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Energetische Sanierung

Verpfuschte Energiebilanz

Echter Baumangel oder Missverständnis? Wenn Bauherrn mit dem Ergebnis einer energetischen Sanierung unzufrieden sind, liegt das oft an ihren falschen Erwartungen. Unternehmer sollten daher von vornherein für Transparenz sorgen, um Ärger zu vermeiden.

Wenn sich Frank Schonlau auf Mängelsuche bei der energetischen Sanierung begibt, dürfen die Räucherstäbchen nicht fehlen. Warum? „Die fachgerechte Abdichtung von Fenstern und Türen zählt zu den häufigsten Mängelursachen“, sagt der Sachverständige für Bauwerksabdichtungen. Schonlau rückt aus, wenn Bauherrn Pfusch am Bau beanstanden. Der Rauchtest verrät ihm, ob Türen und Fenster richtig eingebaut wurden und dicht mit der Wand abschließen. Ist das nicht der Fall, zieht kalte Luft durch die Ritzen ins Gebäude oder Wärme strömt heraus. Und der Rauch zieht mit.

Ist der Mangel erst lokalisiert, wird das Bauteil geöffnet. Dann wird die Ursache sichtbar. Meist fehlen die Winddichtbänder zwischen Rahmen und Mauer oder die speziellen Profilleisten, die den Übergang vom Putz zum Bauelement abdichten. „Dadurch weiß man auch gleich, ob der Fenster- oder Fassadenbauer den Schaden verursacht hat“, sagt der Bauingenieur Frank Schonlau. Die Folge ihrer undichten Arbeit: Die Räume kühlen aus und vermiesen die Energiebilanz. Im schlimmsten Fall führt das zur Schimmelbildung.

Wenn die Immobilienbesitzer einen solchen Mangel entdecken, haben sie ein Recht darauf, dass er behoben wird. Und das noch bis zu fünf Jahre nachdem der Fehler erstmals zum Vorschein kam. Problematisch ist allerdings, dass der Bauherr häufig zwar vom Ergebnis enttäuscht ist, handwerklich jedoch alle Arbeiten fehlerfrei durchgeführt wurden: „Die Fachbetriebe des Handwerks arbeiten seriös“, verteidigt Anne Schütte, Expertin für Energieeffizienz und regenerative Energien bei der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen, die Branche. „Mängel, die man wirklich als solche bezeichnen kann, sind im Verhältnis zu den vielen tausend Baumaßnahmen jeden Tag die absolute Ausnahme.“

Doch wie kommt es zu den angeblichen Mängeln, die sich meist auf eine zu geringe Einsparung beziehen?

Seite 2: Die Kunden haben oft falsche Erwartungen.

Hauptproblem sind falsche Erwartungen

 „Die Definition, was ein Mangel ist, ist keine rein technische Frage. Sie hängt vielmehr davon ab, was vereinbart wurde“, sagt Lothar Haas von der Niedersächsischen Bauschlichtungsstelle. Nur was vertraglich geregelt ist, kann der Bauherr später auch geltend machen. Beispiel: Der Energieberater empfiehlt dem Bauherrn ein Maßnahmenpaket, das eine Energieeinsparung von bis zu 30 Prozent ermöglicht. Das Paket wird umgesetzt, aber die reale Einsparung liegt später nur bei zehn oder fünf Prozent.

Kann der Kunde den Handwerksbetrieb in einem solchen Fall zur Rechenschaft ziehen? Taucht die Energieeinsparung im Bauvertrag nicht auf, lautet die Antwort: nein. Und das ist der absolute Regelfall, denn die prognostizierte Ersparnis ist nur ein Rechenwert. „Die reale Einsparung hängt von zu vielen Faktoren ab und lässt sich daher nicht exakt vorhersagen“, sagt Haas.

Eine Ursache dafür kann im sogenannten Bedarfsausweis liegen. Er wird vom Energieberater vor der energetischen Sanierung erstellt und bildet den errechneten Energiebedarf des Gebäudes ab. Dieser berechnete Bedarf ist jedoch meist höher, als der reale. Er geht davon aus, dass das Haus vollständig genutzt wird und alle Räume eine durchgängige Temperatur von etwa 20 Grad Celsius haben“, sagt Kammerexpertin Anne Schütte.

