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Preisvergleich

Vergleichsportale: Nicht immer sind es Schnäppchen!

Ob Versicherungen, Strom oder Handytarife – bei der Suche nach den günstigsten Anbietern helfen Vergleichsportale im Internet. Doch was taugen deren Ergebnisse?

Vergleichsportale sind beliebt, um Angebote und Preise zu vergleichen. Doch jetzt hagelt es von allen Seiten Kritik an den Web-Portalen: Verbraucherschützer, Versicherungskaufleute und Politiker fordern neue Regeln. Sie sollen Nutzer vor unlauteren Geschäftspraktiken schützen und die Nutzerfreundlichkeit verbessern.

Kritikpunkt 1: Nicht immer günstig
„Die Portale zeigen nicht immer den besten Preis und bieten nur eine eingeschränkte Auswahl“, warnt der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die Verbraucherzentralen haben die 27 bekanntesten und beliebtesten Buchungs- und Vergleichsportale in den Marktsegmenten Energie, Telekommunikation und Flugreisen untersucht und sind mit den Ergebnissen nicht zufrieden. So zeige die Untersuchung beispielsweise, dass die Preise auf den Internetseiten der eigentlichen Anbieter günstiger sein können. Außerdem gebe es zum Teil starke Preisschwankungen zwischen einzelnen Portalen.

Kritikpunkt 2: Eingeschränkter Vergleich
Die Portale entscheiden selbst, welche Anbieter sie listen. Ein „umfassender Marktüberblick“ sei daher „nicht gewährleistet“, warnen die Verbraucherzentralen. Zudem gehören einige Portale teilweise denselben Unternehmen oder kooperieren miteinander. Die Folge: Solche Portale zeigen zum Teil die gleichen Preise an. Nutzer hätten so faktisch weniger Vergleichsmöglichkeiten, als die Anzahl der ausgewählten Portale vermuten lässt.

Kritikpunkt 3: Keine Beratung
In vielen Vergleichsportalen können die Nutzer auch Verträge abschließen. In solchen Fällen werden die Portale faktisch zu Vermittlern. Problematisch sei das beim Abschluss von Versicherungen, warnt der Bund der Versicherten (BdV): Versicherungsvermittler sind gesetzlich dazu verpflichtet, eine individuelle Leistungs- und Bedarfsanalyse zur Identifizierung des Kundenwunsches und seiner Bedürfnisse vorzunehmen und ihn individuell zu beraten. Ob die Vergleichsportale diesen Pflichten nachkommen, sei „sicherlich mehr als fraglich“. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute hat deswegen sogar Klage gegen das Internetportal Check 24 eingereicht. Nach Ansicht des Verbandes verstoße das Portal gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb: Check24 gebe sich nicht ordnungsgemäß als Vermittler zu erkennen und informiere Nutzer nicht darüber, dass es für die Vermittlung Provisionen von den Versicherern erhält.

Aussichten: Es soll sich was ändern!
Die Europäische Kommission hat sich des Themas angenommen. Laut Medienberichten will sie die Vergleichsportale zu mehr Transparenz verpflichten und die Nutzer vor unlauteren Geschäftspraktiken schützen. Bis ein entsprechender Zehn-Punkte-Plan der Kommission greift, kann allerdings noch viel Zeit vergehen.

Was tun?
Bis dahin muss man nicht unbedingt die Finger von den Vergleichsportalen lassen. Denn selbst Verbraucherschützer bescheinigen ihnen bei aller Kritik doch die Möglichkeit, durchaus günstige Angebote zu finden. Worauf Sie dabei jedoch achten sollten:

