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Edel und vergänglich

Urnen mit Design und Ausstrahlung

Feuerbestattungen waren noch vor wenigen ­Jahren eine Randerscheinung, heute werden rund 70 Prozent aller Toten in Urnen beigesetzt. In Lemgo werden die vergänglichen Behältnisse aus heimischen Hölzern hergestellt.

„An Urnen habe ich mich schon vor zehn Jahren versucht,“ schildert Dieter Neumann die ersten Berührungen mit dem Thema. „Darüber gestolpert bin ich, als ich selber einer Beerdigung beiwohnte. Das schlichte hölzerne Utensil, in dem der Verstorbene beigesetzt wurde, empfand ich als wenig angemessen.“

Schwieriger Anlauf
Da musste doch was zu machen sein. Neumann ist Inhaber einer Drechslerei und als Zulieferer der Möbelindustrie in Ostwestfalen bestens bekannt. Das Vorhaben, eigene Urnen zu fertigen, erwies sich allerdings für den Meister des Runden als gar nicht so einfach: „Damals waren wir technisch nicht in der Lage, die einzelnen Segmente so passgenau zu fertigen, dass wir sie auf unseren Drechselmaschinen sauber einspannen konnten.“

Das Thema geriet in Vergessenheit. Erst, als kürzlich eine Designerin aus Berlin auf ihn zukam und gleich fünf der vergänglichen Aschebehälter nachfragte, nahm Dieter Neumann die Anstrengungen wieder auf. „Heute bekommen wir dank CNC die achteckigen Einzelteile in den Griff. Tüftelei und fähige Mitarbeiter vorausgesetzt“, verrät der Drechslermeister. „Man muss achteckig verleimen, denn die Urnen können nicht aus dem Vollen gedreht werden.“

Außerdem, betont der Ostwestfale, sind Urnen sehr sensible Stücke, die ihrem Bestimmungszweck angemessen ohne Fehler sein müssen. „Eine gute Holzkenntnis und –auswahl ist unerlässlich.“

Und aus welchen Hölzern stellt der Tischler die Urnen her? Lesen Sie weiter auf Seite 2.

Heimische Hölzer

Neumann verwendet für seine Urnen nur heimische Hölzer („das ist mir wichtig und macht einen Teil der Unverwechselbarkeit aus“). Die Herstellung ist komplex. Zunächst werden die massiven Leisten CNC-gesteuert gehobelt, danach genutet und verleimt. Erst dann kommt eine CNC-Fräse zum Einsatz, die die Aussparungen für Deckel und Boden fräst. Danach wird der Rohling in die Drechselmaschine eingespannt. Nach der Form die Oberfläche: geschliffen, geölt oder lackiert. „Wir können auf Wunsch auch spezielle Ornamente von einem Holzbildhauer eingravieren lassen. Und auch in der Holzauswahl können wir auf Sonderwünsche eingehen“, erklärt Dieter Neumann.

„Eine Urne sollte Ausstrahlung haben. Das ist für die Angehörigen wichtig, die ja einen Bezug zum Verstorbenen haben.“ Natürlich sind die handwerklich perfekten Behälter nicht zum Discount-Preis zu haben. Doch obwohl Neumann bisher auf Werbung verzichtet hat, sind erste Tischler-Bestatter schon jetzt angetan von der Möglichkeit, auch bei Urnenbestattungen auf Handwerk, Ausstrahlung und individuelle Note nicht verzichten zu müssen.


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