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Kommentar: Bürokratieabbau

Verdampft

Wie will die Bundesregierung die Bürokratie auf Dauer senken? Überhaupt nicht, sie will den Anstieg bestenfalls bremsen. Und auch das nur halbherzig, warnt handwerk.com-Autor Jörg Wiebking.

von Jörg Wiebking

Bürokratieabbau ist so ein heißes Eisen. Aber warum heißt das neue Gesetz eigentlich nicht „BürokratieABBAUgesetz“? Weil die Bundesregierung dieses heiße Eisen gar nicht anfassen will: „Das Ziel ist, den Anstieg des Erfüllungsaufwandes dauerhaft zu begrenzen.“ Wie bitte? Der bürokratische Aufwand wird also weiter steigen, nur soll er nicht ganz so stark zunehmen wie bisher?

Ganz schön frech, so ein Vorhaben als Bürokratiebremse zu verkaufen. Zumal die Regierung dieses Ziel mit Leichtigkeit erreichen dürfte, nachdem sie mit den Pflichten zum Mindestlohn längst den größten Brocken verabschiedet hat. Das dürfte schwer zu toppen sein. Oder vielleicht auch nicht. Wir warten ja noch auf die Änderung der Arbeitsstättenverordnung. Dieses Vorhaben hat die Bundesregierung im Oktober beschlossen und seitdem geht es hin und her; Stichwort: Pflicht zum Tageslicht auf jedem Klo. Damit würde eine geänderte Arbeitsstättenverordnung – ebenso wie der Mindestlohn – unter eine der vielen Ausnahmen fallen, die sich die Regierung in ihrer neuen „One in, one out“-Regel vorsorglich selbst einräumt. Eine Regel so wachsweich zu formulieren und dann als Bürokratiebremse zu verkaufen – das ist keine Irreführung, sondern ganz große Kunst, das ist Staatstheater.

Bleiben noch die versprochenen 744 Millionen Euro aus dem neuen Bürokratieentlas­tungsgesetz. Was für eine Entlastung ist das im Vergleich zu den verbleibenden 42 Milliarden Euro Bürokratiekosten? Ein ganz kleiner Tropfen, der längst verdampft sein wird, bevor er auch nur in die Nähe des heißen Eisens kommt.




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