Aus den errechneten Bedarfswerten ergeben sich unter Umständen zu hohe absolute Energieeinsparpotenziale – 30 Prozent Einsparung vom berechneten 30.000 kWh Bedarf sind eben mehr als von 25.000 kWh realem Verbrauch. Ein guter Energieberater, sagt Anne Schütte, wird daher mit dem Bauherren klären, ob der berechnete Bedarf mit dem realen Verbrauchswert annähernd übereinstimmt.

Laut der Energieexpertin gibt es noch ein zweites Phänomen, das seitens der Verbraucher nach der energetischen Sanierung auftritt. „Häufig wurde nachgewiesen, dass Kunden nach der energetischen Sanierung ihr Heizverhalten geändert haben.“ Plötzlich sind alle Türen auf, alle Räume werden beheizt, da steigt der Bedarf trotz neuer Fenster und guter Dämmung. Diese Verhaltensänderung entwickeln die Verbraucher meist unbewusst, ohne es zu merken. „Beim Energieverbrauch hängen bis zu 30 Prozent vom Verhalten des Kunden ab.“

Was genau ist zu tun, damit die Kunden nicht enttäuscht sind? Lesen Sie Seite 3.

So schaffen Sie Transparenz

Was können Handwerksbetriebe tun, damit ihre Kunden mit der energetischen Sanierung zufrieden sind? Hier einige Tipps:

Tipp 1: Bei Vertragsabschluss für Transparenz sorgen
Kommunikation ist alles: Erläutern Sie bei Vertragsabschluss, welche Arbeiten Sie durchführen, was Sie garantieren können und was nicht.

Tipp 2: Auf die Bedeutung des eigenen Heizverhaltens hinweisen
Verdeutlichen Sie den Bauherren, dass das Resultat der energetischen Sanierung zu einem Drittel vom Verhalten der Bewohner abhängt. Raten Sie ihnen dazu, ihr eigenes Heizverhalten zu beobachten, damit sich nach der energetischen Sanierung kein unbewusst verschwenderischer Umgang einstellt.

Tipp 3: Gute Arbeit nicht nachträglich verpfuschen lassen
Weisen Sie die Kunden darauf hin, dass andere Unternehmen Ihre Arbeit zunichte machen können, wenn sie nicht qualifiziert sind. Das gilt zum Beispiel für den Innenausbau, wo sich die Arbeit eines Dachdeckers leicht mit ein paar Handgriffen ruinieren lässt. Im Dachboden etwa schützt die Dampfdiffusionsfolie die Wärmedämmung vor Feuchtigkeit aus dem Innenraum. Sollen nun ein paar Leucht-Strahler eingebaut werden, wird diese Folie leicht per Rundsäge durchlöchert. Beste Voraussetzungen für Schimmelbildung.

Tipp 4: Illegale Kundenwünsche ablehnen
Will der Kunde bei der Sanierung seines Hauses auf die gesetzlich vorgeschriebenen Energieeffizienzmaßnahmen verzichten, ist Vorsicht geboten: Hausbesitzer und Handwerksunternehmen sind gleichermaßen verpflichtet, die Energieeinsparverordnung einzuhalten. Fliegt der Schwindel auf, etwa weil der Hausbesitzer wechselt, wird der Handwerker in die Pflicht genommen.

Stehen Sie selbst einmal vor der Investition in eine energetische Sanierung, sollten Sie folgende drei Dinge beachten, um sich vor schlechten Ergebnissen zu schützen:

  • Sparen Sie nicht an der Analyse und Planung: Vor jeder Sanierung sollte ein Energieberater das Gebäude analysieren und den bedarfsgerechten Energieausweis ausstellen. Das bildet eine solide Basis für die energetische Sanierung und kostet je nach Hausgröße ab 600 Euro.
  • Baubegleiter sichern die Qualität: Um Mängeln bei der Sanierung vorzubeugen sollte der Energieberater oder ein anderer Sachverständiger regelmäßig die Baustelle besuchen und die Arbeiten kontrollieren. Die KfW-Förderbank fördert solche Begehungen mit bis zu 4.000 Euro.
  • Alles aus einer Hand: Wenn Sie den Vertrag für die gesamte energetische Sanierung mit einem einzelnen Bauunternehmer abschließen, ist nur er für das Ergebnis verantwortlich. Er trägt die Verantwortung auch für Drittanbieter, die unter seiner Leitung Arbeiten durchführen. Das erhöht die Chancen auf einwandfreie Arbeit und vereinfacht Haftungsfragen.

 (Denny Gille)




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