  • Überlegen Sie genau, was Sie wollen und brauchen! Portale bieten oft Zusatzleistungen an, die sich nicht selten interessant anhören. Doch die lockenden Extras sind auch potenzielle Preistreiber – schnell schließt man mehr ab, als man eigentlich braucht und wollte. Das gilt besonders bei Versicherungspolicen. Achten Sie dabei auch auf Voreinstellungen der Portale, denn die passen nicht automatisch zu Ihrem Bedarf.
  • Nutzen Sie immer mehrere Vergleichsportale! Wer online sucht und bucht, sollte immer mehrere Vergleichsportale nutzen. Achten Sie darauf, dass die Portale nicht überall die gleichen Preise aufrufen, sonst haben Sie keinen echten Vergleich.
  • Planen Sie Zeit ein! Wirklich schnell ist der Online-Vergleich auch nicht. Wer ein paar hundert Euro sparen will, schafft das nicht in zwei Minuten online. Beispiel Kfz-Versicherungen: Hier rät das gemeinnützige Online-Verbrauchermagazin finanztip.de dazu, „in jedem Fall zwei Vergleiche“ anzustellen, „sonst ist die Gefahr von Ausreißern zu groß“. Das erhöht natürlich den Suchaufwand, so geht finanztip.de von einer halben Stunde pro Portal aus. Hinzu kommt: Geht es um Versicherungen, werden je nach Police zahlreiche Infos abgefragt, die Sie auch erst einmal zur Hand haben müssen.
Versicherungen – ein Sonderfall

Wer nach günstigen Versicherungspolicen sucht, sollte allerdings grundsätzlich überlegen, ob eine Online-Plattform wirklich die erste Wahl ist. So profitieren Innungsbetriebe häufig von günstigen Rahmenverträgen, die ihre Fachverbände mit Versicherern abgeschlossen haben. Zudem sollte der Preis beim Versicherungsschutz nicht das alleinige Kriterium sein: Es kommt vor allem auf ausreichenden Schutz der relevanten Risiken an. Eine günstige Police, die diesen Schutz nicht ausreichend gewährleistet, kann sich im Nachhinein als außerordentlich teuer erweisen.



Wie schätzt ein Versicherungsexperte die Online-Vergleichsportale ein? Lesen Sie Seite 2.

"Alter Wein in neuen Schläuchen"


Drei Fragen an: Michael Jander, unabhängiger Versicherungsberater vom Bund versicherter Unternehmer e.V.


Herr Jander, was halten Sie von Vergleichs­portalen, wenn es um Versicherungen geht?
Michael Jander: „Das Internet ist eine sehr gute Möglichkeit, sich zu informieren. Gerade als Laie kann man mit diesen Infos Entscheidungen gut vorbereiten. Aber die Frage ist, ob man dort auch Verträge abschließt. Vielleicht spart man Geld, aber man verzichtet dann auch auf die Beratung und einen persönlichen Ansprechpartner. Die Portale vermitteln Versicherungen – genau wie ein Versicherungsmakler. Doch Makler gibt es jede Menge, oft ganz in der Nähe, und die beraten persönlich und gehen auf die Bedürfnisse ein.“

Brauche ich diese Beratung wirklich?
„Das kommt darauf an. Im Normalfall ist der Unternehmer Fachmann für sein Gebiet, aber kennt er sich auch mit den Versicherungsbedingungen aus? Ein Versicherungsvertrag enthält Versicherungsbedingungen und die liest und versteht kaum ein Kunde. Also muss er jemand haben, der seine Risiken kennt, mitdenkt und im Blick hat, ob die Versicherungsbedingungen zu den Bedürfnissen passen. Außerdem gibt es gesetzliche Vorgaben, an die sich Vermittler halten müssen: Wenn sie sich in der Beratung nicht an diese Regeln halten, kann der Versicherte sie für mögliche Schäden gegebenenfalls haftbar machen.“

Sie werben hier ja nachdrücklich für persönliche Beratung – weil Ihnen die Portale sonst auf Dauer das Geschäft kaputt machen?
„Die Portale sind Konkurrenz für Versicherungsvermittler. Ich bin kein Vermittler, sondern Versicherungsberater. Der Unterschied ist ganz einfach: Vermittler werden von den Versicherungen bezahlt, sie bekommen Provisionen für jeden Abschluss und verdienen nur, wenn der Kunde unterschreibt. Versicherungsberater werden hingegen von ihren Kunden bezahlt, weil sie eine Beratung wollen, bei denen es wirklich nur um sie geht, ohne den Druck, eine Police abschließen zu müssen. Mich betreffen diese Vergleichsportale daher nicht, die saugen nur den Maklern die Kunden ab. Aber es ärgert mich trotzdem. Denn eigentlich sind die Portale ja nur alter Wein in neuen Schläuchen – aber ohne die Beratungskompetenz der Makler. Und das kann nicht im Sinn der Versicherten sein.“




(jw)

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