommen.

Handwerkskammern helfen bei der Anfechtung
So erging es auch einigen Unternehmern, die sich bei Jan Frerichs, dem Rechtsberater der Handwerkskammer Oldenburg, gemeldet haben. Sie fühlten sich durch den Brief getäuscht und wollten nicht zahlen. Er hat ihnen dabei geholfen, den Vertrag schriftlich anzufechten: „Diese Anfechtung erfolgt für den Fall, dass das Unternehmen klagt oder seine vermeintlichen Forderungen an Dritte abtritt.“

Frerichs kann die Betriebe beraten, rechtlich vertreten darf er sie hingegen nicht. Wer den Schriftwechsel nicht selbst führen oder sich aktiv mit einer Klage zur Wehr setzen will, muss einen Anwalt aufsuchen.

Wie Sie sich mit Hilfe eines Anwalts zur Wehr setzen können, erfahren Sie auf Seite 2.

Haben Sie unterschrieben oder bereits gezahlt?

Über einige Erfahrungen im Streit mit der GES Registrat GmbH verfügt der Münchner Rechtsanwalt Daniel A. Loschelder. Unter www.gewerberegister-abofalle.de hat er eine gesonderte Internetseite zum Thema eingerichtet. Dort informiert er über das Geschäftsgebaren der GES Registrat GmbH und bietet seine Dienste als Anwalt an. Nach eigenen Angaben vertritt er zurzeit mehrere hundert Mandanten aus dem gesamten Bundesgebiet, die gegen den Branchenverzeichnisanbieter vorgehen wollen. Die Art des Vorgehens hängt von der Situation ab:

  • Der Adressat hat unterschrieben, aber noch nicht gezahlt: Loschelder beantragt für seine Mandanten eine gerichtliche Feststellung, dass keine Forderungen bestehen (negative Feststellungsklage). „Die GES Registrat GmbH versendet Mahnungen und droht mit weiteren Mahn- und Forderungskosten oder Schufa-Einträgen“, sagt der Rechtsanwalt. „Die Klage soll bewirken, dass diese Einschüchterungsversuche aufhören und für unsere Mandanten Rechtssicherheit besteht.“
  • Der Adressat hat unterschrieben und bereits gezahlt: Betroffene können auf Rückzahlung der bereits gezahlten Beträge klagen und durch eine negative Feststellungsklage erreichen, dass keine Ansprüche für die Folgejahre bestehen.
  • Der Adressat hat das Formular noch nicht unterschrieben: Hier ist Rechtsanwalt Loschelder zufolge eine Unterlassungsklage wegen unzumutbarer Belästigung möglich. Die Argumentation: Weil es sich um ein „Trickformular“ handelt, könne der Anbieter nicht von einem mutmaßlichen Interesse des angeschriebenen Unternehmers ausgehen. Auch der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW) hat nach zahlreichen Beschwerden von Unternehmen eine Unterlassungsklage beim Landgericht Berlin eingereicht.
  • In allen drei Fällen können die Unternehmen zudem über einen Anwalt durchsetzen, dass ihr Eintrag auf der Gewerberegistrat-Website entfernt wird. Malermeister Burkhard Tschorr ist dort zum Beispiel immer noch zu finden. Der Verzeichnisanbieter wirbt auf der Hauptseite mit über sechs Millionen Einträgen. Darunter sind aber etliche, die wie der von Tschorr nur Firmenname und Kontaktdaten enthalten. Die übrigen Felder wie „Dienstleistungen und Produkte“ oder „Ansprechpartner“ sind leer. Loschelder zufolge handelt es sich bei diesen „Einträgen“ schlicht um die aufgekauften Daten von Adressanbietern.

    Was der Geschäftsführer der GES Registrat GmbH über die gegnerischen Anwälte sagt, lesen Sie auf Seite 3.

    "Gegendarstellung" im Internet

    „Wir haben bisher alle Verfahren in erster Instanz gewonnen und sehen da sehr gute Erfolgsaussichten“, sagt der auf Marken- und Wettbewerbsrecht spezialisierte Anwalt. Patrick Zilm, Geschäftsführer der GES Registrat GmbH sieht das anders: In einer „Gegendarstellung“, die er im Februar 2015 unter https://gewerberegistrat.wordpress.com ins Netz gestellt hat, schreibt er, es gehe Anwaltskanzleien "offenbar nicht um Objektivität, sondern vor allem darum, Mandate zu generieren“. Dann weist er darauf hin, „dass durchaus ein Kostenrisiko besteht“, wenn jemand gegen die Firma vorgeht.

    Das Wort „Angebot“ sei den Schreiben der GES Registrat GmbH explizit zu entnehmen, der Preis sei genannt und jeder könne sich auf der Firmenwebsite die genaue Leistungsbeschreibung ansehen. Zilm plädiert also dafür, seine Angebote gründlich zu lesen. Dasselbe empfehlen allerdings auch die Verbraucherzentralen in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz.

    (afu)

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