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Wann besteht Anspruch auf Entschädigung wegen Quarantäne?

Entschädigung für Mitarbeiter in Quarantäne gibt es nur unter strengen Bedingungen – und schon gar nicht für Azubis, wie dieser Betrieb feststellen musste.

  • Entschädigung für Lohnfortzahlung und Ausbildungsvergütung während einer Quarantäne? Auf Kostenersatz dürften viele Arbeitgeber vergeblich hoffen.
  • Die zuständigen Behörden lehnen Zahlungen ab, wenn Arbeitnehmer und Azubis andere Ansprüche an ihren Arbeitgeber haben – und das dürfte relativ oft der Fall sein.
  • Das Handwerk kritisiert die Ausnahme von Azubis von den Quarantäne-Erstattungen wie auch von den Kurzarbeitsregeln und sieht hier einen Widerspruch zwischen politischen Reden und Handeln.
  • Als im Dezember ein Azubi wegen Kontakt zu einem Covid-Patienten für zwei Wochen in Quarantäne musste, hat Marina Bart-Melcher sofort einen Antrag auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) gestellt. Die Antwort erhielt sie Anfang Juni: „Uns wurde mitgeteilt, dass wir keine Entschädigung erhalten“, berichtet die Unternehmerfrau, die sich im Haustechnik-Betrieb ihres Mannes um die Finanzen kümmert. Also kein Ersatz für die Ausbildungsvergütung, die der 7-Mann-Betrieb im niedersächsischen Bad Essen natürlich weitergezahlt hatte. Bart-Melcher ist sauer: „Als die Entschädigungszahlungen angekündigt wurden, hatte ich das anders verstanden.“

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    Entschädigung für Quarantäne nur in Notfällen

    Das geht auch anderen so – die nun ebenfalls leer ausgehen. So hat das Verwaltungsgericht Koblenz Anfang Juni einem Arbeitgeber die Lohnerstattung für zweie Mitarbeiterinnen in Quarantäne verweigert. Der hatte das Land Hessen verklagt, das eine Entschädigung erst ab dem sechsten Tag zahlen wollte. Das Gericht entschied dann noch rigider: Der Arbeitgeber müsse für die vollen 14 Tage selbst aufkommen.

    Für Janna Hantelmann kommt das Urteil nicht überraschend. Die in § 56 des IfSG geregelte Entschädigung „soll Arbeitnehmer für den Fall schützen, dass sie in der Quarantäne keinen anderen Anspruch auf Lohnfortzahlung haben“, betont die Juristin der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim. Das scheint nicht jedem klar zu sein. Was vielleicht daran liegt, dass die Arbeitgeber den Lohn in der Quarantäne zahlen und die Behörden das Geld später erstatten – oder auch nicht.

    Denn erst einmal greift  § 616 BGB. Auf ihn berufen sich das Bundesgesundheitsministerium und die für Entschädigungen zuständigen Ämter. Der Paragraf verpflichtet Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung, wenn ein Mitarbeiter ohne eigenes Verschulden eine relativ kurze Zeit ausfällt, zum Beispiel bei einem familiären Todesfall.  Ausnahmen seien nur möglich, wenn sie einzel- oder tarifvertraglich vereinbart wurden, betont Hantelmann.

    Eigenes Recht für Azubis

    Demgegenüber werden Azubis als Empfänger von Entschädigungen im § 56 IfSG nicht einmal genannt. Auch hier kann Hantelmann nur auf ein Gesetz verweisen: „Auszubildende sind besonders schutzwürdig und haben gemäß § 19 Berufsbildungsgesetz Anspruch auf Lohnfortzahlung für bis zu sechs Wochen, wenn sie unverschuldet verhindert sind.“

    „Rein rechtlich mag das so sein, aber richtig ist das nicht“, hält Marina Bart-Melcher dagegen. „Die Pandemie ist ein gesellschaftliches Problem und ich finde es unfair, dass man den kleinen Arbeitgebern die Kosten überlässt.“

    Mit dieser Sicht steht sie nicht alleine da: Es sei „ein Ärgernis und widerspricht der von der Politik gepriesenen Wertschätzung der Ausbildungsleistung unserer Handwerksbetriebe“, dass Azubis von der Quarantäne-Kostenerstattung wie auch vom Kurzarbeitergeld ausgenommen wurden, sagt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des deutschen Handwerks. Dass dies „mit formal-rechtlichen Begründungen abgelehnt wurde“ offenbare den Widerspruch „zwischen der Beteuerung, berufliche Bildung unterstützen und fördern zu wollen“ und dem „Handeln in der Realität, wenn es dann tatsächlich etwas kostet“.

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