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Foto: handwerk.com

Portrait von Marion Windisch

Unternehmerfrau im Handwerk: Die Kämpferin

Von heute auf morgen hat Marion Windisch die Chefrolle ihres Mannes übernommen. Das war verdammt hart, sagt sie. Aber auch erfolgreich: Windisch ist als „Unternehmerfrau im Handwerk“ ausgezeichnet worden.

Eigentlich dachte Marion Windisch immer „das passiert nur anderen“. Aber dann hat es auch die Dachdeckerei in Hemmingen bei Hannover erwischt: Ihr Mann erkrankte im Februar 2014 plötzlich an einer Herzmuskelentzündung. Dem Chef, Dachdeckermeister, Industriekletterer und Familienvater, wurde strenge Bettruhe verordnet. „Also habe ich von heute auf morgen die Geschäfte übernommen“, sagt Windisch. Das war nicht nur für sie unerwartet, sondern auch für die sieben Mitarbeiter.

Erst 2012 hatten Stefan und Marion Windisch sich selbstständig gemacht. Die gelernte Pädagogin kündigte dafür ihren Job und stieg mit in die Firma ein. „Viel Ahnung vom Geschäft hatte ich damals nicht“, gibt die 43-Jährige zu. Von anderen Frauen im Handwerk wurde ihr das Studium zur Betriebswirtin im Handwerk (HWK) empfohlen. Das absolvierte sie im folgenden Jahr und war damit bestens aufgestellt.

Dann der plötzliche Ausfall des Chefs. „Ich hatte zu Beginn dieser Zeit und zwischendurch pure Existenzängste“, sagt sie. Wenn beide im gleichen Betrieb arbeiten, hänge Berufliches und Privates untrennbar zusammen – vor allem die Finanzen. Das hat der Interimschefin am meisten zugesetzt.

Doch Marion Windisch hat ihren Weg gemacht, den Betrieb und die Familie zusammengehalten. „Erstaunlich, wie man in Extremsituationen über sich hinauswächst“, sagt sie. Große und kleine Probleme hat sie gemeistert. Nach dem harten Jahr sah die Bilanz des Betriebs nicht rosig aus. „Aber wir mussten niemanden entlassen“, betont Windisch.

Die Ausschreibung für den Preis „Unternehmerfrau im Handwerk“ hat die zweifache Mutter zufällig entdeckt. Und vorgeschlagen, sich dafür zu bewerben. „Ich wollte das, was wir in dem Jahr von Stefans Abwesenheit durchgemacht haben, für die Firmengeschichte festhalten“, sagt sie. Was zeichnet einen Handwerksbetrieb aus? Wie arbeitet man im Ausnahmezustand? Das, was passiert war, passte genau in die Bewerbung. Die hat sie aus Sicht ihres Mannes geschrieben. Sein Fazit: „Das hätte ich nicht besser formulieren können.“

Mit dem Anruf und der Nachricht, dass sie den Preis gewonnen hat, rechnete Marion Windisch jedoch nicht. Erst seit diesem Sommer ist sie Mitglied bei den Unternehmerfrauen im Handwerk (UFH). Sie hat „große Lust“, sich stärker in den Verband mit einzubringen. Als „Anerkennung und Wertschätzung ihrer Arbeit“ sieht sie den Preis, den sie auf dem Bundeskongress der Unternehmerfrauen entgegennahm. „Das macht mich sehr stolz“, sagte sie in Erfurt.

Und stolz ist sie zu Recht: Denn der Betrieb geht gestärkt aus der schweren Zeit hervor: „Unsere Mitarbeiter sind näher zusammengerückt, die Stimmung ist besser als jemals zuvor.“

Und wie geht es weiter? Das Unternehmerpaar hat Konsequenzen gezogen und intensiv an der Strategie des Unternehmens gefeilt. Stefan Windisch ist nun weniger körperlich im Einsatz. Das Dachdeckerhandwerk in Kombination mit der Industriekletterei soll stärker in den Fokus rücken. „Wir haben gemerkt, dass uns das besonders macht“, sagt Windisch. Auch der Internetauftritt wird überarbeitet. Sicher wird dort das Logo des Preises „Unternehmerfrau im Handwerk 2015“ nicht fehlen.





(ja)

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